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kurzum: In Ausnahmefällen kann durchaus nach geltendem Recht Beugehaft gegen Staatsbedienstete angeordnet werden. Money Quote des Bundesverfassungsgerichts:Und zur Frage mit dem EU-Recht schreibt der Einsender noch:Ist etwa aufgrund vorangegangener Erfahrungen, aufgrund eindeutiger Bekundungen oder aufgrund mehrfacher erfolgloser Zwangsgeldandrohungen klar erkennbar, daß die Behörde unter dem Druck des Zwangsgeldes nicht einlenkt, dann gebietet es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, von der nach § 167 VwGO möglichen „entsprechenden“ Anwendung zivilprozessualer Vorschriften Gebrauch zu machen und einschneidendere Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, um die Behörde zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten
Ausführlicher:
Entscheidend sind für die Fragen der Beugehaft in Sachen Umweltrecht als Teil des Besonderen Verwaltungsrechts Normen der Verwaltungsgerichtsordnung:§ 167 Abs. 1 S. 1 VwGO:
Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend.--> § 890 Abs. 1 S. 1 ZPO:
Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider […] so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen§ 172 VwGO:
Kommt die Behörde […] der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.Die Auslegungsfrage ist, ob § 172 VwGO abschließend alle Zwangsmittel gegen die öffentliche Hand regelt. Dann wäre der Rückgriff auf § 890 Abs. 1 S. 1 ZPO über § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO (und mit ihr auf die Beugehaft = Ordnungshaft) ausgeschlossen.
Dazu ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.8.1999 - 1 BvR 2245/98 - mit damals noch niedrigerem Zwangsgeld:
Dies gilt insbesondere für die Frage, ob zur Durchsetzung einstweiliger Anordnungen neben Zwangsgeldern nach § 172 VwGO weitere Zwangsmittel zulässig sind. Insofern läßt zwar der Wortlaut des § 167 VwGO die Auslegung zu, daß bei der Vollstreckung einstweiliger Anordnungen ausschließlich die ein- oder mehrmalige Verhängung eines auf 2000 DM begrenzten Zwangsgeldes gem. § 172 VwGO möglich ist. Diese Auslegung ist aber keineswegs zwingend. Vielmehr kann § 172 VwGO auch als verwaltungsprozessuale Modifizierung der ansonsten geltenden zivilprozessualen Zwangsgeldbestimmungen verstanden und der Zweck der Begrenzung des Zwangsgeldbetrages auf 2000 DM darin gesehen werden, daß staatliche Haushaltsmittel nicht in größerem Umfang durch Vollstreckungsmaßnahmen ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen werden. In diesem Fall steht die Begrenzung des Zwangsgeldes durch § 172 VwGO dem Einsatz anderer nach § 167 VwGO in Verbindung mit der ZPO möglicher Zwangsmittel nicht entgegen.
Eine solche Auslegung ist im Hinblick auf das Gebot wirkungsvollen Rechtsschutzes jedenfalls dann geboten, wenn die Androhung und Festsetzung eines auf 2000 DM beschränkten Zwangsgeldes zum Schutz der Rechte des Betroffenen ungeeignet ist. Ist etwa aufgrund vorangegangener Erfahrungen, aufgrund eindeutiger Bekundungen oder aufgrund mehrfacher erfolgloser Zwangsgeldandrohungen klar erkennbar, daß die Behörde unter dem Druck des Zwangsgeldes nicht einlenkt, dann gebietet es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, von der nach § 167 VwGO möglichen „entsprechenden“ Anwendung zivilprozessualer Vorschriften Gebrauch zu machen und einschneidendere Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, um die Behörde zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten […]. Welche der in den §§ 885-896 ZPO geregelten, einschneidenderen Zwangsmitteln […] in welcher Reihenfolge und in welcher Form bei der Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Eilentscheidungen erforderlichenfalls zum Einsatz kommen, obliegt vorrangig der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung und bedarf in diesem Zusammenhang keiner Vertiefung.
doch, es geht hier um "deutsches Recht mit der Beugehaft".Die Idee mancher ist nur, die Auslegung der deutschen Verwaltungsprozessordnung europarechtlich determinieren zu lassen (sog. Anwendungsvorrang des Unionsrechts).
Wie eine gründliche Lektüre der Normen und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber zeigen, bedarf es dies gar nicht. Durch eine Vorlage an den EuGH würde der schwarze Peter, dies zu entscheiden, nur nach Luxemburg geschoben. Wäre dann der EuGH streng, müsste er die Vorlage wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit ablehnen.