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Also erst einmal. In meinem Studium gab es auf 200 Studenten gefühlt 3-4 Frauen. Gleichzeitig hatten die Männer gefühlt 195 Mitläufer und 5 gute Leute. Mit "gute Leute" meine ich jetzt nicht, dass die anderen nicht auch bei T-Systems oder Siemens unterkommen könnten, sondern die Kombination aus "kann was, kann sich Dinge selber beibringen, ist flexibel und zuverlässig, und liefert auffallend gute Ergebnisse ab". Ich habe mir das immer so erklärt, dass man die Mitläufer halt in Kauf nimmt, um die 5 guten Leute pro Jahrgang zu kriegen. Die kommen halt aus dem selben Pool und man erkennt sie nicht sofort. Und hey, viele Handlanger-Tätigkeiten können ja auch von Mitläufern gemacht werden.
Von den 200 Studenten erinnere ich mich heute an ungefähr gleich viele Männer wie Frauen.
Die Zahl 200 habe ich mir jetzt aus dem Arsch gezogen, nagelt mich darauf bitte nicht fest.
Die jetzt vorgeschlagenen Versuche, mehr Vorbilder schaffen, die Wände grün anmalen, mehr weibliche Tutoren, das gab es auch damals alles schon. Wir hatten für meinen Jahrgang bei der einen Pflichtvorlesung 3 Tutorien, eines davon nur für Frauen. Und da saßen am Ende die Hälfte der Frauen drin. Die Veranstalterinnen von dem Tutorium fanden das total super und voll erfolgreich. WELL DUH, ein Tutor pro zwei Studenten, klar ist das produktiver als die anderen Tutorien, wo es eher so ein Tutor pro 20 Studenten waren.
Wenn wir da, ich überspitze mal fies, kostenlose Kosmetika verteilen, um mehr Frauen anzuziehen, dann ziehen wir damit möglicherweise mehr Frauen an, aber das sind dann Mitläufer. Von denen brauchen wir nicht mehr. Im Gegenteil. Eigentlich brauchen wir von denen viel weniger.
Das ist glaube ich der Kern davon, was mich an diesen Diversity-Bemühungen so stört.
Quantität ist nicht Qualität.
Mir ist ein Jahrgang mit einer Frau, die dann die Mondlandung technisch möglich macht, viel lieber, als ein Jahrgang mit 50 Frauen, die dann "Webentwicklung" machen.
Es heißt immer, Frauen sind viel zögerlicher in der Selbsteinschätzung. Das glaube ich gerne. Das ist aber kein Nachteil, im Gegenteil, das ist ein Vorteil. Ich habe schon so viele Projekte scheitern sehen, weil irgendwelche Männer irgendwelchen hanebüchenen Schätzungen einplanen, was man wohl bis wann geschafft haben können wird. Mir ist das viel lieber, wenn Leute realistische Vorstellungen haben, was sie können und was nicht.
Kurz gesagt: Ich möchte auch mehr Frauen haben, aber nicht Füll-Frauen, Dämmmaterial und "damit wir auch mal ein paar hübsche Jahrgangsfotos hier haben"-Frauen, sondern bitte Frauen, die Ansprüche haben — an sich, an ihre Arbeit, an ihre Karriere.
Nerds sind jahrelang unterdrückt und auf dem Schulhof gehänselt worden, teilweise ist ihnen Gewalt angetan worden, sie waren nie cool, niemand hat sie auf gute Parties eingeladen. Sie mussten im Keller D&D und Videospiele spielen. Heute sind Nerds cool und angesehen. Wie haben sie das geschafft? Hint: Nicht durch protestieren, rumheulen und Diversity-Fäkalienstürme auf Twitter. Sie haben es geschafft, indem sie die Bullys ignoriert haben, und coole Scheiße gemacht, coole Dinge gebaut haben. Wenn Frauen den Erfolg der Nerds nachbauen wollen, sollten sie auch ihre Methoden nachbauen. Heult nicht rum, sondern macht coole Scheiße. Wenn ihr gerade nichts zu tun habe, macht coole Open Source-Projekte. Das machen die Männer auch, wenn sie schlau sind. Das ist eure Eintrittskarte in Tech-Jobs.
Nachtrag zu den Frauentutorien: Wenn man Männer in traditionellen Gentlemen-Clubs fragt, ob das gut ist, so ohne Frauen, sagen die auch ja. Wieso ist das sexistische Kackscheiße, aber ein Tutorium nur für Frauen ist Diversity-Förderung? Reicht das vielleicht nicht, dass die Teilnehmer es voll geil finden? Ich bin mir fast sicher, auch Sklavenbesitzer hätten sich in Umfragen positiv geäußert.
Ein Einsender hat mir noch ein paar sehr schöne Punkte gemailt, die ich auch noch bringen möchte:
das große Problem ist, dass Diversität nicht verstanden wird. Einen Wert z.B. als Grundlage von High-Performance Teams, hat Diversität nur dann, wenn es KOGNITIVE Diversität ist.Scott Page beschreibt dies in „The Difference“ ganz treffend. Nur wenn z.B. bei einem Problem ein Team nicht mehr weiterweiß, senkt z.B. kognitive Diversität die Zeit, bis ein neuer Lösungsansatz gefunden werden kann.
Dies ist auch gut nachvollziehbar:
Der kognitive Unterschied zwischen einem männlichen und weiblichen Maschbauer ist nicht so groß, da beide Jahrelang getrimmt werden, die gleichen Lösungswege, Denkmuster etc. zu übernehmen.
Stehen beide vor einem Problem, wenden Sie die Methoden, Denkmuster und Lösungswege an, für deren Erlernung sie viel investiert haben.
Haben wir einen Geisteswissenschaftler*in und eine Ingenieur*in gleichen Geschlechtes im Team, so ist die kognitive Diversität und die darin gebotene Breite an Lösungswegen einfach höher.
Gründe, warum man dies gerne übersieht, sind mannigfaltig:
- Einige haben nicht die Zeit und Muße, so etwas in Gänze zu durchdringen, haben nur von Diversität gehört und wollen es jetzt auch umsetzen.
- Kognitive Diversität ist unsichtbar. Eine Bildersuche zu „Diversität“ veranschaulicht dies am besten
- Arbeitgeber wollen den Kandidatenpool so breit wie möglich halten.
- HR Hiring-Prozesse sind oft nicht darauf ausgelegt, Individuen in die Köpfe zu kucken, sondern sind oft genug „checkbox basiert“ oder müssen Excel-Kompatibel sein („Skill-Matrix“ *Schauder).
- Kognitive Diversität ist anstrengend, weil man viel Zeit in Kommunikation investieren muss, wenn es beispielsweise um fachliche Lösungswege geht die auch noch miteinander konkurrieren, wohingegen „sichtbare“ Diversität meist im privaten Raum beim Mittagessen oder an der Kaffeemaschine zum Thema wird.
- Das ewige Leid der Lessons Learned und Best Practices ist ein Anpassungsdruck, der kognitive Diversität verdrängt, da man sich mit unkonventionellen Ansätzen oft unbeliebt und angreifbar macht.
Update: "Der Fefe will Mitläufertum bei Männer dulden, bei Frauen nicht"!1!! Nein. Ich habe weder gegen männliche noch gegen weibliche Mittläufer was. Ich sage: Das Ziel von Eingriffen und Fördermaßnahmen sollte sein, am Ende mehr gute Leute zu kriegen, nicht mehr Mitläufer.