Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Vor 70 Jahren beschloss der Parlamentarische Rat das Grundgesetz. Was Abgeordnete der KPD nicht wussten: Die "Organisation Gehlen", Vorläufer des BND, bespitzelte sie.Ja, richtig gelesen! Der BND hat den Parlamentarischen Rat beim Verhandeln über das Grundgesetz bespitzelt. Wieso existiert diese Behörde bis heute? Wieso sitzen die nicht alle im Knast?
Ja, werdet ihr jetzt sagen, wissen wir, die Bundeswehr. Aber nein! Nicht die Bundeswehr.
Auch nicht der Bundesnachrichtendienst.
Auch nicht Gladio.
1951 erfährt Adenauer davon. Seine Reaktion?
Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer erfuhr spätestens 1951 von der Schnez-Truppe und beauftragte die Organisation Gehlen – den Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes (BND) – mit der "Betreuung und Überwachung" der Schattenarmee.Gehlen war auch ein Nazi, falls das jemand nicht auf dem Radar hatte. Wir haben über den in Alternativlos 26 gesprochen, wenn auch nur am Rande.
Auf Grund der Lage nach den Wahlen zum Bundestag beschlossen Dr. H. Globke in Verbindung mit Dr. K. G. Kiesinger und Frhr. von und zu Guttenberg in Verbindung mit Dr. F. J. Strauß die Gründung eines Informationsdienstes für die Opposition.Die Creme der la Creme! Und der Karl Theodor Freiherr zu Guttenberg (ja, von DEN Guttenbergs) hat das Ding dann geleitet. Und wenn es um Verschwörungen und demokratiefeindliche Aktionen geht, ist natürlich auch der BND nicht fern:
Vier Wochen später wird die Idee noch abenteuerlicher. Guttenberg bekommt einen Brief von einem Meister der Konspiration: Wolfgang Langkau, pensionierter Vertrauter des ehemaligen BND-Präsidenten Reinhard Gehlen und langjähriger CDU-Kontaktmann. Er schreibt: »Zu diesem Ziele bietet sich die Möglichkeit an, ein seit Jahren durch eine besondere Stelle im BND geführtes Informationsbeschaffungsnetz einzusetzen, das laufende Verbindungen insbesondere zu USA, Frankreich, Österreich, Italien, Vatikan, arabische Länder, Jugoslawien, Rumänien, ČSSR, UNO unterhält.«Später kommt noch ein Stauffenberg ins Spiel. Eine großartige Räuberpistole! (Danke, Teja)
Da findet man dann eine Rechnung ein Angebot über Produkte namens FinSpy und FinFly. Geliefert von einer Firma namens Gamma, aber wenn man nach den Produktnamen googelt, findet man diese Produktseite bei einer deutschen Firma. Und da bleibt kein Auge trocken!
Ich frage mich ja bei sowas immer, wie solche Leute nachts ruhig schlafen können. Niemand sollte Zugriff auf solche Software haben, keine westlichen Regierungen und natürlich erst Recht keine Diktatoren.
Update: Frank hat gerade die großartige Idee, folgende Forderung an Westerwelle zu stellen: Herr Westerwelle, als Wiedergutmachung dafür, dass Ägyptens Trojanersoftware anscheinend aus Deutschland kommt, sollte Deutschland Ägypten auch Zugriff auf die Gauck-Behörden-Software zum Zusammenpuzzeln geshredderter Dokumente schenken.
Oh und bei der Gelegenheit möchte ich noch was anfügen. Trojaner und Spionagesoftware sind eine Bedrohung für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte überall und müssen daher genau so geächtet werden wie Streubomben und Antipersonenminen. Genau wie wir Kriminellen solche Software wegnehmen und sie bestrafen, genauso müssen wir den Regierungen (insbesondere auch unserer!) solche Software wegnehmen.
Update: Frank hat auch was dazu gebloggt.
Update: Nehmt euch mal die Zeit, denen ein bisschen hinterherzugoogeln. Da findet man so Sachen wie deren Internet-Überwachungs-Angebote, Messefotos, auf denen Gamma und Elaman gemeinsam einen Stand betreiben, besonders schön auch diese Messefotos hier, komplett mit interessierten Scheichs. Und dieses PDF mit Fotos von deren Personal. Die alten Herren da sehen aus, als hätten sie schon mitgemacht, als es noch Organisation Gehlen hieß. Deren Firmenbroschüre ist auch online, mit dem schönen Slogan "The bridge to trust and security". Klar, Vertrauen und Sicherheit sind auch meine ersten Assoziationen bei Überwachungsequipment, Schnüffelhardware und Trojanern. Die offensichtliche Frage ist jetzt natürlich, ob die nur für den Export liefern oder ob die auch den Bayerntrojaner gemacht haben.
Update: Hier kommt gerade per Mail die Frage, wie eine Produkt mit der Beschreibung "infection proxy which is used to deliver intrusion software" nicht §202c verletzt. Gute Frage. Frage ich mich auch. Das sollte die Staatsanwaltschaft mal prüfen.
Update: Und hier noch ein besonders aromatisches Detail (Danke an Dominik dafür!): Streetview von dem Firmensitz von Elaman. Ich seh da kein Elaman, ist vielleicht in dem verpixelten Bereich. Was aber auffällt, ist das dicke Siemens-Schild. Da lag ich ja offensichtlich gar nicht so falsch mit der Organisation Gehlen.
