Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Viele von denen haben mir diverse Sachen unterstellt, daher lasst uns nochmal gemeinsam drübergehen, was ich geschrieben habe.
Habe ich behauptet, die Frau starb wegen der Klimaaktivsten? Nein.
Habe ich behauptet, es hätte keine andere Route für die Feuerwehr gegeben? Vielleicht sogar eine bessere, selbst ohne Stau? Nein.
Hätten die Autos im Stau nicht einen Rettungskorridor aufhalten müssen, über den die Feuerwehr dann trotzdem rangekommen wäre? Klar, hätten sie. Ändert das war daran, dass die Klimaaktivisten einen Rettungsweg blockiert haben? Nein.
Wie häufig im Leben gibt es auch in diesem Fall genug Schuld für alle Parteien. Der Betonmischer hätte die gar nicht erst überfahren sollen. Die Feuerwehr hätte vom Stau wissen sollen. Inzwischen gibt es noch weitere Datenpunkte, dass eine schnellere Anfahrt der Feuerwehr gar nicht geholfen hätte. Mag alles sein, widerspricht auch nicht meiner Darstellung. Nichts davon.
Ich habe nicht mal die Klimaaktivisten für ihre Aktion kritisiert. Ich habe sie für ihre PR nach der Aktion kritisiert. Wer lesen kann ist klar im Vorteil.
Erstens: Zu Zero Trust kam bisher nur eine Zuschrift dazu rein, wieso das eingeführt wurde. Der Rest heulte über die Auswirkungen verkackter Einführungen. Ich deute das so, dass niemand wirklich weiß, wieso das angeschafft wurde. Es wird angeschafft, weil der Buddy auf dem Golfplatz von der anderen Firma fragte, ob wir das schon haben, und wir haben es noch nicht, also brauchen wir es jetzt.
Zweitens: Zu dem Krypto-Vortrag. Ich habe eine Tonne Feedback dazu gekriegt. Der Vortrag hat inzwischen über 50k Views. Das Ding hatte deutlich mehr Impact als ich vorher gedacht hätte. Bei so viel Konsumenten nahm ich an, dass ich dann auch gutes Feedback [Anm.: im Sinne von: Hilft mir was, erweitert meinen Horizont, kann ich was von lernen! Nicht im Sinne von positives Feedback] kriegen würde. Dass mir Leute Dinge erzählen würden, die ich vorher nicht wusste, oder die wenigstens meine Bewertung erschüttern und meiner Perspektive erweitern.
Stattdessen kam da ein Kübel Gülle von irgendwelchen strunzdämlichen Opfern, die ihre kognitive Dissonanz an mir abzuarbeiten versuchten. Die lächerlichsten Argumente hatte ich ja schon im Blog.
Aber es gab auch zwei-drei inhaltliche Kritikpunkte, die ich hier mal aufarbeiten möchte.
Kritikpunkt 1: Der Fefe hat gesagt, die Blockchain passt nicht auf handelsübliche Festplatten. Leute, der Vortrag ging an Wirtschaftler. Ich habe nicht gesagt, man könne keine Festplatten kaufen, auf die das passt. Die Terminologie richtete sich am Publikum aus. Passt die Blockchain auf dein Smartphone? Nein. Passt die Blockchain auf dein Lifestyle-Notebook? Nein! Mein Reisenotebook hat 256 GB Storage. Ein neues Macbook Air hat 256 GB. Kann man das upgraden? Ne externe Platte anschließen? Klar kann man. Das war ja auch nicht meine Behauptung, dass man das nicht kann. Sorry, aber der Kritikpunkt ist unseriöse Wortklauberei. Die Blockchain ist unhandlich verglichen mit konkurrierenden Zahlungssystemen. Auf eurer Bankkarte ist auch Storage drauf. Ein paar Kilobytes. Das reicht dort.
Kritikpunkt 2: Der Fefe hat gesagt, Blockchain sei zentralisiert und verteilt, aber wir sagen doch immer, das sei dezentral. Leute, ihr sagt auch seit Jahren, Blockchain sei eine Währung (sind per Definition vom Staat oder einem Staatenverbund; das Wort kommt von Gewähr. Die Gewähr, dass du damit auch zahlen kannst, wird vom Staat gesetzlich garantiert) oder Blockchain sei Geld (Geld ist eine Repräsentation für Wert, die man tauschen kann; Bitcoin ist kein Geld sondern eine Buchhaltung. Die Tokens funktionieren ohne die Buchhaltung nicht. Damit ist es kein Geld.) Nur weil uninformierte Schlangenölverkäufer Dinge behaupten, heißt das nicht, dass das stimmt.
Das Telefonnetz ist dezentral. Wenn ich aus Berlin meinen Kumpel in Paris anrufe, dann sieht das die Telco in Guatemala nicht. Die New York Times ist zentral aber verteilt. Die haben ganz viele Kopien der Ausgabe, aber da steht überall dasselbe drin. Du kannst überall auf der Welt in eine Ausgabe gucken und sehen, was das 3. Wort auf Seite 5 ist. Der zentrale Verlag bestimmt zentral, was da steht. Twitter ist zentralisiert. Es gibt eine zentrale Datenbank, wo alles drinsteht. Die Blockchain ist zentralisiert. Es gibt einen zentralen Punkt, wo man alle Transaktionen sehen kann. Der ist außerdem auch noch verteilt, aber das ändert nichts daran, dass es ein zentraler Punkt ist.
Das sind die Begriffe. Wenn ihr damit überfordert seit, wohldefinierte Fachbegriffe korrekt anzuwenden, wieso redet ihr dann mit mir über die Fachbegriffe?
Kritikpunkt 3: Lightning. Fefe hat gesagt, in Lightning müssen beide Seiten Geld in Escrow tun, aber das Protokoll erlaubt auch unidirektionale Kanäle. Mag sein, dass das Protokoll das erlaubt, aber das ist offensichtlich nicht wofür Lightning gedacht ist. Die Idee bei Lightning ist, dass man einmal ein Netz aus Kanälen in der Blockchain von Bitcoin etabliert, und die laufen dann ewig weiter, weil man Zahlungen in die eine Richtung mit Zahlungen in die andere Richtung verrechnen kann. Im Übrigen könnt ihr ja mal als Hausaufgabe in das Paper zu Lightning gucken (ja, es gibt da "das Paper". Wenn ihr das nicht wusstet, wieso belästigt ihr mich dann mit eurer Meinung zu Lightning?!), und dann zählt ihr mal wie häufig bidirectional vorkommt, und wie häufig unidirectional vorkommt.
Tja, und so bleiben die Dinge, wie sie auch vor meinem Vortrag waren. Enttäuschend.
Rückblickend würde ich an dem Vortrag nur eine Sache ändern: Ich würde mehr zu Lightning sagen. Meine Einschätzung der Lage vorher war, dass das ein experimentelles Spielzeug-Gebastel ist im Moment, wo Hobbyisten sich lustige Raspberrys auf den Fernseher legen, und Test-Transaktionen rumschicken. In der Informatik gibt es eine Weisheit, die von euch vielleicht nicht alle gehört haben. Jede zusätzliche Größenordnung macht daraus ein völlig neues Problem. Wenn du ein Programm hast, das 1000 Anfragen pro Minute machen kann, und du willst 10000 Anfragen pro Minute haben, und das Programm war noch nicht darauf ausgelegt, dann wirst du da nicht ein paar Schrauben drehen sondern du wirst wahrscheinlich einen gänzlich neuen Ansatz brauchen. Weil das eben mit so viel mehr Anforderungen ein völlig neues Problem ist. Wenn ihr mir also schreibt, Lightning sei ja bereits im Produktiveinsatz und habe bereits bewiesen, dass es funktioniert, dann kann ich euch nur heiser ins Gesicht lachen.
Meine Einschätzung zu Lightning hat sich nicht geändert, aber mein Bild davon, was aus Sicht der Bitcoiner der Stellenwert von Lightning ist, hat sich geändert. Praktisch alle Kritiken zum Bitcoin-Teil lassen sich praktisch ausschließlich mit "aber aber aber Lightning!!1!" zusammenfassen. Mein Eindruck jetzt ist, dass die Bitcoiner Bitcoin aufgegeben haben und sich alle an Lightning als Fanal der Hoffnung klammern. Lightning ist der Angriff Steiner, mit dem das alles in Ordnung kommen wird.
Gut, die Zeit hätte ich nicht gehabt, aber wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, und das vorher gewusst hätte, hätte ich mehr zu Lightning gesagt. Denn da gibt es noch eine Menge zu sagen. Zum Beispiel hätte ich ausführen können, wieso ich die Annahme, dass sich das alles in dem Netz ausgleichen lässt, für fahrlässig und falsch halte, und wieso der Versuch zu unvorhergesehenen Effekten führen wird wie dass Gehaltszahler für das Netz so wichtig sein werden (als Ausgleich für die ganzen Transaktionen in die Gegenrichtung), dass sie vom Netz Gebühren nehmen können statt andersherum.
Psychologisch am krassesten finde ich aber, wie leicht es ist, Leute zu verarschen. Hier eine typische Konversation:
A: Lightning-Nodes sind doch Banken! Banken sind unmoralisch und verwerflich und fiese Abzocker. Die wollten wir doch gerade weg haben!
B: Ja schon aber du kannst deine eigene Bank sein! Du kannst auf die Seite der Abzocker wechseln!
A: (hat Dollar-Zeichen in den Augen, vergisst seine moralischen Einwände)
Update: Man kann im Lightning auch Kanäle bidirektional betreiben, wenn nur eine Seite Escrow hinterlegt hat. Das ist hier glaube ich das Kern-Missverständnis. Wenn ich einen 1000€-Kanal "unidirektional" zum Rewe aufmache, und dann 100€ zahle, dann kann Rewe mir bis zu 100€ zurückschicken, und wir reduzieren dann einfach den Kontostand zwischen uns im Kanal entsprechend. Rewe kann dann aber halt nur soviel mit mir verrechnen, wie ich bereits an sie gezahlt habe. Insofern geht das schon mit Escrow nur in eine Richtung, aber ergibt halt nicht viel Sinn für mich, denn ich bin ja die 1000€ erstmal los, die ich vorstrecken musste. Das ist wie eine Mietkaution. Die ist dann nicht verfügbar, bis ich ausziehe. Hat von euch schonmal jemand morgens nach dem Aufstehen gedacht: Hey, ich pack jetzt mal 1000€ wohin, wo ich nicht mehr rankomme! Damit ich Liquidität in einem abstrakten Netz schaffe, und vielleicht in Zukunft Gebühren kassieren kann? Oder vielleicht kassiert auch jemand von mir Gebühren, weil ich nur mit deren Zahlung in die Gegenrichtung meinen Kanal wieder balanciert kriege und sonst Bitcoin-Gebühren zahlen muss?
Könnt ihr euch ja von mir aus einreden, ihr privilegierten, satten Einwohner einer westlichen Industrienation, die Spielgeld rumliegen haben, das sie für nichts akut brauchen. Überzeugt mich aber nach wie vor nicht.
Ich hab keinen Bock mehr.
Jaja, wir sind die Guten. Die andere Seite sind die Bösen. Die haben angefangen, wir verteidigen hier nur.
Jaja, wir sind am gewinnen. Für die anderen läuft es nicht gut. Die sind so gut wie besiegt.
Jaja, wir sind die Guten, die anderen sind Faschisten.
Jaja, WIR wollten gar keinen Krieg.
Jaja, der Typ da, der Chef der anderen Seite, das ist ein fieses Monster. Ein Unmensch!
Jaja, die Opfer der Gegenseite waren gewollt oder zumindest mutwillig in Kauf genommen. Die von uns verursachten Opfer hingegen waren alles fiese Schweine, die es nicht besser verdient hatten, und im Übrigen unbeabsichtigte Versehen.
Jaja, 1000 Professoren und Kulturschaffende unterstützen unsere Seite, bei dem anderen sind nur tumbe Proleten dafür.
Jaja, wer unsere Berichterstattung nicht glaubt, ist ein Verräter und unterstützt die Monster auf der anderen Seite bei ihren unmenschlichen Kriegsverbrechen.
*Gähn*
Und ganz modern: Oh, die andere Seite hat uns erwischt? Das war alles Fake, das war eine False Flag Operation!!1! Alles Schauspieler!1!!
Muss ich mal wieder ein Bingo aufsetzen oder was?
Update: Oh hier ist noch einer: Die Gegner laufen in Scharen zu unserer gerechten Sache über!
Update: Ui, mit dieser Liste scheine ich ja einige Leute geärgert zu haben. Für die bin ich jetzt (ja, jetzt erst!!) ein Putin-Versteher. Dabei war doch ganz klar Putins Propaganda gemeint, nicht unsere. Was trieb euch denn alle zu der Annahme, dass hier unsere Propaganda gemeint war? Habt ihr etwa kognitive Dissonanz?
Im Übrigen, wenn ihr mal ganz genau hinguckt, werdet ihr feststellen, dass ich da überhaupt keine Propaganda kritisiert habe. Weder die eine noch die andere. Ich habe nur keinen Bock mehr auf die und schlug daher vor, Redundanzen rauszukürzen. Man könnte z.B. Meldungen der Form "wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen" durch "Textbaustein-1" ersetzen. Was man da für Energie sparen könnte! CO2-Emissionen!!
Update: Ein Leser schlägt noch einen Textbaustein vor: Ist gar kein Krieg, eher eine Art Notoperation, die mit "chirurgischer Präzision" ausgeführt wird. Zum Wohle des Patienten, den wir hier zu retten versuchen, versteht sich.
Update: Es kann natürlich sein, dass die Leute dachten, ich meine unsere Propaganda, weil die Zensur von RT und Sputnik verhindert, dass sie die Putin-Propaganda überhaupt sehen. Komisch. Gestern erzählten mir noch Leute, dass das ja gar keine echte Zensur sei, weil man die ja umgehen kann. Ich müsse ja ganz schön inkompetent als IT-Fuzzy sein, wenn ich das nicht umgehen könnte!1!!
Putin-Sprecher: Impfgegner sind „gefährliche Irre“Uiuiuiui das jetzt nötige Verbiegen zur Dissonanzsenkung wird aber doll Kopfweh machen!
Nein nein, pass uff, Fefe, das war eine Fehlübersetzung!!1! Oder nee, warte, das war Code! So wie bei QAnon!!1!
Ich finde ja, das Westen guckt viel zu wenig auf die Russen in Sachen Covid. Wenn das da so eine autokratische Diktatur ist, und der Diktator alle geimpft haben will, wieso gibt es dann noch ungeimpfte? Ist das am Ende womöglich gar nicht so ein krasser Polizeistaat, wie hier immer kolportiert wird?
