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Ich erlaube mir mal, den Zuschriften, die du da erhalten hast, zu widersprechen. Ich musste mich im Alter von ca. 20 Jahren beschneiden lassen, weil es medizinisch notwendig war. Nun hatte ich schon das Glück, dass mein Urologe von vornherein meinte, dass er sowas grundsätzlich nur mit Vollnarkose macht - anscheinend ist bei religiös motivierten Beschneidungen selbst ne lokale Narkose längst keine Selbstverständlichkeit (um es mal zurückhaltend auszudrücken). Z.B. in Israel verwenden laut Zahlen von 2012 nur 20 der insgesamt 400 "Mohels" überhaupt Anästhesie bei Beschneidungen.(meine Primärquelle war eig. ein Print-Artikel aus der SZ von 2013, der im Wikipedia-Artikel "Brit Mila" referenziert wird, aber die Zahlen ergeben sich auch aus dem oben verlinkten Tagesspiegel-Artikel)
Und selbst ohne die Schmerzen der Operation an sich kann ich dir sagen: Das waren zwei Monate oft fast unerträgliche Schmerzen, insgesamt hat es locker 4-5 Monate gedauert, bis wirklich alles so weit verheilt und "abgestumpft" war, dass es im Alltag nicht mehr groß gestört hat. Und selbst danach bleiben dauerthaft immer noch Probleme wie "Eichel bleibt gern mal am Stoff der Unterhose "kleben", und natürlich deutliche Einschränkungen beim Sex (fühlt sich einfach nicht mehr so intensiv an).
Die Proponenten der "Beschneidung auf Vorrat" erzählen dann gerne noch den längst widerlegten Unsinn, dass Kinder angeblich noch kein so ausgeprägtes Schmerzempfinden hätten wie Erwachsene. Dabei ist eher das Gegenteil zutreffend: Je früher Kinder starken Schmerzen ausgesetzt sind, desto schmerzempfindlicher scheinen sie als Erwachsene zu werden.
Und selbst wenn all das nicht wäre, bleibt das Risiko medizinischer Komplikationen.
Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum es Eltern gestattet sein sollte, ohne medizinische Notwendigkeit eine solche Operation an ihren Kindern vornehmen zu lassen. Mir ist völlig schleierhaft, wie man z.B. in Deutschland das Recht der Eltern auf freie Religionsausübung und Kindererziehung höher gewichten kann als das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit. Insbesondere wenn ich bedenke, dass Eltern, die ihre Kinder schlagen, sich zumindest der einfachen Körperverletzung (§ 223 StGB) strafbar machen.