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zum Beitrag http://blog.fefe.de/?ts=a384681d spende ich Applaus. Sehr treffende Schilderung, die ich aus eigenem Erleben - war damals als junger Wissenschaftler in der Halbleiterforschung und habe GaInAsP-Strukturen "gebacken" für Infrarotlaser - voll bestätigen kann. In diesem Zusammenhang gab es noch eine sehr interessante Sache, die CoCom-Listen. Der CoCom-Ausschuss kontrollierte die Technologieexporte in den Ostblock ("Embargoliste")Faszinierend! Ich als Wessi kannte diese ganzen Story mit dem Technologie-Schmuggel nur als Witzchen und Geraune im Westen. Zum Beispiel erzählte man sich in meiner Kindheit den Witz, dass an einer Ost-Rakete eine Schraube gefunden wurde, die keine Funktion erfüllte und deren Gewinde falsch herum war. Die hatte der Erfinder in den USA dort angebracht, um sich selbst ein Denkmal zu setzen. Die Sowjets wussten nicht, dass die keine Funktion erfüllte, und haben sie mitkopiert. Auf dem Niveau waren die Stories, die man sich in Westberlin erzählt hat damals :-)Die RGW-Staaten taten eine Menge, um dieses Embargo zu umgehen und gaben dafür sehr viel Geld aus. An der Leipziger Karl-Marx-Uni hatten wir für Strukturberechnungen an Kristallen schrankgroße Computer aus sowj. Fertigung, deren Betriebssystem gar nicht verbergen wollte, dass es von IBM stammte, und deren Boards überwiegend mit Intel bestückt waren. Die Schaltkreise kamen zT per Diplomatengepäck aus den USA. Das ging ewig gut, auch wenn auf dem Flughafen mal ein Gabelstapler in so eine Kiste piekste und die ICs rauskullerten.
An der Umgehung des Embargos haben eine Menge Leute sehr viel Geld verdient. Wir hatten in unserem Labor in Leipzig eine Menge Kram aus den USA: Palladiumdiffusionszellen für die Wasserstoffreinigung, alle nur erdenklichen Fittings von Swagelok (Ohio), Gasventile von Nuclear Products usw. Sogar eine etwas in die Jahre gekommene Lithographiemaschine zur Waferbelichtung aus den USA stand bei uns rum. Solche Dinge wurden alle "irgendwie" in die Planung aufgenommen und "in Berlin" bestellt. Unsere IR-Lser waren Staatsplanthema, also hatten wir gute Chancen, all die netten Sachen auch zu erhalten. Irgendwann (meist mindestens ein Jahr nach Bestellung) kam dann eine Kiste mit vielen Vermerken und Aufklebern und es war im Labor wie Weihnachten.
Ich hab als junger Assistent mal die Lieferung eines Gerätes "zurückverfolgt". Es ging um ein Leckspürgerät für Wasserstoff ("Sniffer") von Panametrics. Bestellt wurde der Sniffer vor meiner Zeit, gegen Ende meines 2. Jahres als Assi kam er an. Nach dem Auseinanderpolken der diversen Verpackungslagen zeigte sich: Das Gerät stammte von Panametrics USA, wurde an die Tochter in NL geliefert, von dort an ein anderes niederländisches Unternehmen in Amsterdam, von dort nach Westberlin, dann in Westberlin nochmal an eine andere Adresse und von dort nach Ostberlin und dann via Maschinenhandelskontor der DDR zu uns nach Leipzig. Auf dem Weg von den USA bis zur 2. Westberliner Adresse entwickelte sich der Preis von knapp 25.000 Dollar zu 150.000 Dollar, bei uns kam der Sniffer für gut 450.000 DDR-Mark an. Letzteres war harmlos, denn DDR-Mark gab's ja ohne Ende. Interessant wurde es vor allem dadurch, dass außer Panametrics USA und NL alle Beteiligten zum Imperium der KoKo (Schalck-Golodkowski) gehörten (oder regelmäßig in dessen Umfeld agierten). Der auf den Frachtpapieren deklarierte Wert der Sendung stieg bei der Lieferung an Panametrics NL nur geringfügig, danach aber immer stärker.
Da mehrere meiner Kommilitonen in der DDR-Halbleiterbranche arbeiteten, hatte ich dorthin gute Kontakte und weiß, dass das kein Einzelfall war. Entweder wurde die benötigte Technik über KoKo auf verschlungenen Pfaden importiert oder sie kam aus Ländern, die sich nicht an die Restriktionen der Amis hielten. Zu "meiner" Forschungsgruppe gehörte auch ein Labor, in dem MOCVD betrieben wurde (Metallorganische Gasphasenepitaxie). Eine der Anlagen in diesem Labor stammte von Epiquip aus Schweden.
Alles in allem hat sich die DDR ihre erfolglose Aufholjagd Milliarden DDR- und D-Mark kosten lassen. Während die Investitionen sich in anderen Bereichen (Floatglas, Produktionsstraßen für PVC-Folie, ...) sich durchaus über den Export "gerechnet" haben, wage ich das bei der Halbleiterbranche zu bezweifeln, da diese Produkte in der Breite so komplex sind, dass der Rückstand der DDR nicht auzuholen war. Um das an einem simplen Beispiel zu verdeutlichen: Mitte 1989 hatten wir Epitaxiematerial auf Basis von InGaAsP hergestellt, dass den IR-Lasern von Siemens mehr als ebenbürtig war. Allerdings konnten wir diese Parameter nur messen (lassen). In der DDR war jedoch niemand in der Lage, daraus ein Lasermodul zu fertigen. Es fehlte am geeigneten Gehäuse, am Bounding und sogar an der wärmeableitenden "Paste" zur Montage des Laserchips im Gehäuse.