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Gut, die sonstigen Sponsoren sind bei solchen Veranstaltungen gerne Schlangenölbuden, insofern ist mir da Huawei sogar noch lieber. einer der Gold-Sponsoren hier ist Palo Alto Networks (ihr erinnert euch vielleicht).
Update: Eine der Keynotes ist von einer Abteilungsleiterin Cyberabwehr aus dem Verfassungsschutz, die da erzählen will, dass sie Cyber-Attribuierung machen (und implizit: dass man Cyber-Angriffe attribuieren kann). Das bestreite ich nachdrücklich.
Sehr unterhaltsam auch: Es gibt einen Vortrag von eyeo (die, die Adblock Plus gekauft haben und das an Schutzgeld erinnernde Geschäftsmodell darauf aufgebaut haben), dass "infizierte Online-Werbung" die kritische Infrastruktur bedroht. Da ist ja was dran, aber ... muss man das ausgerechnet die vortragen lassen?
Update: In der Keynote hat Prof. Pohlmann eine Folie mit den drei Lösungen für die Security-Zukunft: Blockchain, KI, Quantencomputer. Das ist genau die Inhaltsangabe meines "ist alles Unfug"-Vortrags. Hoffentlich nimmt das niemand persönlich, was ich da vorzutragen haben werde...
Update: Nebelwerfer-Euphemismus-Update: "cyber-aggressiven Fremdstaaten wehrhaft entgegen treten können".
Update: Oh wow, die Expertin vom Verfassungsschutz hat gerade öffentlich angesagt, dass Angreifer aus dem Ausland dafür ja auch übernommene Rechner in Deutschland benutzen. Wenn sie DAS verstanden haben im Verfassungsschutz, wie können sie dann noch "Zurückhacken" propagieren!? Ein beeindruckendes Ausmaß an kognitiver Dissonanz.
Update: Der nahtlose Übergang von "die Amis hacken im Iran" über "wir beobachten APT28" hin zu Guccifer ist ja schon irgendwie atemberaubend. Jetzt sind wir gerade bei "der Verfassungsschutz bekämpft Fake News", wenn ich das mal geringfügig umformulieren darf. Da braucht man nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, gegen wen sich "Zurückhacken" in der Praxis richten wird.
Update: Krass jetzt kam ernsthaft noch der Spruch, defensive Security reiche ja nicht, weil die Leute ja immer nur gegen das verteidigen, was sie für die Fähigkeiten der Angreifer halten, und die Angreifer würden schon darauf achten, dass sie immer mehr können als die andere Seite glaubt. Lasst mich der erste sein, der euch sagt: Das ist Bullshit. Selbstverständlich verteidigt man auch und gerade gegen hypothetische Angriffsvektoren, bevor man weiß, dass sie konkret ausgenutzt werden können. Wer sich selbst informieren will, kann sich z.B. mal die Threat Models von TLS angucken, oder die BSI-Krypto-Empfehlungen.
Nun kann man sich da endlos in Analysen ergehen, wo diese Daten jetzt hergekommen sein könnten, was für kriminelle Energie diese Leute gehabt haben müssen, was sie damit bewirken wollten, etc. Finde ich alles nicht interessant.
Zwei Dinge dazu. Erstens. Seit Jahrzehnten betreibt die Politik eine konzertierte Aktion nach der anderen, um den unwilligen Bürgern ihre Daten zu entreißen und in Datenbanken zu tun, wo dann überproportional politisch rechts verortete Polizisten und "Sicherheitsbeamte" drauf Zugriff haben. Wo ist hier noch gleich die Überraschung? Dass es erst jetzt in dieser Form passiert oder wie?
Nicht nur die Rechten sind hier Täter. Wikipedia z.B. listet bei diversen ihrer Meinung nach Prominenten das Geburtsdatum. Wo haben sie die her? Aus öffentlichen Datenbanken wie Gewerbeanmeldungen u.ä. Wohl dem, der dort gezielt falsche Daten hinterlegt hat. Mich hat niemand gefragt, ob ich einen Wikipedia-Artikel unter meinem Namen haben will, und ob das OK ist, da ein Foto oder mein Geburtsdatum zu veröffentlichen. Und was passiert da, trotz DSGVO und allem? Nichts.
Zweitens: Die Asymmetrie der Reaktion finde ich schockierend. Ich hatte mal auf Twitter einen Mordaufruf. Ich habe also Anzeige erstattet. Ein paar Wochen später rief dann die Polizei bei mir zuhause an und sagte, das Verfahren würde eingestellt. Das ist doch bloß ein Verrückter aus dem Internet. Bestimmt ein ganz armes Würstchen. Mag ja alles sein, aber es ist auch ein Täter. Keine Reaktion.
Bei mir Mordaufruf, keine Reaktion. Martin Schulz ruft jemand auf der "privaten Telefonnummer" an, und sofort republikweiter Riesenskandal und der Staatsschutz schaltet sich ein. Der Typ, der da anrief, war nicht mal unfreundlich oder bedrohlich.
Ich will mich da jetzt nicht als Betroffener aufspielen, nur mal die Dissonanz illustrieren. Die Presse erzählt bisher vor allem von Youtubern als Opfer, und ich bin mir auch sicher, dass die es viel schlimmer haben. Nur bei mir weiß ich es halt, bei denen ist es nur Hörensagen für mich :-)
Was mich übrigens auch richtig doll ärgert ist wenn Hotels meine persönlichen Daten haben wollen. Wieso hat diesen Datenhahn noch niemand zugemacht? Nein, liebe Lokalpolitiker, ihr müsst nicht meine Anschrift und mein Geburtsdatum wissen, nur weil ich in eurem Bundesland in einem Hotel übernachte.
Solange die Situation so ist, wundert mich überhaupt nicht, dass es solche Veröffentlichungen gibt. Ich gönne den Politikern das sogar ein bisschen. Die Künstler auf der Liste tun mir leid, die sind da unverschuldet zwischen die Fronten geraten.
Was mich auch richtig ärgert: Dass das beherzte Einschreiten des Staatsschutzes jetzt verhindern wird, dass die Politik erkennt, wie dringend sie mal handeln müssten, wie wichtig das ist, hier mal flächendeckend Datensparsamkeit zu fahren. Die reden immer davon, dass Daten das Öl des 21. Jahrhunderts sind, und merken gar nicht, dass sie auf einem Ölteppich schwimmen, der systematisch alles Leben vergiftet.
Update: Passt gerade wie Arsch auf Eimer:
Marriott reveals 5 million unencrypted passport numbers were leaked in 2018 data breach
Update: Ja nee klar, meine Telefonnummer ist Freiwild für Umfragen, Telemarketer und indische Callcenter von Microsoft-Scammern, aber bei euch ist das ein ANGRIFF AUF DIE DEMOKRATIE!1!!, wenn jemand anruft. Go fuck yourselves, echt mal.
Update: Jetzt wo so viele Politiker das als Cyberangriff bezeichnen: Hey, vielleicht hättet ihr mal auf uns hören und in defensive Cyber investieren sollen statt immer nur Offensive?
Sources have said Manafort went to see Assange in 2013, 2015 and in spring 2016 – during the period when he was made a key figure in Trump’s push for the White House.
Die Behauptung.In a statement, Manafort denied meeting Assange. He said: “I have never met Julian Assange or anyone connected to him. I have never been contacted by anyone connected to WikiLeaks, either directly or indirectly. I have never reached out to Assange or WikiLeaks on any matter.”
Das allumfassende Dementi.It is unclear why Manafort would have wanted to see Assange and what was discussed. But the last apparent meeting is likely to come under scrutiny and could interest Robert Mueller, the special prosecutor who is investigating alleged collusion between the Trump campaign and Russia.
Und dann einfach weiter im Programm. Und zwar nicht mit Fakten sondern mit irgendwelchen haltlosen Spekulationen.Gut, das ist Luke Harding, der seit Jahren Krieg gegen Wikileaks und evidenzbasierten Journalismus führt. Dementsprechend vernichtend ist der Kommentar von Glenn Greenwald. Der Guardian sollte vielleicht doch lieber bei Modeberichterstattung, Feminismus, Feminismus, Rassismus!!1!-Kolumnen und der Nazis-überall und Feminismus / WTF-Verschwörungstheorien bleiben. Ich finde ja, der Guardian braucht mehr Feminismus. Frauen sind da immer noch völlig unterrepräsentiert. Die kriegen die Kolumnen, aber seriösen Journalismus machen immer noch Männer wie Luke Harding. So geht das nicht weiter! Wann tut endlich mal jemand was!!
Und was steht da jetzt in der Lizenz drin? Nun, seht selbst:
You will not, and will not allow any third party to […] (v) publish or provide any Software benchmark or comparison test results.
Das ist das Intel, wie wir es kennen und schätzen! Nie um einen unredlichen Trick verlegen, um die Kunden über den Tisch zu ziehen! All die Benchmarks, die zeigen, wie krass die Performance einbricht, wenn man in Intel-Prozessoren die Abschaltvorrichtung abschaltet, die erzeugen ja Dissonanz mit den Performance-Behauptungen aus der Werbung. Das geht ja mal gar nicht!1!!AMD hat sich bei Spectre auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, aber DAS ist mal echt GANZ weit jenseits der roten Linie.
Einige Datenbankherstelle (*hust* Oracle *hust*) halten das übrigens auch für legitim, in ihren EULAs das Veröffentlichen von Benchmarks zu verbieten. Firmen, die sowas tun, haben meiner Ansicht nach den Untergang verdient.
Update: Intel hat es sich doch noch schnell anders überlegt. War alles bloß ein bedauerliches Missverständnis. Leider ist die neue Lizenz wegen ihrer Kein-Reverse-Engineering-Klausel immer noch non-free. Aber hey, immerhin.
Warum musste der jetzt zurücktreten? Weil er ein Sicherheitsrisiko ist.
Warum ist er ein Sicherheitsrisiko? Weil er ohne Wissen der Regierung in den Iran geflogen ist.
Warum ist er in den Iran geflogen? Weil das die Heimat seiner Lebensgefährtin ist.
Ja, richtig gelesen. Der Mann hat eine Iranerin geheiratet. Sonst schimpft er hauptberuflich über die laxe Einwanderungspolitik Norwegens, weil die so viele Moslems reinlassen und so. m(
Update: Leserbrief:
zum "Lacher des Tages" möchte ich anmerken, dass es keine norwegische Freiheitspartei gibt. Es handelt es sich um die fremskrittspartiet, die Fortschrittspartei. Der Name hat wohl zu kognitiven Dissonanzen in der euronews-Redaktion geführt.
Haha, wahrscheinlich! (Danke, Carsten)
Das sieht man gut bei der Arbeitslosenstatistik. Die ist von vorne bis hinten frisiert, damit sie uns eine falsche Zahl sagen können, ohne technisch zu lügen. Da wird ein Riesenaufwand getrieben, um uns beschubsen zu können, weil die Statistik frisiert wurde, nicht indem man einfach falsche Zahlen rausgibt.
Daher, wenn ihr eine Verschwörungstheorie seht, die darauf aufbaut, dass jemand wirklich gelogen hat, dann ist das wahrscheinlich der Versuch, eine Realität zurechtzurationalisieren, damit man seine vorgefertigte Meinung nicht ändern muss. Kognitive Dissonanz.
Wenn ihr eine Meinung X habt, und dann kommt eine Meldung rein, die der Meinung widerspricht, dann ist die menschliche, natürliche Reaktion, der Meldung nicht zu glauben. Und für viele so Facebook-Verschwörungstheorien ist das auch die richtige Reaktion, aber nicht für den Umgang mit den Mainstream-Medien. Wenn die eine Meldung bringen, dann sollte euer Herangehen nicht sein, dass das gelogen ist, sondern eher "Was, wenn das stimmt?" Kann das nicht stimmen? Kann das vielleicht auch stimmen? Aus einer anderen Perspektive? Oder vielleicht wenn man die vorliegenden Daten anders interpretiert?
Es geht ja hier nicht darum, euer Weltbild zu verteidigen, sondern das korrekte Weltbild zu finden, das am meisten mit der Realität zu tun hat. Die richtige Reaktion auf reinkommende andere Meinungen ist daher, sie in euer Weltbild zu inkorporieren, und zu gucken, was die minimalen Annahmen sein müssten, damit beides stimmt. Euer Weltbild und die Meldung.
Im Fall von dem Skripal-Leserbrief, dass die Russen halt lügen, wäre die minimalinvasive Beobachtung gewesen, dass Lawrow nicht gesagt hat, es sei kein Novitschok gefunden worden sondern BZ. Er hat gesagt, BZ ist gefunden worden. Andere Substanzen schloss er nicht aus.
Noch was: Ein wichtiges Stilmittel der Volksverarschung ist, dass man Dinge mitschwingen lässt, ohne sie explizit zu sagen. Das ist ein sehr gefährliches Mittel der Manipulation, und da kann man sich nur mit Training immunisieren, daher mache ich das hier im Blog auch ständig. Wenn man es geschickt anstellt, löst das Emotionen aus, und Emotionen treiben die Ratio vor sich her. Meine Hoffnung dabei ist natürlich, dass ihr das erkennt und nicht drauf reinfallt, aber da ist … noch Luft.
Also. Wenn ihr was lest, dann solltet ihr euch fragen: Wer sagt was über wen und mit welcher Begründung/Quelle?
Die Russen sind exzellent in dem Spiel, die eignen sich hervorragend als Trainingsmaterial. Lawrow hat darauf hingewiesen, dass laut dieses Schweizer Labors auch BZ gefunden wurde. Eine völlig unhysterische, nicht anklagende Aussage. Das Schweizer Labor hat sich dazu auf Twitter geäußert. Auch dort gelten natürlich dieselben Regeln. Sie sagen, dass von Porton Down (dem britischen Chemiewaffenlabor) Novitschok gefunden wurde, aber sie sagen nicht, dass nicht auch BZ gefunden wurde. Dass sie das nicht sagen, scheint formelle Gründe zu haben. Ich gehe davon aus, dass der Lawrow deshalb auf die Schweizer verwiesen hat, weil er wusste, dass die der Behauptung nicht offen widersprechen können. Der ist halt ein Profi, der Lawrow.
Aber all die Emotionen, wer jetzt lügt und worüber, die sind nur im Weg und helfen überhaupt nicht. Die Emotionen manipulieren euch an der Stelle, wenn ihr die nicht loswerdet, dann gebt ihr euren freien Willen auf an der Stelle. Ihr müsst euch mal den Schaum vom Mund wischen und das mit ein bisschen Abstand betrachten. Was, wenn alle Recht haben?
Tja, und diese Versuche sind offenbar Rohrkrepierer geworden:
Facebook’s chief information security officer, Alex Stamos, will leave the company after internal disagreements over how the social network should deal with its role in spreading disinformation, according to current and former employees briefed on the matter.Mr. Stamos had been a strong advocate inside the company for investigating and disclosing Russian activity on Facebook, often to the consternation of other top executives
Eigentlich hat er schon im Dezember hingeworfen, aber sie haben ihn angewinselt, er soll noch bis August dableiben, weil wie sieht das denn sonst aus!1!! Was sollen denn die Leute denken!!1!Also haben sie sein Team dort ausbluten lassen und betreiben ihn jetzt im Andropow-Modus noch ein paar Monate weiter. Falls jemand die Story nicht kennt: Von Andropow erzählte man sich, er sei ein paar Monate nach Amtsantritt gestorben, weil es plötzlich keine neuen TV-Auftritte und Reden mehr gab. Offiziell war er von Krankheit gezeichnet und konnte nicht auftreten, aber zumindest in Westberlin raunte man sich zu, dass er gestorben sei und man aus kosmetischen Gründen jetzt noch sein Leiche durch die Gegend fahre, damit es aussehe, als hätten sie noch eine Regierung da.
He was persuaded to stay through August to oversee the transition of his duties because executives thought his departure would look bad, the current and former employees said. He has been overseeing the transfer of his security team to Facebook’s product and infrastructure divisions. His group, which once had 120 people, now has three, the current and former employees said.
Wie übel.
Da muss man schon zu irgendwelchen Imgur-Posts oder Verschwörungssites gehen.
Der bisher wichtigste Aspekt war der Verkauf einer Firma an die Russen, die für 20% der Uranförderung in den USA verantwortlich ist. Da standen natürlich National Security-Bedenken im Weg, aber die hat Hillary weggeräumt. Danach gingen ein paar Millionen mildtätige Spenden von russischen Firmen bei der Clinton-Foundation ein.
Man stelle sich mal vor, was die erst für eine kognitive Dissonanz gerade haben müssen. Die "echten" Konservativen in den USA. Die drei-vier, die gerne konservative Politik haben wollten, und nicht "wir zünden jetzt das Haus an". Besonders schlimm hat es den Bush-Clan getroffen, der jetzt schon vereinzelt Hillary wählen will, weil sie gegenüber dem Donald das kleinere Übel ist.
Aber versetzt euch mal in so jemanden rein. Stellt euch mal vor, ihr wäret David Cameron. Wie würdet ihr diese Dissonanz zwischen eurer Rhetorik und den Auswirkungen eurer Taten verringern?
Schritt 1 wäre wohl, dass man darauf achtet, vorher nie neutrale Fakten zu Gesicht zu kriegen, sondern nur die massierten "Fakten", die euer Apparat produziert, um eurer Politik mit dem Anschein einer Faktenbasis Legitimität zu erschleichen. Aber es ist ja auch genau so wichtig, dass ihr dann nicht prüft, ob eure Politik funktioniert. Denn sie tut es nicht. Und das würdet ihr ja nicht in eurer Filterblase haben wollen, oder?
Bei Gedanken dieser Art ist es sehr schön, wenn man mal einen Blick hinter den Vorhang werfen kann.
Es geht darum, dass David Cameron sieht, dass in seinem Wahlkreis die Dienstleistungen der öffentlichen Hand so krass zusammengestrichen wurden, dass die Bürger essentielle Dienstleistungen nicht mehr in Anspruch nehmen können. Cameron schreibt also einen Brief an die Zuständigen in seinem Wahlkreis, und in dem Brief drückt er sein Entsetzen darüber aus, wieso die die Dienstleistungen wegkürzen! Er habe ihnen doch von oben lediglich ein kleines bisschen Budget gestrichen, und überhaupt, da hätte man doch Wasserkopf abbauen können anstatt Dienstleistungen wegzustreichen!1!!
Daraufhin antwortet sein Statthalter vor Ort:
Explaining the issue gently, as if to a slow learner, the council leader, Ian Hudspeth, points out that the council has already culled its back-office functions, slashing 40% of its most senior staff and 2,800 jobs in total, with the result that it now spends less on these roles than most other counties. He explains that he has already flogged all the property he can lay hands on, but would like to remind the prime minister that using the income from these sales to pay for the council’s running costs “is neither legal, nor sustainable in the long-term since they are one-off receipts”.
Nicht nur haben sie da keinen Wasserkopf mehr, weil sie den schon in früheren Sparrunden weggekürzt haben. Sie haben auch schon ihr Tafelsilber verhökert. Und im Übrigen:As for Cameron’s claim about government grants, Hudspeth comments: “I cannot accept your description of a drop in funding of £72m or 37% as a ‘slight fall’.”
Hier 72 Millionen, da 72 Millionen, nach einer Weile kommt da richtig Geld zusammen!1!!Again and again, he exposes the figures the prime minister uses as wildly wrong. For example, Cameron claims that the cumulative cuts in the county since 2010 amount to £204m. But that is not the cumulative figure; it is the annual figure. Since 2010, the county has had to save £626m. It has done so while taking on new responsibilities, and while the population of elderly people and the numbers of children in the social care system have boomed. Now there is nothing left to cut except frontline services.
Da sieht man sehr schön, wie die Befehlskette zum Premierminister dafür sorgt, dass der mit der Realität nicht konfrontiert wird.
Ich bin selbst Psychologe und komme aus dem systemischen Bereich, weswegen meine Weltsicht entsprechend geprägt ist. Für eine systemische Betrachtungsweise eines Problems ist es bedeutsam, dass dieses Problem einen bestimmten Nutzen für das System hat.Ui! Das hat mir gerade einen "Na klar!"-Flash beschwert. Sehr augenöffnende Erklärung!Bsp: Das Kind wird auffällig, damit sich die Eltern nicht um ihre Beziehungsprobleme kümmern müssen. Wenn wir jetzt nur einseitig daran arbeiten dem Kind beizubringen wie es nicht mehr auffällig sein muss, kann es sein, dass die Familie daran zerbricht, weil die Eltern kein Ausweichproblem mehr haben und sich dann eingestehen müssen, dass die Beziehung am Ende ist und eigentlich eine Scheidung anstünde.
In unserer Gesellschaft gibt es Menschen die öffentlich verkünden, dass sie nicht mal bis zum Abitur den Ausführungen der Lehrer folgen konnten. Nun haben wir eine Bankenkrise und "die da oben", "die Bankster" oder wer auch immer ist daran schuld. Selbstverständlich nicht die Leute, denen schon in der Schule zu hoch war, warum das Gefasel von irgendwelchen Griechen von vor tausenden von Jahren jetzt noch relevant wäre. Diese Leute hatten ja keine Chance die von ihnen unterschriebenen Verträge zu verstehen. Das Konzept der erlernten Hilflosigkeit zieht sich hier quer durch die Gesellschaft und plötzlich fühlen sich 99% der Bevölkerung als Opfer des Bankensystems. Eines der sicher vielfältigen Motive dafür, sich gegen das Erlernen mathematischen Fähigkeiten zu entscheiden, scheint mir die damit steigende Verantwortung zu sein. Ernsthaft Verantwortung zu übernehmen ist derzeit aber völlig out, Opfer sein hingegen total in. Die Geringschätzung für Menschen die sich mathematische Fähigkeiten (und darüber hinaus auch naturwissenschaftliche, abseits der Biologie) aneignen würde ich recht stumpf mit narzisstischen Motiven und Kognitiver Dissonanz begründen. Ich kann mich selbst nicht als tollen Hecht sehen, wenn ich mir eingestehe, dass mir zum Verstehen meiner Umwelt wichtige Kenntnisse fehlen. Die einfachste Lösung ist, dass ich mir einfach mit möglichst vielen Leuten einrede, dass das ja gar nicht so wichtig ist und wir ja bisher ohnehin auch so durchgekommen sind. Wenn ich genug gleichgesinnte Unwissende um mich herum habe (und an dieser Stelle darf man gerne mit den Gedanken in Richtung Religion abschweifen), dann fühlt sich das plötzlich gar nicht mehr so schlecht an. Wir definieren einfach unsere Gruppe als normal und normal sein ist gut. Die Leute die verstehen (wollen), sind eine Minderheit und plötzlich können wir es so auslegen, dass es gar nicht mehr erstrebenswert ist zu dieser Gruppe zu gehören. In Hollywoodfilmen sehen wir ja auch immer wieder, dass die Coolen keine "Laborratten" sind. Warum also zu "denen" gehören wollen? Probieren geht über studieren!
Besonders interessant fand ich den Hinweis auf problem-solution ordering issues, eigentlich ein Problem aus dem Design von Spielen. Man muss den Spieler erst in das Problem laufen lassen, bevor man ihm die Lösung zeigt, sonst versteht der Spieler nicht, dass das die Lösung zu dem Problem ist und kommt das nächste Mal nicht weiter, wenn er ein ähnliches Problem hat. Und die Dinge wirken auch weniger sinnlos, wenn man erst das Problem zeigt, das sie lösen. Die Erklärung kann man auch auf den Matheunterricht anwenden.
Jemand anderes wies darauf hin, dass das kein Mathe-Ding ist sondern natürlich auch bei Computern häufig vorkommt, dass Leute es für völlig normal und akzeptabel halten, "von Computern keine Ahnung zu haben" und von dir dann zu erwarten, dass du ihnen mal schnell ihr Problem fixt.
Man steckt da 20-30 Jahre Erfahrung in die Problemlösung rein, aber es wird noch nichteinmal anerkannt.Weitere Einsender meinten, das Problem komme schon aus dem Elternhaus.
Ich bin u.a. Mathelehrer an einem Gymnasium - und da kommt es bei einem Elternsprechtag schonmal vor, dass man eine Mutter vor sich sitzen hat, die die Minderleistung ihrer Tochter mit einem Achselzucken abtut und mit einem Schmunzeln berichtet, dass sie selbst auch schon schlecht in Mathe gewesen wäre. Da könne man wenig machen. - Sprich: Fehlleistungen werden auf eine Art "Mathe-Gen" geschoben und die Notwendigkeit, sich mal intensiver damit zu beschäftigen nicht gesehen. Ist halt nur Mathe!Dann kam noch diese schöne Kabarettnummer in PDF-Form rein, die ich weiterempfehlen kann.
Eine weitere Einsendung äußert die These, dass das Auswendiglernen von irgendwelchen Daten und Fakten bei uns in der Gesellschaft einen höheren Stellenwert zu haben scheint als Fähigkeiten oder die Kenntnis von Verfahren oder "Skills", wie man heute sagen würde. Als Indiz dafür weist die Einsenderin auf TV-Shows wie "Wer wird Millionär" hin, ich würde das noch auf Talkshows und politische Debatten ausweiten. Da punktet man auch mit obskuren Fakten und nicht mit Fähigkeiten oder der Kenntnis von Verfahren. Außerdem sind Fakten im Überfluss frei im Internet verfügbar, aber für Verfahren gilt das in deutlich geringerem Umfang.
Eine weitere Einsendung postuliert, dass Mathematik nicht als Lösung sondern als Problem gesehen wird. Mathematik lernt man nicht, weil es zum Verständnis der Welt beiträgt.
Die Textaufgabe, eigentlich genau das, was am Ende vom Matheunterricht wenigstens übrig bleiben sollte - nämlich ein reales Problem in Zahlen zu übertragen und damit diesem dann bei kommen zu können - ist die gefürchtetste aller Aufgaben und wird daher oft marginalisiert oder weg gelassen, damit das Debakel nicht zu groß wird oder "nicht auch noch der letzte Spaß an der Mathematik verloren geht".Ein Psychologe kommentiert:
Denk bei der Debatte auch daran, WER da stolz auf WAS ist. Menschen, die eher im geisteswissenschaftlichen Bereich unterwegs sind, drücken mit der Mathe-Ablehnung häufig auch eine ideologische Haltung aus. Menschen möchten gerne einzigartig und individuell sein. In der Mathematik sollte bei der selben Frage bitte immer dieselbe Antwort rauskommen, sonst wäre es ja nicht deterministisch.So habe ich Depressionen noch nie gesehen!
[…]Vielen Menschen ist es sehr wichtig, dass ihre Meinung, Intelligenz oder Persönlichkeit nicht erfasst und damit vergleichbar gemacht wird. Bspl Intelligenz. Jeder ist überzeugt er hat genug davon, aber wenn alle getestet würden, wäre offensichtlich, dass manche höhere IQ Werte haben als andere. Intelligenz ist halt ziemlich gut normalverteilt. Die Ablehnung von Mathematik ist häufig verbunden mit einer Argumentation wie „es gibt ja wichtigeres im Leben“. Dieses wichtigere ist oftmals durch Mathe bedroht, weil es einer Überprüfung mittels Mathe entweder nicht zugänglich ist oder nicht standhält. Es kann halt keiner quantifizieren, ob Cicero oder Seneca die bessere Literatur ist. Und manchmal hat die Mathematik auch mal Antworten parat, die eigene Glaubenssysteme in Frage stellen (z.B. bei Homöopathie, global warming, Casinokapitalismus). Da muss man manchmal die Vergleichsdimension abwerten, um damit leben zu können.
[…]Stell Dir mal vor, Du würdest auf Deinem blog diskutieren, ob nun Linux, MacOS X oder gar Windows das beste Betriebssystem wäre. Jemand hat einen Test gemacht und Windows hat die höchsten Werte oder so. Die Diskussion wäre unvermeidlich: falsche Metrik, unrealistische Fragestellung, unreliable Messung, da gibt es andere wichtige Dinge, die gar nicht erfasst wurden, usw. Wenn alles diskutieren nichts hilft, dann hilft nur die ultimative kognitive Dissonanz: eigentlich sagen diese Zahlen doch eh nichts aus.
Bedenke immer, dass das gesunde, normale Prozesse sind. Menschen, die alles immer realistisch sehen und sich nicht selbst aufwerten, sind tendentiell depressiv.
Mein persönliches Highlight war eine Mail dieser Form:
Zu der Fraktion gehörend, die die Integralrechnung zwar oberstufenkonform durchgepaukt, aber Mathematik jenseits des Dreisatzes eigentlich nie wirklich verstanden hat, hier ein paar Gedanken darüber:Dann gibt es noch die These, dass Matheahnungslosigkeit schon im Kindergarten beginnt:[… eine Seite Reflektion und Selbstanalyse …]
Jetzt, wo ich aufschreibe, komme ich mir unfassbar engstirnig, unwissend und naiv vor!
Als Spieldesigner für Kindergartenspiele habe ich ein mathematisches Lernspiel entwickelt, das von den Kindergärtnerinnen häufig mit der Begründung „Ach, das habe ich früher nie verstanden.“ oder „Nein, das lernen unsere Kinder hier nicht“ abgelehnt wurde. Was man selbst nicht versteht, müssen die Kinder also auch nicht verstehen. Das heißt der niedrige Stellenwert der Mathematik setzt sich von Generation zu Generation fort. Eltern, die Mathematik nicht verstehen, geben diese Ablehnung an ihre Kinder weiter. Genauso machen es auch Kindergärtnerinnen und sogar Lehrer aus mathematikfremden Fächern.Das finde ich eine sehr gruselige Vorstellung.
Ich finde es bedauerlich aber auch menschlich, dass bei solchen Fragestellungen erstmal die Vorurteile bedient werden, daher habe ich das hier auch mitzitiert. Ein weiterer solcher Fall ist, dass Lehramtsstudenten an den Mathefachbereichen fachlich schwächer sind als "echte" Mathestudenten, die auf Diplom oder so hinarbeiten. Es gab auch mehrere Empfehlungen dieses TED-Videos von Conrad Wolfram (der kleine Bruder von dem Mathematica-Entwickler).
Ein weiterer Einsender erzählt:
Bei uns an der Hochschule wird Mathe immer weniger unterrichtet. Auf dem Linux-Event unserer Hochschule im Jahr 2014 haben mich die Ehemaligen mit großen Augen angeguckt als ich erzählt habe dass wir nur noch zwei Semester lang Mathe haben, nicht mehr vier (merke: Das ist eine Hochschule, da gibts also nicht mal wirklich "schlimme" Mathe). Inzwischen ist es sogar so, dass nur noch die "puren" "Informatiker" zwei Semester Mathe haben. Die "Computernetzler" zum Beispiel haben nur noch ein Semester Mathe!Die Frage ist natürlich, was hier woraus folgt. In meiner Informatik-Studienzeit hat sich auch nicht gerade der Eindruck aufgedrängt, dass man Mathe wirklich braucht. Das hat man halt belegt, weil es Pflichtkurse waren.
Ein weiterer Lesetipp ist Lockhart's Lament. Ein fieser Soziologiestudent wies dann noch darauf hin, dass so gut wie niemand dann tatsächlich Cicero liest :-)
Du findest empowerment und inspiring schlimm? Da muss ich ehrlich sagen, die finde ich eher die harmlose Variante, weil die quasi mit Bullshitfanfare und Begleitschutz ankündigen wie bekloppt sie sind.Viel schlimmer finde ich die Verstrahlung von Alltagsbegriffen: powerful, strong, democracy, freedom, safety, threat. Verstrahlung im Sinne von: auf Jahre unbenutzbar.
Ich sehe das so:
Sprache als Kommunikationsmittel passt sich den Anforderungen an. Mathematiker erfinden sich Begriffe wie "Homotopie" um auszudrücken was sie brauchen. Im Internet ist die englische Sprache vor allem zum Träger für Mems geworden, im Sinne von Gedankenfragmenten, die sich gegen andere Gedankenfragmente durchsetzen. In Symbiose dazu ändert sich die Sprache um erfolgreiche Mems schneller übertragen zu können. [1] Langjährige Internetnutzer wissen, dass man über Zeit eine gewisse Resistenz gegenüber dem Bodensatz im Internet aufbaut (goatse, 2g1c). Da der Shit im Internet gefühlt massiv zunimmt, wäre die Folgerung, dass entweder die durchschnittliche Resistenz gesunken ist, oder die shittigen Mems besser geworden sind. Wahrscheinlich beides.
Ich habe vor einiger Zeit das Buch "Lies my Teacher told me" [2] gelesen, wo der Autor ein ähnliches Phänomen beschreibt, nämlich dass High School Schüler katastrophal wenig Wissen über Geschichte haben, wenn sie das im College anfangen zu studieren, weil sie vorher in einer Blase aus Wunschdenken gehalten werden. Zusammen mit wirtschaftlichem Druck, confirmation bias und Dissonanz erklärt er damit, wieso sich einige Ansichten in der amerikanischen Mittelschicht halten, die sagen wir mal, nicht so produktiv sind. Sehr schöne Parallele zum sozialen Verhalten von Studenten untereinander.
Meine Theorie wäre nun, dass die durchschnittliche Resistenz gesunken ist, weil die nachströmenden Internetnutzer a) nicht genug Zeit hatten um Resistenz aufzubauen und b) es keinerlei Vorbereitung auf den sozialen Mahlstrom gibt, den eine Person mittlerweile erwartet wenn sie populär wird. Quasi das Äquivalent dazu einen ungepatchten Win95 Rechner ohne Firewall ans Internet zu hängen.
Das Ergebnis ist, dass sozialisierte Menschen (das was unser Schulsystem eigentlich bezwecken soll, neben Faktenvermittlung) im Internet infiziert werden mit Verhaltensmustern gegen die sie keine Abwehr haben, und sie dann für sich selber übernehmen, und Teil des gleichen Bodensatzes werden. (Ist das Victimization? Victim Blaming? Zombieapokalypse? Nicht mein Fachgebiet)
Früher war das kein Problem, weil sowohl außerhalb des Internets als auch in kleineren Kreisen im Internet antisoziales Verhalten sofort mit plonk geahndet wurde. Was wäre die globale Alternative? Einheitlicher Verhaltenskodex ist das was die Feministen auch versuchen, scheitert daran, dass immer irgendwer mit den Standards nicht einverstanden ist. Ächtung von bestimmten Verhaltensformen führt zu der Radikalisierung, wie du das mit den Nazis beschrieben hast. Ignorieren führt zu Fragmentierung und Totembildung.
Das ist alles zu spät. Kinder müssen viel früher schon lernen mit Shit klar zu kommen. Meine Forderung: Denkt an die Kinder, und flammt und trollt sie schon im Kindergarten.
[1] Quelle dieser Ansicht ist natürlich "This Video Will Make You Angry" von CGP Grey.
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Lies_My_Teacher_Told_Me
Ich persönlich bin seit ca. 8 Jahren dabei. Und: Auch in der bösen Rüstungsindustrie wird dein Blog gelesen.o_ODu magst es als kognitive Dissonanz einstufen, aber es gibt Menschen die an Waffensystemen für die Bundeswehr arbeiten und gleichzeitig Fans deines Blogs sind und viele Meinungen und Einschätzungen teilen.
Ich bin immer wieder selbst erstaunt, wie viele Kollegen hier gegen Überwachung, ePerso, Kriegstreiberei und für (digitale) Bürgerrechte sind. Es können halt nicht nur obrigkeitshörige gewissenlose Kriegsgeile hier arbeiten. So viele gibt es glücklicherweise nicht…
Aber natürlich trägt dein Blog, seine Artikel und die interne Verbreitung im Kollegenkreis dazu bei, das Wissen um die vielen Realitäten da draußen und die Wichtigkeit des kritischen Denkens zu verbreiten. Dank dir denken viele Menschen hier mehr darüber nach, was sie tun, für wen sie es tun und wie sie es tun.
Airbus Defence and Space
Glaubt ihr das auch?
Dann habe ich schlechte Nachrichten für euch. Das Einzige, was die Türkei vom Internet-Filtern abhalten könnte, wäre wenn sie ihre EU-Beitrittsbemühungen abbrechen.
Und überhaupt, dass ausgerechnet die Bundesrepublik "bei uns ist Youtube kaputt" Deutschland anderen Ländern was über Internetfilter erzählen sollte, da lachen ja die Hühner. Immer wieder erstaunlich, mit was für Brettern vor dem Kopf einige Leute hier herumlaufen. Ihr könnt ja mal aus der Türkei heraus versuchen, Beiträge aus der ARD Mediathek zu gucken. Umgekehrt geht das.
Aber so ist das halt mit der kognitiven Dissonanz. Man merkt dabei halt selber nicht, was für einen Stuss man so von sich gibt gerade.
Update: Oh, einen habe ich noch. Das Verwaltungsgericht Ankara hat die Twitter-Sperre für ungültig erklärt. Wie, den Teil habt ihr nicht gelesen auf den Titelseiten? Na sowas! Das geht bei uns nicht mehr, weil der EUGH schon die höchste Instanz ist. Und guckt mal, wie die üblichen Verdächtigen sich freuen. "Kreativindustrie", haha. Ein Kracher!
Gewiss: Auch die deutschen Geheimdienste spähen Daten aus, auch von Bundesbürgern, auch sie greifen auf das Internet zu - aber sie tun es auf der Basis von Recht und Gesetz, gebunden an die Grundrechte, kontrolliert vom Bundesverfassungsgericht. Dieses Recht und dieses Gesetz hat die G-10-Kommission geschaffen, welche die Eingriffe der deutschen Geheimdienste in das Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 Grundgesetz genehmigen und kontrollieren soll.Was zur Hölle? Merkt der nicht selber, was er da schreibt? Die Amerikaner sind böse und gemein, weil sie in ihren Gesetzen nur die eigenen Bürger schützen und ansonsten alle zum Abschuss freigeben. Beim BND ist das genau so, und was schreibt Prantl hier? Der hält sich an Recht und Gesetz! Das tut die NSA auch! DAS IST DOCH GERADE DAS PROBLEM, HERR PRANTL! Auch der BND "schützt" nur deutsche Bürger und kann alle anderen gnadenlos ihrer Grundrechte berauben. Und wo kommt bitte die Behauptung her, unsere Geheimdienste hielten sich an Recht und Ordnung? Folgt der Mann nicht dem NSU-Ausschuss?! Unfassbar, mit was für eine kognitiven Dissonanz manche Zeitgenossen durch ihr Leben schreiten können.
In diesem Sinne: Popcorn bereithalten. Und was zum Anstoßen bereithalten für den Moment, wo sie in der ARD zur besten Sendezeit das Wort "Drohnenmord" in den Mund nimmt. Und möglicherweise (legale) Betäubungsmittel vorhalten, das ist halt eine Talkshow und über lange Strecken nur unter körperlichen Schmerzen ertragbar.
Aber die kognitive Dissonanz zwischen "also UNSERE Vorratsdatenspeicherung ist ja voll rechtsstaatlich und demokratisch legitimiert aber DEREN Vorratsdatenspeicherung ist böse und schlecht, verletzt die Privatsphäre und stellt alle Menschen unter Verdacht" ist durchaus unterhaltsam.
Update: Inhaltlich habe ich noch eine wichtige Sache anzubringen. Gabriel brachte mehrere Argumente, um seine kognitive Dissonanz zwischen der von seiner Partei vorangebrachten Vorratsdatenspeicherung und seiner Schelte für die US-Vorratsdatenspeicherung wegzureden. Das war um Wesentlichen: Die Daten werden ja bei uns nur auf Zeit gespeichert. Er versuchte sich auch noch an "aber die Daten liegen dezentral bei den Telcos und nicht bei den Diensten", woraufhin selbst dem Quoten-Amerikaner Denison nur noch heiseres Gelächter einfiel (das ist ja letztendlich genau das, was Prism tut. Da liegen die Daten auch bei Google und co und die Dienste holen sie sich halt ab). Besonders großartig wurde das, als Denison (leider kaum hörbar in dem Stimmengewirr) einzuwenden versuchte, auch die US-Programme seien ja gesetzlich klar geregelt und die Geheimdienste in den USA unterlägen ja auch strenger parlamentarischer Kontrolle. Das stimmt natürlich in jeder Hinsicht. (Deshalb ist es nicht ausreichend, wenn etwas legal ist. Auch Hitlers Machtergreifung war legal. Man braucht da höhere Maßstäbe) Gabriel selbst wandte mehrfach ein, man habe ja im NSU-Ausschuss sehen können, wieviel von Zusicherungen der Dienste und parlamentarischer Kontrolle zu halten sei. Ganz großes Kino. Die FAZ war jedenfalls ganz hingerissen von der wieselflinken politischen Wendigkeit von dem Gabriel, wie der da mal eben eine neue Vision für Europa formuliert hat aus dem Stegreif :-)
Ich für meinen Teil fand das sehr schön, dass Gabriel da überhaupt Denkprozesse erkennen ließ. Leider ist er noch nicht so weit, das Anfallen der Daten als das Problem zu erkennen. Wenn Daten irgendwo anfallen und gespeichert werden, werden sie auch missbraucht werden. Das ist ein historisches Faktum, mein Lieblingsbeispiel dafür ist immer die Geschichte, dass die Nazis prozentual in den Niederlanden eine höhere Juden-Mord-Quote hatten als in Deutschland, weil die Holländer in ihren amtlichen Registern völlig sinnlos die Religionszugehörigkeit abgefragt und gespeichert hatten. Daten werden missbraucht. Der einzige Schutz ist Datensparsamkeit. Constanze hat das angesprochen. Gabriel hat es noch nicht verstanden.
Oh, ach so, was ich eigentlich sagen wollte zu Gabriels Argumentation, die Vorratsdaten seien ja was anderes, weil die nur temporär gespeichert würden: Genau das behauptet die NSA auch. Die NSA löscht auch nach sechs Monaten, sagen sie. Außer die Daten sehen spannend aus, weil sie Bezug zu einem Terrorfall haben oder verschlüsselt sind. Verschlüsselte Daten heben die "zu Forschungszwecken" komplett auf. Aber wenn die ordentlich verschlüsselt sind, nützt ihnen das ja nicht viel. Mit anderen Worten: Ein Eigentor, dieses Argument. Hat leider in der Sendung niemand angesprochen, dass auch die NSA nur temporär speichert. Schade, denn dann hätten die Politiker mal erklären können, wieso Löschversprechungen unserer Behörden an der Stelle glaubwürdiger sein sollten als die der NSA.
Und so fasst es Eric Holder, der zuständige Ami, zusammen:
"Wir haben vereinbart, dass Vertreter beider Seiten sich treffen und den Dialog fortsetzen, den wir heute begonnen haben", sagte US-Justizminister Eric Holder am Freitag nach einem Treffen mit Vertretern der EU-Kommission im irischen Dublin.Mit anderen Worten: Die haben ein weiteres Meeting vereinbart. Hinhaltetaktik. Das soll ein Erfolg sein, dass wir uns von den Amis hinhalten lassen? Na ganz beeindruckend, liebe EU!
Dann: Dass das ehemalige Nachrichtenmagazin das als Obama-Programm bezeichnet, obwohl das schon seit 2007 läuft. Das schreiben sie sogar selber. Obama ist erst seit 2009 im Amt. Ihn trifft mehr als genug Schuld, keine Frage, aber das ist ein Bush-Programm, kein Obama-Programm. Obama hat genug Dreck am Stecken, da muss man nicht auch noch Bush-Dinger dazutun.
Und schließlich: Wie so nach und nach alle schönen Verschwörungstheorien, für die Leute über Jahrzehnte als paranoide Spinner verunglimpft wurden, sich als wahr herausstellen. Die Existenz der NSA war jahrelang eine Verschwörungstheorie, dann Echelon, dann dass sie auch Amis abhören. Das Nato-Stay-Behind-Netzwerk war Verschwörungstheorie. Dass die Polizei Undercover-Cops als Provokateure einsetzt, um einen Vorwand zu schaffen, Demonstranten plattzuprügeln, war lange Jahre eine Verschwörungstheorie. Dass auch der Westen unsere Post gelesen hat, nicht nur der Osten, war jahrelang Verschwörungstheorie. Dass die CDU sich über Schwarzgeld finanziert. Dass Atomkraftwerke gefährlich sind und in die Luft fliegen können. Dass in Militärlabors Krankheitserreger tiefergelegt werden, für höhere Tödlichkeit, zum Einsatz im Krieg. Dass Regierungen Gehirnwäsche-Programme haben. Bewaffnete Raumstationen. Orbitale Laserwaffen. Dass Entwicklungshilfe Industrieförderung ist. Dass vorgeblich humanitäre Kriege tatsächlich aus handfesten imperialistischen Gründen wie Ölrechte geführt werden. Hey, sogar dass der Westen in fernen Ländern an Putschen beteiligt ist, war mal nur eine Verschwörungstheorie. Oder dass Geheimdienste Drogen schmuggeln.
So langsam werden die Theorien knapp, die sich noch nicht als wahr herausgestellt haben. Was kommt als nächstes? Queen Elizabeth ist wirklich ein außerirdisches Reptil?!
Aber die größte kognitive Dissonanz tut sich gerade zwischen "wir hören seit Jahren insgeheim die gesamte Bevölkerung ab" und "Bradley Manning muss wegen Verrats lebenslänglich ins Gefängnis, weil er der Presse die Wahrheit verraten hat" auf, finde ich. Wie die ihr Abhör-Programm mit der gleichen "das ist für die nationale Sicherheit"-Floskel begründen wie ihr Verhalten gegenüber dem Manning. Stellt euch mal vor, der Manning hätte das NSA-Schnüffelprogramm verraten. Was die wohl mit dem machen, der dieses Dokumente dem Guardian zugesteckt hat?
Die Russen haben das übrigens schon seit Jahren gesagt, dass die NSA alle abhört. Hat ihnen keiner glauben wollen.
Und wisst ihr was? In ein paar Wochen wird das nahtlos zu "haben wir doch schon immer gewusst, dass die Amis das machen" übergehen. Wie es auch bei Echelon war. Und der Existenz der NSA. Erst "du bekloppter Verschwörungstheorietiker", dann kommen Beweise raus, und dann, nahtlos, haben es alle schon immer gewusst. Achtet mal drauf. Niemand wird sich in ein paar Wochen noch daran erinnern können, andere Leute als Verschwörungstheoretiker abgetan zu haben, weil sie behauptet haben, die NSA höre auch Amerikaner ab. Aus unserer Sicht in Europa kann das ja eh wurscht sein, dass wir alle abgehört werden ist ja schon seit den 80er Jahren keine Verschwörungstheorie mehr.
Update: Habt ihr übrigens auch gesehen, dass die betroffenen Firmen das alle dementieren? Lolwut?
Und das war für mich auch der spannenste Teil an diesen NSA-Leuten und was sie zu sagen hatten. Die haben da 30-40 Jahre in diesem Umfeld gearbeitet, waren im SIGINT- und Datenbankauswerungsbereich tätig. Wenn jemand sehen kann, was das für eine massenhaften Verletzung von Menschenrechten ist, dann die. Und doch machen die da jahrelang mit. Ich hatte mir ja gedacht, wenn die da auf der Bühne stehen, dass die sich dann vielleicht ein "tut mir leid" oder so abringen können, denn Deutschland ist selbstverständlich auf der Liste der Länder, die die NSA abhört. Aber im Gegenteil hatte ich besonders bei dem ersten Whistleblower den Eindruck, dass dem gar nicht klar ist, dass er gerade nicht in den USA ist sondern in einem anderen Land, und während er sich auf der Bühne über die Ungeheuerlichkeit aufregt, dass Amerikaner jetzt abgehört werden, spricht er das Detail nicht an, dass alle im Publikum schon mehrere Dekaden lang auf der Liste standen, und weiterhin stehen. Soviel Empathie hatte ich erwartet. Selbst wenn man den Überwachungsstaat abschaltet, den die da kritisieren, dann wären wir Deutschen ja weiterhin Ziel für die "strategische Aufklärung", wie das ja auch der BND mit den Amis macht, und das ist selbstverständlich genau so verwerflich.
Aber in diese Richtung kam nicht der leisteste Anflug. Das war ein Niveau an kognitiver Dissonanz, das mich schockiert hat. Immerhin haben die ja persönlich jeweils mehrere Jahre lang Repressalien über sich ergehen lassen müssen, und wissen aus erster Hand, was das für Leute sind, die da die Finger auf den Daten haben — auf unseren Daten! Dass die Daten von ihren Freunden und Nachbarn da jetzt auch bei sind, das ist ein neues Phänomen. Aber das war das einzige, was sie daran aufregte.
Das wäre nicht so schockierend gewesen, wenn die da nicht so eine Indignation an den Tag gelegt hätten. WIE KÖNNEN DIE ES WAGEN, unsere Daten abzuhören!1!! Und sie beziehen sich neben US-Gesetzen auch ausdrücklich auf die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen. Aber den Schritt, dass die Menschen in anderen Ländern ja auch Menschenrechte haben, den ging da niemand.
Sehr beunruhigend. Gar nicht wegen dieser konkreten Leute, sondern zu sehen, wie sehr man sich da in eine gedankliche Ecke manövrieren kann, und beunruhigende Gedanken wie "meine ganze Karriere lang habe ich für diese Menschen gearbeitet" ausklammern kann. Und ich muss annehmen, dass mir das genau so ginge in deren Situation. Das ist der Aspekt, den ich am beunruhigensten finde an der Chose.
Der zweite NSA-Sprecher schein sich sogar im Kern gar nicht über die moralischen Probleme aufzuregen, sondern über die Vetternwirtschaft und ineffiziente Ressourcennutzung bei der Vergabe von Aufträgen. Die seien alle so inkompetent, sein Team habe das damals einfach machen können, aber man habe sie nicht gelassen, und jetzt koste das alles viel mehr und würde trotzdem nicht fertig. Man kann sich seine Whistleblower nicht aussuchen, aber das fand ich sehr ärmlich.
Nun, äh, Tavis Ormandy hat sich nochmal Sophos angeguckt. Die Ergebnisse sind branchentypisch. Ich zitiere mal aus der Einleitung:
Many of the vulnerabilities described in this paper could have been severely limited by correct security design, employing modern isolation and exploit mitigation techniques. However, Sophos either disables or opts-out of most major mitigation technologies, even disabling them for other software on the host system.
Da bleibt kein Auge trocken. Ich sage das ja seit Jahren, dass die Installation von Antiviren die Angriffsoberfläche erhöht statt sie zu senken. Ich meinte das aber eher im Sinne von "da ist eine Tonne von Parser-Code drin", dass Antiviren tatsächlich für andere Anwendungen ASLR abschalten, das ist selbst für die Snake-Oil-Branche bemerkenswert schlecht.Hier noch ein Zitat vom Ende des Papers.
In response to early access to this report, Sophos did allocate some resources to resolve the issues discussed, however they were clearly ill-equipped to handle the output of one co-operative, non-adversarial security researcher. A sophisticated state-sponsored or highly motivated attacker could devastate the entire Sophos user base with ease. Sophos claim their products are deployed throughout healthcare, government, finance and even the military.
"I really worry about everything going to the cloud," he said. "I think it's going to be horrendous. I think there are going to be a lot of horrible problems in the next five years."He added: "With the cloud, you don't own anything. You already signed it away" through the legalistic terms of service with a cloud provider that computer users must agree to.
"I want to feel that I own things," Wozniak said. "A lot of people feel, 'Oh, everything is really on my computer,' but I say the more we transfer everything onto the web, onto the cloud, the less we're going to have control over it."
Für Israels Premier Netanjahu sind die Drahtzieher klar: "Iran ist der größte Terrorexporteur der Welt."Klar, die ganzen verunfallten Nuklearwissenschaftler im Iran, das war kein Terrorismus, das war, äh, Altersschwäche! Die haben sich bestimmt totgelacht!1!!
Und wie im Sandkasten ist keiner bereit, als erster auf Terror zu verzichten. Und beide sind sich sicher, dass Gott auf ihrer Seite ist.
Die Kernaussage war: das BMI hat ja weder technisch noch juristisch die Kompetenz, so einen Trojaner zu machen, zu beurteilen oder auch nur eine Spec zu schreiben. Da sei "die Community gefragt". Oh und wir haben ja eine sehr gut funktionierende Demokratie, weil ja die gemachten Fehler vom CCC augedeckt wurden.
Da braucht man kein Brechmittel mehr. Schwarz-Geld, denn sie wissen nicht, was sie tun!
"They love me. All my people with me, they love me," he said. "They will die to protect me, my people."
Ich fange an zu verstehen, wieso unsere Politiker zu dem gehalten haben. Die kognitive Dissonanz und Realitätsferne einte sie.
"Qualität hat ihren Preis", erinnerte sie und forderte damit indirekt zu einem Mentalitätswechsel auf - weg vom "Geiz-ist-geil-Denken". Die Menschen müssten lernen, "den Wert von Lebensmitteln besser zu schätzen". Allerdings müssten Lebensmittel sicher und bezahlbar zugleich sein.Aha. Äh. Gut, dass wir das mal geklärt haben. *kopfkratz*
Wir reden hier von Smartphones, die üblicherweise eh alle zwei-drei Jahre getauscht werden. Die nächste Generation kann dann auch webm. Bis dahin kostet das ein bisschen mehr Batterie, wenn man sich Webfilmchen anguckt. Unschön, aber ohne Leidensdruck wird halt nichts besser im Leben.
Übrigens finde ich ja den eigentlichen Vorteil von Webm gar nicht so sehr den Videocodec, sondern dass das endlich mal Vorbis breit in den Markt drückt. Vorbis ist seit vielen Jahren der überlegene Audiocodec, und zwar sowohl für Stereo als auch für Multichannel. Es supported nur niemand, weil es keinen Leidensdruck gab. Wenn der jetzt endlich dank Webm kommt, gewinnen wir alle. Meine CD-Sammlung habe ich seit Jahren als Vorbis zum mit mir rumtragen abgelegt, und das belegt so ca die Hälfte des Platzes, den man bei mp3 brauchen würde. AAC fällt aus, weil die Encoder alle scheiße sind, und wegen der Patentsituation natürlich. Wenn die Endgeräte alle Vorbis unterstützen, damit Webm geht, dann könnt ihr auf euren Mobilgeräten auch plötzlich doppelt so viel Musik ablegen wie bisher. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!
Ich kann den Hype mit mobilem Video eh nicht nachvollziehen. Wenn ich Video gucke, dann will ich das auch genießen, und brauche dafür einen richtigen Monitor. Also größer Netbook meine ich damit. Schon Notebook-Monitore sind im Grunde zu klein. Ich habe für mich keinerlei Bedarf daran, längere Videos auf einem Mobilgerät zu gucken. Vielleicht mal einen drei-Minuten-Clip, den man selber aufgenommen hat, oder ein bisschen Youtube-Klicken, aber längere Videos? Sicher nicht!
Insofern halte ich das Argument mit den Mobilgeräten für vorgeschobenes Zähneknirschen von Apple-Apologeten, die sich mal wieder auf der technologisch schlechteren Seite finden und kognitive Dissonanz haben. Durch die "PowerPC ist aber die bessere Architektur" 2.0 Phase müssen wir jetzt halt durch, bis Apple auch auf Webm umsteigt.
Oh und das Detail, dass die mobilen Endgeräte gar nicht das volle H.264 sprechen sondern nur das Baseline-Profil, das hatte ich ja schon erwähnt. Das ist also eh Augenwischerei, die Behauptung, dass die mobilen Endgeräte ja H.264 können.
Eine Anfrage von EU-Parlamentariern ihrer eigenen Fraktion der Liberalen hat EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in die Bredouille gebracht. Sie musste versuchen zu erklären, warum sie das Sperren illegaler Inhalte im Web etwa in der Türkei oder im Kampf gegen Terrorpropaganda unter Hinweis auf prinzipielle Gründe ablehnt, bei Kinderpornographie aber befürwortet.Und wird noch besser:
Die Abgeordneten Sophia in't Veld, Alexander Alvaro und Marietje Schaake wollten von der Ressortchefin vor allem wissen, wieso die Kommission auf Basis einer "fundierten juristischen Analyse" Web-Blockaden unter Berufung auf die Europäische Menschenrechtskonvention "wahrscheinlich als rechtswidrig" eingestuft habe. In dieser Einschätzung habe es geheißen, dass es schwierig sei, die Notwendigkeit einer entsprechenden Maßnahme nachzuweisen. Nutzer würden schließlich selten auf illegale Inhalte stoße. Zudem bestünden so viele Umgehungsmöglichkeiten, dass der Ansatz nicht zweckmäßig und so unzulässig sei.No shit, Sherlock!
Ein besonderer Schenkelklopfer ist beim ehemaligen Nachrichtenmagazin rausgekommen, wo rechts steht:
Bundespolizei-Chef warnt vor extremer Terror-Gefahrund links machen sie Werbung für ihre neue Printausgabe mit dem gran-di-osen Titel "Der Hetzer" über Göbbels. Merkt da jemand mal was? Nein! Es geht noch weiter! Unten auf dem Titel kommt die Aufschrift "Was wirklich hinter den Warnungen steckt". Angesichts der Überschrift "Der Hetzer" klingt das ja nach einer Ankündigung einer umfangreichen Widerlegung der Terrorpanik, aber im Inhaltsverzeichnis daneben findet man dann doch nur wieder Terrorpanikwarnungen und eben Hetze. So, meine Damen und Herren, sieht kognitive Dissonanz aus. Wenn man so ein Banner unter so einen Titel klebt und dann Terrorpanikhetze verbreitet. Und das nicht merkt.
It all fits with a pattern of behaviour where people evangelise to strengthen their own faltering beliefs.Their study also casts the acts of advocates in a different light. They might be outwardly trying to change the minds of other people but their actions could be equally about bolstering their own beliefs.
Die Beobachtung ist ja schon ziemlich alt, dass Missionare häufig sich selber überzeugen wollen, gar nicht so die anderen. Das ist eher ein Seiteneffekt. Aber jetzt gibt es das halt auch mal als wissenschaftliche Studie.Ich finde das vor allem wichtig, wenn man gerade von jemandem missioniert wird. Dann muss man daran denken, dass das üblicherweise nur so aussieht, als sei der sich seiner Sache sicher, in Wirklichkeit zerfällt das alles unter seinem Eigengewicht, wenn man ein paar peinliche Fragen stellt. Das war ja schon immer so, dass man schlaue Leute daran erkennt, dass sie sich ihrer Sache eben nicht völlig sicher sind. Je mehr man weiß, desto mehr weiß man, wie viel man noch nicht weiß. Siehe auch: Dunning-Kruger-Effekt. (Danke, Konrad)
In diesem Kontext empfiehlt sich diese launige Berichterstattung in einem regionalen Blog zu einer CDU-Veranstaltung, bei der genau das geschicht. Hoher Besuch ist angereist und redet sich um Kopf und Kragen. Natürlich wissen die das auch selber, von früheren ähnlichen Veranstaltungen, daher gibt es mit der Presse einen Deal. Die Parteilinie wird der Presse vorher gesteckt, die schicken dann pro forma einen Reporter hin, der die Schnittchen mampft und den Schaumwein trinkt und sich dann nach 10 Minuten gepflegter Langeweile aus dem Staub macht und den Kram abdruckt, den man vorher von der Pressestelle der CDU reingereicht bekommen hat.
Wie wunderbar ein solcher Abend werden kann, möchte ich mal anhand eines Kurzzitates illustrieren:
Knapp 30 Gäste sind gekommen. Die meisten männlich und alt und ergraut. Und keiner dieser Gäste versteht, was Herr Wacker da vorne so von sich gibt. Das wird sich bei der Rede von Herrn Hauk später nicht ändern. Der erzählt irgendwas von “Verkehrsknoten” und “Brügge” und vergleicht den “Abstieg” Brügges im Mittelalter mit einem möglichen Abstieg Stuttgarts aktuell, um dann wieder zu sagen, es gehe ihm überhaupt nicht um Stuttgart und der Norden Baden-Württembergs (also Hirschberg) habe nichts davon, würde aber trotzdem insgesamt verlieren, und dass es um “alles” gehe.Da sieht man doch im Geiste den lamentierenden Herrn Hauk live vor sich!
Und das Publikum haben auch wunderbare Verschwörungstheorien im Handgepäck:
“Es gibt eine Menge Geheimunterlagen, die die Grünen haben, aber nicht mal die Landtagsabgeordneten.”O RLY? (Danke, Florian)
Während die anderen Parteien aufgeregt mit ihrem Profil experimentieren, geben sich die Ex-Öko-Rebellen zuverlässig und diszipliniert. Künast und Co. bedienen die deutsche Sehnsucht nach konservativen Werten.Na da bin ich ja mal gespannt, ob die jetzt auch böse Mails von Grünen-Wählern kriegen, die auf die Rhetorik reingefallen sind und mit ihrer kognitiven Dissonanz kämpfen.
In dem Interview merkt man sehr schön die kognitive Dissonanz des Richters, der betont, er habe neulich erst, vor seiner Pensionierung, einen jungen Mann zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt, weil er einen Pflasterstein auf ein Polizeiauto geworfen hat. Und heute kriegt er selber einen Wasserwerfer ab und sieht, dass die Polizei wieder einen vom Pferd lügt von wegen angeblich geworfener Pflastersteine. Den letzten Schritt geht er noch nicht, dass er dann auch mal die anderen Ansagen der Polizei in Frage zu stellen.
*Maybrit Illner*: "Die Frage lautet natürlich auch, ob wir mit demDa war wohl der Zensor pinkeln. Oops.
schönen Wahlkampfslogan "Mehr Netto vom Brutto", nicht damit dann auch
mehr als eine erste Wahlkampflüge definiert haben?"*Philipp Rösler:* "[…] es geht darum, dass die Menschen mehr netto
bekommen, nicht um mehr Konsum zu betreiben, sondern damit sie die
finanzielle Möglichkeiten haben, um die finanziellen Sicherungssysteme
Rente, Gesundheit, und Pflege zu stabilisieren. Damit damit die
Lohnzusatzkosten sinken können, oder stabil bleiben können, und wir
damit Wachstum und Beschäftigung bekommen. Das ist der
ordnungspolitische Gedanke damit sie die Sozialsicherungssysteme mit
stabilisieren können und damit sie auch selber entscheiden können, ob
und wenn ja in welcher Form sie in die Sozialversicherungssysteme
einbezahlen. Aber sie brauchen die Sicherungssysteme, sonst könnte
unser System insgesamt nicht funktionieren."
Also fassen wir zusammen: Schwarz-Geld möchte die Steuern senken (obwohl wir jetzt schon ein Defizit fahren), damit ihr mehr Geld habt, das ihr dann nicht in die (eh schon defizitären) staatlichen Sicherungssysteme einzahlt, sondern der Privatwirtschaft gebt, die Schwarz-Geld den Wahlkampf gespendet hat. Merke: bis hier habt ihr noch genau 0 € mehr in der Tasche. Ihr habt es nur dem Staat weggenommen und den superreichen FDP-Mitgliedern aus der "Versicherungsbranche" gegeben. Immerhin, deren Rente ist damit gesichert.
Und was macht ihr mit den 0 €, die ihr zusätzlich zur Verfügung habt? Damit bekommen wir Wachstum und Beschäftigung! Vermutlich meint er bei den superreichen FDP-Mitgliedern aus der "Versicherungsbranche".
Das Geld, das wir den staatlichen Sicherungssystemen wegnehmen, führt dann dazu, dass die stabilisiert werden. Das leuchtet ja auch ein, oder nicht? Was könnte stabiler sein als ein toter Patient?
Also wenn euch DAS nicht von der wirtschaftlichen Kompetenz von Schwarz-Geld überzeugt, dann weiß ich auch nicht!
Wer mir nicht glaubt, dass dieser Rösler SO inkompentent ist, für den gibt es auch noch das Video in der Mediathek. Da versteht man dann auch schlagartig, wieso Schwarz-Geld das Archiv der öffentlich-rechtlichen zeitlich beschränken will.
Es ist auch sehr witzig, der Illner bei ihrer kognitiven Dissonanz zuzugucken, als sie sich nicht zurückhalten kann, da nochmal nachzufragen, weil das so derartig offensichtlicher Schwachsinn war. Vielleicht ist die doch fehlbesetzt beim ZDF. Die denkt noch zuviel. (Danke, Ronny)
Der Test mit diesem Gerät ist auch möglich geworden, weil wir sichergestellt haben, dass drei Grundvoraussetzungen erfüllt sind: gesundheitliche Unbedenklichkeit, Wahrung der Persönlichkeitsrechte und ein Mehrwert für die Luftsicherheit.Zumindest das mit der gesundheitlichen Unbedenklichkeit stimmt wohl, sonst wäre das jetzt eine Hattrick-Lüge gewesen.
Update: Wobei es auch da Zweifel gibt, ob die nicht doch gesundheitsschädigend sind.
Das ist natürlich auch kognitive Dissonanz. Der wäre halt gerne frei und nur dem Gewissen verpflichtet gewählt worden :-)
Übrigens gibt es Gerüchte, dass unter den Dissidenten auch amtierende Minister waren, weil die Merkel sich da gerade echt Feinde gemacht hat mit dem Sparpaket. Keine Ahnung, wieviel da dran ist. Aber die Vorstellung gefällt mir.
Ich erwähne das jetzt, weil ich gerade kognitive Dissonanz habe. Im Fernsehen läuft eine Diskussionsrunde mit lauter einigen an sich intelligenten, gebildeten und klugen Menschen, und die debattieren über Köhler, und keiner von denen stellt auch nur in Frage, ob der Köhler wirklich wegen dieser Äußerung zurückgetreten ist.
Das finde ich nicht nur deshalb bemerkenswert, weil das eine so offensichtliche Frage ist, sondern auch weil die Mainstream-Medien in ihren Kommentaren unisono geschrieben haben, dass das kein glaubwürdiger Rücktrittsgrund ist, dass wegen so einer Lappalie noch nie jemand zurückgetreten ist. Aber keiner folgert daraus, dass das nur eine Ausrede war?! Das kann doch nicht sein, dass die alle so weggetreten sind!? Insbesondere von Gertrud Höhler bin ich enttäuscht, die habe ich mal für eine kluge Person mit Durchblick gehalten.
Mir kommt das gerade alles ein bisschen vor wie der alte Witz, "was heißt hier ein Geisterfahrer? Hunderte!". Werde ich gerade zum Opfer meiner eigenen Verschwörungstheorien? Ist das nicht so offensichtlich wie ich glaube, dass die Ausrede für Köhlers Rücktritt vorgeschoben ist?
Auf der anderen Seite ist das ja genau die Aufgabe der Massenmedien. Den Leuten den Eindruck vermitteln, sie seien allein mit ihren Zweifeln, und alle anderen glauben der offiziellen Geschichte. Es ist erschreckend, wie gut das wirkt.
Und was wir in diesen Experimenten finden, ist, dass Sie diesen Konflikt hinter sich lassen können, dass sich den sozusagen einfach abwaschen können.Da frage ich mich natürlich, ob das auch umgekehrt funktioniert, ob man so Rückschlüsse über Leute ziehen kann, die sich häufig die Hände waschen.[…]
Wenn sie sich die Seifenflasche nur ansehen, dann sehen unsere Ergebnisse so aus wie in Hunderten von Dissonanzexperimenten zuvor: Sie finden die Marmelade, die sie gewählt haben attraktiver als die, die sie nicht gewählt haben. Sobald sie sich allerdings die Hände waschen und die Seife auf diese Weise testen, sieht es so aus, als ob sie alle ihre Konflikte weggewaschen hätten und sie kein Bedürfnis mehr haben, nun die gewählte Marmelade als so viel besser zu sehen als die nicht gewählte Marmelade. Sie können also sozusagen die Dissonanz wegwaschen und sich die kognitive Arbeit der Rechtfertigung sparen.
Der Einsender rät mir außerdem, Apple-Kunden eine bessere Hygiene nahezulegen, aber das wäre ja fies und gemein, sowas würde ich NIE machen!1!! (Danke, Markus)
Und wie weit dann die Selbstverarschung gehen kann, das illustriert dieses Video hervorragend. Es handelt sich um einen angesehenen japanischen Meister der Kampfkunst. Der betreibt eine Schule mit 100-200 Schülern. Er glaubt an Kraftübertragung per Chi. Gruppendynamik sorgt dafür, dass ein neuer Schüler, der die anderen Schüler unter den unsichtbaren Schlägen des Meisters zusammenbrechen sieht, auch glaubt, dass da was dran sein muss. Schließlich hat er ja Mühsal auf sich genommen, um an dem Kurs teilnehmen zu dürfen, das kann also nicht vollständig Betrug sein! Und so kommt es, dass die Schüler alle glauben, das sei echt. Und der Meister, der hat ja de Beweis vor sich, der ist auch davon überzeugt, dass das echt ist.
Dieser Meister hat irgendwann 5000 Dollar ausgesetzt, für denjenigen, der ihn schlagen kann. Und da kam dann eines Tages ein MMA-Kämpfer und hat die Wette angenommen, und der hat den Boden mit dem Meister gewischt. Weil die magischen Chi-Kräfte nicht gewirkt haben bei ihm.
Spannenderweise gibt es das nicht nur bei den Japanern, falls das jetzt jemand für kulturell bedingt hält. Hier z.B. gibt es eine ähnliche "Technik" beim russischen Militär.
Und das müsst ihr euch immer vor Augen halten, damit ihr das bei euch selber erkennen könnt. So funktionieren auch IT-Grossprojekte. Jetzt haben wir schon so viel Geld investiert, das kann doch nicht alles völlig verplempert sein, sonst hätten wir das doch nicht gemacht!1!! Also: mehr Geld hinterherwerfen.
Oh und damit das auch ganz klar ist: die sind nicht doof. Ihr würdet in der selben Situation genau so handeln, und es würde euch völlig rational erscheinen.
Was wir hier gerade beobachten ist ein klassischer Fall von Kognitiver Dissonanz. Die kriegen ihr Weltbild nicht mit der Realität vereinbart und kommen jetzt mit zunehmend bizarren Erklärungen, um über den Widerspruch hinwegzukommen. (Danke, Mathias)
Dann kommen diverse Strohmänner, die die Aussage angreifen, der Mensch sei (haupt-)ursächlich an der Klimaveränderung schuld. Das habe ich nie gesagt. Meines Wissens besteht auch daran kein wissenschaftlicher Zweifel, nur damit mich jetzt keiner falsch versteht. Aber wer mich für Aussagen beschimpft, die ich nie gemacht habe, ist bei mir sofort für alle Zeiten untendurch, der muss gar nicht mehr versuchen, mir jemals wieder eine Mail zu schicken. Das ist eine der schnellsten Methoden, sich lebenslang zu disqualifizieren.
Also, Leute. Was euch da gerade passiert, das ist ein klassischer Mechanismus des menschlichen Gehirns. Das ist medizinisch untersucht und wird einem im Psychologiestudium im 1. Semester erklärt. Das Gehirn denkt nur partiell vor dem Handeln darüber nach, was für eine Handlung es gleich tun wird. Stattdessen redet das Gehirn uns das nur ein, dass das alles geplant war, und das ist ja auch die viel schönere Vorstellung. Wer will sich schon selber als nach Reflexen handelnden Roboter sehen, der seine Taten nicht vorher durchdenkt sondern nur rückblickend rechtfertigt. Tatsächlich ist ein Großteil unserer Handlungen schlicht Reflex oder Kurzschlußhandlung, und das Gehirn erklärt dann nach der Handlung, warum wir das gerade getan haben.
Der Effekt ist sogar noch spannender als das. Wenn das Gehirn ein paar Mal beobachtet hat, wie es etwas bestimmtes getan hat, ändert sich die Einstellung der Person so, dass die Tat rückblickend passt. Wenn jemand also ein paar Mal schwarzfährt, legt sich sein Gehirn erst eine Entschuldigung zurecht, wieso das rational und gut war, und fängt dann bei Wiederholung an, das zur generellen Strategie zu machen. Man könnte es professionelles Selbstbelügen nennen.
Was hat das mit Leugnern der Klimaveränderung zu tun? Sie fallen genau auf diesen Mechanismus herein. Wer sich einmal auf die falsche Handlungs-Straße begeben hat, dessen Gehirn arbeitet ab dann auf Hochtouren daran, die Handlungen rückblickend in Konsonanz mit seinen anderen Gefühlen und Einstellungen zu bringen. Erstens, wenn jemand zwanzig Jahre ein Auto hat, dann ist es für denjenigen besonders schwierig, die Idee mit seiner Erfahrung in Konsonanz zu bringen, dass Autofahren schlecht für die Umwelt ist. Genau so ist es bei Rauchern.
Natürlich gilt das auch umgekehrt. Nachdem ich mich davon überzeugt habe, dass CO2 ein Treibhausgas ist, und Geld für Solarzellen ausgebe oder mich in meinem Blog aus dem Fenster gelehnt habe, wäre auch für mich eine Kurskorrektur besonders schwierig. Bei mir äußert sich das so, dass ich echte, tatsächliche, nachprüfbare, wissenschaftliche Beweise brauche, dass CO2 kein Treibhausgas ist. Nicht einmal die Aussage, dass andere Treibhausgase schlimmer sind, würde mich überzeugen, weil dann immer noch gelten würde, dass wir auch gegen CO2 vorgehen müssen.
Das, was jeder für sich verstehen muss, ist: auch für mich gilt dieser Mechanismus. Auch ich tue irrationale Dinge, und mein Gehirn rechtfertigt das dann danach mir gegenüber.
Und wenn man das verstanden hat, muss man sich selbst bei jedem seiner Argumente fragen, ob das jetzt eigentlich ein rationales Argument ist oder nur für mich gerade so aussieht, weil mein Gehirn es erfunden hat und es mir gegenüber daher grundsätzlich als rational erscheinen läßt.
Leider geschieht das nicht oder kaum. Mir mailen Leute z.B. Dinge zu, die beweisen sollen, dass auch die Klimaforscher mit Leuten von den Ölkonzernen zusammenarbeiten. Für denjenigen, der mir das gemailt hat, was das bestimmt ein total rationales Gegenargument gegen die Verschwörungstheorie, dass Big Oil uns für ihre kurzfristigen Profite in den Klimatod schickt. Die eigentliche Frage, ob nämlich CO2 ein Treibhausgas ist, und wir den Ausstoß reduzieren sollten, um die Lage nicht noch schlimmer zu machen, oder ob wir nicht sogar CO2 aus der Luft ziehen sollten, um unsere bisherigen Emissionen rückgängig zu machen, ist von diesem scheinrationalen Metaargument völlig unberührt. Und bei mir kommt sowas daher an wie ein völlig verwirrter Kläffer, der gerade mit seiner kognitiven Dissonanz kämpft.
Ein anderer schrieb mir, dass das doch nur gut für Big Oil ist, wenn CO2-Emissionen teuer werden, weil dann Öl teuer wird. Das könnt ihr euch ja mal selber überlegen, ob mich dieses Argument überzeugt haben wird oder nicht.
Dann gab es noch Zuschriften, die mir erklären wollten, dass der ganze Klima-Hokuspokus doch nur eine Strategie der 1. Welt sei, um die 3. Welt kleinzuhalten. Aha. Und … deshalb senken wir jetzt unsere Emissionen lieber doch nicht, oder wie?
Einer schrieb mir sogar, dass EM-Strahlen von Handymasten doch auch die Erde erwärmen würden.
Also, nochmal langsam zum mitschreiben. Versteht, wie euer Gehirn funktioniert. Lest euch noch mal diese Vortragsfolien und den Wikipedia-Artikel durch und reflektiert da mal in Ruhe drüber. Klickt auch die Links, insbesondere den hier. So funktionert unser Gehirn. Und ja, das wird auch aktiv gegen uns eingesetzt, um uns Produkte zu verkaufen. Lernt das. Das ist wichtig. Um nicht zu sagen: wenige Erkenntnisse über uns selber sind so wichtig wie diese.
Und in Zukunft, bevor ihr mir Mails schreibt, die mich mit nicht überzeugenden Argumenten zu überzeugen versuchen: lest euch die Mails nochmal selber durch, und überlegt euch in Ruhe, ob ihr mir da wirklich gerade in überzeugendes Argument mitteilt oder nicht. Das kann man selber herausfinden und erkennen, aber man muss aktiv Aufwand dafür treiben. Das Gehirn selber findet die Argumente natürlich völlig rational, wenn man sie nicht noch mal hinterfragt.
Update: Jetzt kommt gerade die eine Zuschrift, wo mich jemand wütend beschimpft, weil sie glaubt, meine Ausführungen zum Funktionieren des Gehirns hätten das Ziel, ihr eine Geisteskrankheit zu unterstellen. Wow. Da sieht man mal, dass es allerhöchste Eisenbahn war, das Thema hier mal anzusprechen. Im Übrigen, um das noch mal klar zu sagen: das ist nicht Fefes Verschwörungstheorie zum Gehirn hier gerade, das ist die wissenschaftliche Erkenntnis. Ihr sollt mir das nicht glauben, ihr sollt das nachrecherchieren, und daraus Erkenntnis über euch und euer Gehirn gewinnen.
Update: Schöner Cartoon zum Klimawandel
Relevanz ist doch aber wichtig, weil sonst Oma Marta einen Artikel zu ihrem Hund reinstellen würde, und wo kämen wir dann hin. Und wie ist das mit den Pokemons? Die haben wir reingelassen, und jetzt sehen wir ja, was wir davon haben! Da kommen jetzt Leute und wollen zu jedem Pokemon eine eigene Seite! Zu jedem! Eine eigene Seite!!
An der Stelle kommt von mir dann gewöhnlich die Frage, was denn daran so schlimm wäre. Ich kann das auch ernsthaft nicht nachvollziehen, wo da das Problem ist. Wenn wir uns einig sind, dass die Seiten unrelevant sind, wem schaden sie dann? Dann klickt doch eh keiner drauf, wenn sie unrelevant sind. Dann kann da auch unwichtiger Kram stehen.
Wegen der Relevanzkriterien möchte ich mal ein konkretes Beispiel nennen. Über das Artikelsterben habe ich vor ein paar Tagen gesehen, dass es einen Löschantrag für Adämonisten gibt. Inzwischen steht da, es handele sich um einen Urheberrechtsverstoß. Gut, das ist eine Sache, die ich als Grund akzeptiere. Aber vor ein paar Tagen standen da drei Zeilen Text. Wenn ich mich recht entsinne, entsprach der Text weitgehend der Wortdefinition auf dieser Seite. Ich finde diesen Eintrag ein tolles Beispiel für Relevanzdiskussionen. Es handelt sich hier um einen Begriff, der von Wissenschaft und Ratio nicht weiter entfernt sein könnte, und bei dem Quellenangaben sinnlos sind. Es geht um Vampire, Dämonen und Astralkörper. Völliger Mumpitz also in meinem Weltbild. Trotzdem wäre diese Definition des Begriffes genau das, was ich dazu in der Wikipedia erwarten würde. Mein Benutzungsmuster für die Wikipedia ist, dass ich irgendwo auf ein Wort treffe, das ich nicht kenne oder bei dem mein Verständnis der Wortbedeutung in dem Kontext keinen Sinn hat. Dann laufe ich zur Wikipedia und gucke nach. Und wenn ich dort die obige Definition finde, hat mir die Wikipedia geholfen. Und zwar deutlich mehr, als wenn jemand für mich entschieden hat, dass Adämonisten Mumpitz ist und in der Wikipedia nichts verloren hat. Denn, bei aller Freundschaft, diese Entscheidung kann und will ich selber treffen. Genau wie ich nicht möchte, dass meine Regierung für mich entscheidet, welche Nachrichten oder Bücher für mich relevant sind. Und, mal unter uns, wenn da was von Astralkörpern, Vampiren und Dämonen steht, dann brauche ich nicht eure Hilfe, um das als das zu erkennen, was es ist. Als Mumpitz.
Diese Runde endet dann gewöhnlich an der Stelle. Wikipedianer hatten an der Stelle bisher immer kognitive Dissonanz. Das ist eine Frage des Weltbildes. Im Wikipedia-Weltbild ist das ein Axiom, dass es schädlich ist, wenn unrelevante Artikel in der Wikipedia sind. Niemand kann ernsthaft der Meinung sein, dass das kein Problem sei. Wenn wir uns dann physisch gegenübersitzen und man an unserer Körpersprache erkennen kann, dass wir das ehrlich nicht für ein Problem halten, kollidieren Weltbild und Realität und kognitive Dissonanz setzt ein.
Nun ist ja nicht unerforscht, was in so einem Moment im Gehirn geschieht. Wenn man eine Kollision zwischen Weltbild und Realität hat, dann ist das meistens dadurch ausgelöst, dass man gerade einen Fehler gemacht hat. Das Gehirn fängt dann an, rückwirkend Erklärungen zu finden, warum man das gerade gemacht hat. Ähnliche Mechanismen treten an der Stelle üblicherweise in Kraft, und es kommen progressiv weniger überzeugende Argumente, wieso das schlecht wäre. Häufigstes Argument ist bisher, dass dann ja jeder Werbung reinstellen könnte, und dann würde Wikipedia ja zu einer kostenlosen Werbeplattform verkommen, und die Spender wären sauer, dass mit ihren Spenden eine Werbeplattform finanziert würde. Das Argument klingt ja erstmal ganz gut, aber es ist ein Strohmann. Denn wir sagen ja nicht, dass der Inhalt eines Lemmas nicht relevant sein muss. Wir sagen nur, dass für das Lemma selbst keine oder sehr lasche Relevanzkriterien gelten sollten. Wenn jemand Werbung oder Falschaussagen zu einem Lemma ins Netz stellt, dann sollen die natürlich weiterhin entfernt oder NPOV-konform umformuliert werden. Das ist ein orthogonales Problem. Aber gut, das ist letztlich eine Frage, bei der man geteilter Meinung sein kann.
Der Punkt, auf den ich die ganze Zeit eigentlich hinaus wollte, ist dieser: Als nächstes (und letztes) kommt dann, wir sollen doch mal konstruktive Gegenvorschläge machen.
Ich (oder wir, denn normalerweise bin ich ja nicht alleine in solchen Debatten) hole dann immer meine Liste raus. Wir haben eine längliche Liste von Vorschlägen erarbeitet. Wir haben sie gebloggt. Ich habe Vorschläge gebloggt. Frank hat sie gebloggt. Kris hat Vorschläge gebloggt. Pavel hat Vorschläge gebloggt. Wir haben uns alle gegenseitig verlinkt. Wir sind von diversen anderen Blogs und von Zeitungen verlinkt worden. Wir haben eine Radiosendung gemacht, wo wir zwei Stunden lang unsere Vorschläge vorgestellt und darüber geredet haben. Wir (also meine Freunde, nicht ich) sind zu diesem Wikimedia-Treffen gegangen und haben dort versucht, unsere konstruktiven Vorschläge zu thematisieren. Daher hatten wir noch nie Schwierigkeiten, unsere Vorschläge zu bringen. Normalerweise endet das Gespräch dann. Und heute ist es mir beim Reflektieren wie Schuppen von den Augen gefallen. Keiner hat darauf jemals eine Antwort erwartet!
Lasst mich das in einem neuen Absatz nochmal hinschreiben.
Die Frage nach konstruktiven Gegenvorschlägen von uns ist, so glaube ich jetzt erkannt zu haben, immer rhetorisch gemeint gewesen.
Das ist natürlich schwer nachzuweisen, aber ich habe Indizien. Z. B. beim Chaosradio, da kam nach 10 Minuten Gespräch von Sargoth (dem Wikipedianer, den Frank eingeladen hatte), die überraschte Ansage, er sei total verwundert, dass wir uns da so viel Gedanken gemacht hätten. Und vorgestern im Club bei dem Gespräch mit Juliana und Ralf, da wurde das auch deutlich. Ich will mal versuchen, die Situation zu schildern. Und, bitte, ich meine das keinesfalls negativ über Juliana, Ralf oder Sargoth hier! Es ist aber essentiell zum Verständnis des Problems, warum unsere Diskussion nicht weiterkommt gerade.
Also. Anekdoten-Zeit. Vorsicht: Wir haben das Gespräch nicht aufgezeichnet, und das ist jetzt zwei Tage her, und ich will einen Punkt machen. Ich überspitze leicht.
Juliana und Ralf kommen rein, setzen sich, ich mache mein Notebook aus und hole einen Block und einen Stift raus.
Erstaunen.
Juliana packt ihr Netbook aus, schließt es an unser Internet an (ja, im Club gibt es im Gegensatz zu Wikimedia freies Internet für Gäste :-) ), hat die Wikipedia als Homepage eingestellt. An dieser Stelle zeigt sie mir etwas, das jetzt aber keine Rolle spielt gerade, das kann ich vielleicht später nochmal thematisieren.
Der Punkt ist: Ich mache mein Notebook aus zum Gesprächsbeginn, sie macht ihres an. Ich habe einen Block dabei, um mir Notizen zu machen. Sie nicht. Denkt mal drüber nach, was das über die Gesprächsteilnehmer und ihre Intentionen und Vorstellungen zum Ziel des Gesprächs aussagt. Als wir dann unsere Liste mit konstruktiven Vorschlägen ausbreiteten und da Diagramme malten und ihr Stichworte gaben, hat Juliana die schon mitgeschrieben, auf meinem Block dann halt. Ich will ihr nicht vorhalten, dass sie keinen Block dabei hatte, darum geht es nicht. Es geht darum, dass ich den Eindruck hatte, eigentlich wollten die nicht wirklich von uns hören, was wir für Vorschläge haben. Oder genauer: Sie gingen davon aus, wir hätten keine. Ich hatte sogar ein bisschen das Gefühl, sie hielten uns für Trolle. Genau das Zerrbild, das in der Wikipedia von den bösen Bloggern gepflegt wird. Sie dachten, unser Kritik-Kartenhaus fällt in sich zusammen, wenn sie uns nach konstruktiven Vorschlägen fragen.
Nochmal: Ich will hier weder Sargoth noch Juliana noch Ralf beschimpfen oder kritisieren, im Gegenteil. Hut ab! Hochachtung! Respekt! Ihr hattet im Gegensatz zu den anderen Wikipedianern genug Arsch in der Hose, um euch mit uns zu treffen, um mit uns zu reden! Es gab noch andere, aber ich nenne nur diejenigen, die sich öffentlich mit uns getroffen haben und nichts dagegen hatten, dass wir ihre Namen nennen. Es tut mir leid, dass ich meinen Punkt an euch illustrieren muss, weil sich so viele andere hinter ihren Pseudonymen verstecken und lieber Foren-Heckenschützen sein wollen, als sich über die Zukunft der Wikipedia Gedanken zu machen.
Oh, und eines noch. In den Diskussionen sind unsere Gedanken zur Zukunft der Wikipedia häufig ein-zwei Größenordnungen weiter gediehen als was aus der Wikipedia selber kommt (und komme mir jetzt keiner mit "Kompass 2020"). Ich meine damit das, was die Wikipedianer im Gespräch an Vorschlägen und Argumenten haben. Vermutlich wird es da schon irgendwo Webseiten geben in der Wikipedia, wo sich auch schon mal jemand richtig tiefschürfend Gedanken gemacht hat. Während wir Strategien diskutiert haben, wie man die Benutzerführung konkret ändern könnte, um das Verhalten der Nutzer zu verbessern, und während wir uns Gedanken gemacht haben, von welchen psychologischen Effekten das aktuelle Verhalten der User und Admins in der Wikipedia befördert wird, und wie man das verbessern kann, kamen an Vorschlägen von der Gegenseite bisher eher Schulterzucken und Durchhalteparolen. Es gibt in Deutschland soviele Wikipedia-Stammtische! Das kann doch nicht sein, dass ihr da nur Bier trinkt? Denkt da wirklich niemand tiefschürfend darüber nach, wie man die Welt verbessern kann?!
Also bitte, liebe Wikipedianer. Helft uns, das Niveau der Diskussion zu erhöhen.
Ein guter erster Schritt wäre, wenn ihr vor dem Diskutieren unsere bereits veröffentlichten Vorschläge und Argumente zur Kenntnis nehmt. Das Ziel der Diskussion ist ein Erkenntnisgewinn auf beiden Seiten, nicht nur auf eurer. Und für uns wird das deutlich befriedigender, wenn wir von euch auch mal neue Argumente oder reflektierte Gedankengänge zum Thema Zukunft der Wikipedia hören können. Und ja, ihr könnt davon ausgehen, dass wir uns eure Standard-Argumente auch vorher durchgelesen haben.
Update: In den Diskussionen zum Wikipedia-Kurier geht es gerade hoch her. Ich poste keinen Link, weil ich die Wikipedia ja nicht mit Schmutz bewerfen will hier, sondern an einer Klärung interessiert bin. Aber eine Sache will ich aufgreifen, die Markus Cyron dort anspricht. Da kommt die Frage, wieso wir uns an so technischen Dingen aufhalten. Was eine Eingabemaske mit dem Löschen von Artikeln zu tun hat. Der Hintergrund ist die Disziplin "User Interface Design" und hat viel mit Psychologie zu tun. Ich will das mal an einem einfachen Beispiel erläutern. Stellt euch mal folgendes Experiment vor. Ein Raum, darin 20 Leute, die die Versuchsperson nicht kennt, und eine Versuchsperson vor der Tür. Du sagst der Versuchsperson, dass die drei Leute links hinten in der Ecke in dem Raum drei Störer sind, um die sich die Versuchsperson kümmern soll. Der 1. Versuchsperson gibst du als Werkzeug Handschellen und eine Polizeiuniform. Der 2. Versuchsperson gibst du einen Block Papier, einen Stift, einen Tisch und Stühle. Der mit den Handschellen wird vermutlich versuchen, die Störer festzunehmen und rauszuschmeißen. Der mit dem Block wird sich vermutlich mit den Störern hinsetzen, ihnen zuhören, und sich Notizen machen.
Beim User Interface Design (und bei unseren Vorschlägen) geht es darum, mit möglichst wenig Aufwand Einfluß darauf zu nehmen, in welcher Rolle sich die User sehen. Was sie als ihre Handlungsoptionen wahrnehmen. Im Moment gebt ihr den Leuten Handschellen, und wir möchten ihnen einen Block Papier geben. Mal übermäßig vereinfacht. Also, Markus, wir erklären das auch gerne noch mal im persönlichen Gespräch in den Clubräumen, wenn du dich mit uns treffen willst. Schreib mir einfach ne Mail, dann machen wir ein Treffen.
Was tut er denn im Einzelnen. Nun, was man immer tut, wenn man hilflos ist, weil alle Sachargumente für die Gegenseite sprechen. Man deklariert erst mal die Aussagen der Gegenseite um, und dann greift man die umdeklarierten Aussagen mit irgendwelchen formaljuristischen Begriffsklaubereien an. In diesem Fall deklariert Herr Wefing meine Position (ich fühle mich da mal angesprochen) so um, als könnte ich mit meinen Zensurvorwürfen nur die Vorzensur im Sinne früherer Äußerungen des Verfassungsgerichts meinen. Das stimmt natürlich nicht. Wenn ich Vorzensur meinen würde, würde ich Vorzensur sagen. Tue ich aber nicht. Ich sage Zensur. Und meine damit auch Zensur, und nicht nur Vorzensur.
Damit bleibt schon mal die oberen 75% des Artikels komplett im Morast stecken.
Danach kommt eine zentrale Einsicht, die allerdings offenbar bei Herrn Wefing nicht wie bei anderen Menschen zu einer Synapsenzündung führt:
Aber was tun denn die Ajatollahs anderes? Die chinesischen Parteikader oder ägyptischen Sittenwächter, die sich jede Zeile eines Lyrikers vorlegen lassen, missliebige Webseiten abschalten und jede abweichende Meinung unterdrücken?Genau! Das ist genau der Punkt, Herr Wefing. Sobald man es erlaubt, dass Webseiten durch eine untransparente Filterliste einer im geheimen operierenden Behörde nicht mehr rezipiert werden dürfen, hat man eine Zensurinfrastruktur. Das ist im Iran so, und das ist hier auch so.
So ein bisschen kann sich selbst Herr Wefing nicht gegen die kognitive Dissonanz zwischen der Realität und seiner Realitätsauslegung wehren, und so kommt folgende grandiose Aussage:
Es gehört zum ideologischen Glutkern der Debatte um die Kinderporno-Sperren, dass deren Kritiker den kategorialen Unterschied zwischen einem offenen System wie dem der Bundesrepublik und einer Diktatur wie in China oder Iran partout nicht zur Kenntnis nehmen wollen.ACH. So ist das also. Bei uns ist das keine Zensur, weil wir ein "offenes System" haben? Nun, Herr Wefing: auch der Iran hat ein offenes System. Dort gibt es freie Wahlen, man kann frei ein- und ausreisen, und man kann Zeitungen aus dem Ausland lesen. Auf dem Papier ist der Iran mindestens genau so "offen" wie wir. Wird bei den Wahlen betrogen? Na klar! Genau wie bei uns. Im Iran wie bei uns gibt es ein Korrektiv. Über unser Korrektiv, das Verfassungsgericht, haben wir Wahlcomputer verhindert. Das Iranische Korrektiv hat eine Teil-Neuauszählung angeboten, aber die Wahl grundsätzlich für gültig erklärt. Das Verfassungsgericht hat die Wahl auch grundsätzlich für gültig erklärt, obwohl sie unbemerkt hätte manipuliert werden können, wie wir gezeigt haben. Wo liegt da noch mal der substanzielle Unterschied, Herr Wefing?
Aber geht noch weiter.
Die Sperrung von Internetseiten, die verbotene Kinderpornografie verbreiten, haben frei gewählte Abgeordnete eines freien Parlamentes beschlossen.Ob der Herr Wefing ernsthaft glaubt, Abgeordnete könnten einfach so nach Gusto Dinge beschließen? Ob der Herr Wefing schonmal von dem Prinzip einer Verfassung gehört hat? Nein, Herr Wefing, Abgeordnete dürfen nicht einfach so Dinge beschließen. Es gibt da Regeln. Und mindestens eine von denen haben die Abgeordneten in diesem Fall verletzt.
Die letzten beiden Sätze senken dann endgültig das Niveau auf das der Verräterpartei:
Und unabhängige Gerichte werden die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes innerhalb kurzer Zeit überprüfen. Nichts davon in China, nichts davon in Iran.Das Gesetz ist also gut, weil das Verfassungsgericht es ja kippen kann, weil es ein Verfassungsbruch ist? Beeindruckend, Herr Wefing. Gab es zu Ihrer Zeit noch keinen "Politische Weltkunde"-Unterricht in der Schule? Wo einem so Grundlagen zu unserem System vermittelt werden? Ein Gesetz ist nicht gut, weil es gekippt werden kann. Ein Gesetz ist gut, wenn es nicht gekippt werden muss, weil es zweifelsfrei verfassungskonform ist. Und das ist in diesem Fall von grobem Pfusch nicht gegeben.
Ich möchte mich da mal an einen legendären Leserbrief beim Rockpalast ("Was tut der Friseur von Alan Bangs eigentlich beruflich?") anlehnen und fragen: was machen Sie eigentlich beruflich, Herr Wefing?
A spokesman described the system as "a standard architecture that the world's governments use for lawful intercept".He added: "Western governments, including the UK, don't allow you to build networks without having this functionality."
EXAKT! Das ist der Kernpunkt! Nicht für den Iran wurde diese Technologie erfunden und gebaut. UNSERE üblen Repressionsregimes haben das erfunden, spezifiziert, standardisiert und gesetzlich vorgeschrieben. Wenn der Iran das gegen seine Bürger einsetzt, ist das plötzlich verwerflich? Aber wenn wir das unseren Telcos vorschreiben, ist das rechtsstaatlich OK? Nicht nur ich habe da offensichtlich Verständnisschwierigkeiten und kognitive Dissonanz.
Und wenn ihr jetzt glaubt, die Polizei beobachtet euch beim Pinkeln, dann kann ich euch beruhigen. Hanning sagt dazu:
Solche Bilder kämen ja nie in die Akten, die interessieren die Polizei überhaupt nicht.Seht ihr? Alles halb so schlimm. Klar, irgendein notgeiler Spanner schaut euch beim Pinkeln zu, aber wenn das nicht zu den Akten kommt, ist das ja kein Problem, gell?
So lächerlich das jetzt klingt, es erklärt doch sehr schön, wieso sich die Polizei nicht um Kindesmißbrauch sondern nur um Kinderpornographie kümmert. Wenn es keine Bilder in den Akten gibt, ist es für Leute wie Hanning nie passiert. Anders ausgedrückt: pics or it didn't happen.
Wartet, es gibt noch mehr Parallelen! Auch Aufzeichnungen sind OK, solange man sie nicht aufhebt:
Sie glauben doch nicht, dass da die ganze Zeit ein Polizist sitzt und mithört, um rechtzeitig auf den Aus-Schalter zu drücken? In der Praxis läuft da meist ein Band mit, das man sich anschließend anhört. Und dann werden intime Geräusche sofort gelöscht und nur das polizeilich Relevante wird gespeichert.Aufzeichnungen sind also auch OK, solange man sie nicht aufhebt. Der Hanning orientiert sich auch hier an ihrem War on Kinderporno, denn auch da ist ja nur angucken OK, solange man die Bilder nicht lokal speichert.
Lustigerweise relativiert er unseren Polizeistaat mit einem Hinweis auf die Stasi:
Ich habe bis 1990 als Diplomat vier Jahre lang in der DDR gelebt. Dort wurde ich ohne jeden Anlass rund um die Uhr abgehört, gefilmt und observiert. Wenn Sie das erlebt haben, wissen Sie, was ein Überwachungsstaat ist.Dabei hat die Stasi doch auch nicht alle Bänder vollständig aufgehoben!!1! Und verdachtsunabhängige Gefährderverfolgung und Vorratsdatenspeicherung haben wir ja jetzt hier auch. Dank Hanning und Konsorten.
Immerhin, für den Humor ist auch gesorgt. Als die taz den Hanning dann mit der verdachtsunabhängigen Totalerfassung von ausländischen Gästen konfrontiert, kann man die kognitive Dissonanz spüren, die den Hanning übermannt.
"Am besten benutzen Sie zwei voneinander getrennte Betriebssysteme – eines fürs Online-Banking und ein anderes fürs Surfen", äußerte sich BKA-Chef Ziercke gegenüber dpa. Beim Geldabheben solle man den Türöffner möglichst mit einer anderen Karte bedienen als den Geldautomaten.Unglaublich. Ich habe gerade kognitive Dissonanz. Das erscheint mir taktisch ungeschickt, auf der einen Seite Trojaner unter dem Volk verteilen zu wollen, und auf der anderen Seite das Volk vor Trojanern zu warnen. Immerhin, einen hat er noch:Ziercke begründete das mit den immer raffinierteren Methoden Krimineller, Heimcomputer mit Trojanern zu infizieren. Diese Schadprogramme lieferten den Tätern Zugangsdaten jeder Art
Zur Bekämpfung dieser Delikte ist die Polizei nach Zierckes Darstellung auf die Vorratsdatenspeicherung angewiesen.
Tsang said Hong Kong must promote democratic development without compromising social stability and government efficiency."If you go to the extreme … you have the Cultural Revolution," Tsang said on government-run RTHK radio. "For instance in China when people take everything into their hands, then you cannot govern the place."
Ich finde das ja immer spannend, wie weit solche Leute gehen können, bevor sie an kognitiver Dissonanz versterben.
Physisch und psychisch schmerzhafte Verhörmethoden wie Schläge gegen die Köpfe von Terrorverdächtigen waren ausdrücklich genehmigt. Ebenso durfte simuliert werden, der Verdächtige werde ertränkt, sollte er nicht reden. Auch war es erlaubt, Inhaftierte in heruntergekühlten Räumen zu halten.Peinlich, peinlich, aber auch eine tolle Gelegenheit für die Pressesprecher, mal so richtig zu zeigen, wie kognitive Dissonanz in der Praxis aussieht:Gonzales ließ sich von seinem völkerrechtswidrigen Weg durch nichts abbringen. Er trieb seine Politik gegen die Bedenken seines Stellvertreters James Comey voran. Der Vize äußerte gegenüber Kollegen im Ministerium seine Befürchtung, sie müssten sich alle schämen, wenn die Welt einmal davon erführe. Nach einer Auseinandersetzung mit dem Weißen Haus musste Comey sein Amt aufgeben.
Regierungssprecher Tony Fratto verweigerte jeglichen Kommentar zum Thema Verhörmethoden. Er wies lediglich darauf hin, dass die Regierung viel getan habe, damit die Ermittler auf der Grundlage des amerikanischen und internationalen Rechts handelten.Aha. Soso. Like what? Auch die Pressesprecherin des Weißen Hauses scheitert an dieser Aufgabe:
White House spokeswoman Dana Perino Thursday said the United States does not use torture and that it is U.S. policy not to do so. She added that it is possible that reasonable people could disagree on opinions regarding "complex…unique and novel" questions.
Bwahahaha, *fasel* Der Satz bringt die Bush-Junta echt auf den Punkt. Klar, wir sind nicht ihrer Meinung. Global Warming gibt es nicht, Jesus ist unser Retter, Iran ist der Sitz des Bösen, und im Übrigen kann man ja wohl mal anderer Meinung sein, ob auf den Kopf schlagen oder Waterboarding was mit Gewalt zu tun hat. Ich finde ja: einmal das gesamte Kabinett für jeweils ne Stunde waterboarden. Dann Congress, dann den Senat. Und dann die alle gesammelt als Grenadier-Batallion im Irak stationieren. Das sind lauter alte Säcke, denen überhaupt nicht klar ist, was sie da eigentlich tun. Die müssen das mal aus der Nähe erleben.
Also ich erinnere mich ja noch daran, wie sie Saddams Entmachtung damit verkauft haben, daß man ihn den "Schlächter von Bagdad" nennt. Oder den Sarkawi, den haben sie auch so genannt. So ist das, wenn die Realität mit dem Selbstbild kollidiert, George. Kognitive Dissonanz nennt man das. Ich glaube nicht, daß jemals jemand im Irak so viele Menschen auf dem Gewissen hatte wie Bush heute.