Update: Wird immer lustiger. Der General Manager von Elaman heißt Holger Rumscheidt. Googelt den mal. Hier findet man einen Holger Rumscheidt, der bis 1987 auf die Realschule des Katholischen Familienwerks in Pullach ging. Und hier findet man ein Paper von einem Holger Rumscheidt von der Siemens AG, München. Alles nur Mutmaßungen, der können natürlich auch alles verschiedene Holger Rumscheidts sein. Aber es ergibt doch ein verlockendes Gesamtbild, so mit Pullach und Siemens.
Update: Mir teilt gerade ein Münchener mit, dass das KfW eine Privatschule ist, deren Einzugsbereich den gesamten Münchener Süden beinhaltet, nicht nur Pullach. Insofern kann man daraus nicht direkt schließen, dass die Familie in Pullach gewohnt hat, z.B. weil der Vater dort Arbeit gefunden hat.
Update: Das war keine Rechnung sondern ein Angebot.
Update: Mir kommt gerade zu Ohren, dass die Firma Gamma International GmbH über einen Anwalt dementieren lässt, mit den Ägyptern zusammengearbeitet zu haben. Das geht sogar soweit, dass sie sagen, kein Angebot geschickt zu haben. Das finde ich ja jetzt doch ein wenig irritierend, denn es gibt ja im Internet diesen Screenshot. Meine Vermutung ist, dass die darauf abzielen, dass das Angebot in den Unterlagen von "Gamma International UK Limited" ist, nicht von "Gamma International GmbH".
"Es ist nichts Ungewöhnliches gewesen, dass Leute aus der SS und aus dem Nazibereich in der Bundesrepublik Deutschland, den Anfängen der Bundesrepublik, in verschiedensten Institutionen verwendet wurden", sagt Wolbert Smidt, Ex-BND-Abteilungsleiter. Im BND seien die "gravierendesten Fälle", also etwa Massenmörder, nach einer Untersuchung Anfang der 60er-Jahre entlassen worden.In den Sechziger Jahren sind sie dann doch mal auf die Idee gekommen, Massenmörder rauszuschmeißen? Wow! Mit geradezu gletscherartiger Geschwindigkeit arbeiten da die Zuständigen!
Ulrich Herbert: Der BND kann in manchen Punkten als eine Art von Auffangorganisation des Reichssicherheitshauptamtes gelten, über 200 vor allen Dingen führende Leute sind in den BND übergeleitet worden.Das Zitat ist jetzt von einem Historiker, nicht von dem BNDler. Der BNDler widerspricht und sagt:
Und viel mehr kann man sagen, dass die Organisation Gehlen ein Auffangbecken gewesen ist für Offiziere, die sich mit dem militärischen Nachrichtenwesen während des Dritten Reiches befasst haben, sowohl bei der Abwehr von Canaris als auch in der Institution Fremde Heere Ost.Die Organisation Gehlen ist die Vorläuferorganisation des BND. Weiter unten sagt er dann noch
Wenn ich im Laufe meiner Laufbahn dann Leute getroffen habe, die zum Teil meine Vorgesetzten waren, die der früheren SS zuzurechnen waren, dann waren meine Erfahrungen in der Regel positiv. Ich bin ein sehr bewusster Demokrat und ein sehr kritischer Demokrat, habe ihn auch in Gespräche verwickelt, meinen damaligen Vorgesetzten, der der SS angehörte, und kam zu dem Ergebnis: Man kann mit einem solchen Menschen leben und arbeiten.(Danke, Andreas)
Die Geschichte geht wie folgt. Die Nazis sind nach Südamerika geflohen, hauptsächtlich nach Argentinien. Dort haben sie das Atomprogramm der Argentinier betrieben, damals unter Peron. Das Know-How haben sie nach Israel verkauft, inklusive mehrerer Uranlieferungen, die letzte davon über sage und schreibe 100 Tonnen. Auf dem Papier gingen die Lieferungen aber an Deutschland, nicht Israel. D.h. die Bundesrepublik hat willig mitgeholfen, Israel in den Besitz von Atombomben zu bringen.
Und so erklärt sich auch, dass Israel den Eichmann erst so spät entführt hat. Der hat da nämlich mitgearbeitet. In Gabys Buch stehen noch tolle Details drin über Eichmann, z.B. dass Gehlen (der BND-Gründer, ein strammer Nazi) damals Eichmanns Tarnexistenz in Argentinien verraten hat, um die CIA und Israel zu zwingen, den plattzumachen, weil Gehlen in Deutschland ein gutes Leben hatte, während Eichmann in Argentinien schmorte und unter erbärmlichen Lebensumständen darbte und malochte. Eichmann soll damals an einem Enthüllungsbuch gearbeitet haben, das Gehlen und Globke die Karriere oder sogar den Kopf gekostet hätten. Und um das zu verhindern hat Gehlen dann Eichmanns Daten zu den Akten gegeben. Die CIA war nicht interessiert, und die Israelis mussten ihn dann hops nehmen und hinrichten.
Gabys Buch ist überhaupt sehr empfehlenswert, wenn man es denn mal gekauft kriegt, denn bei Amazon ist es "derzeit nicht verfügbar". Seit Monaten. Seufz.
Also. Tut euch mal was gutes für die Zeit um Sylvester und lasst eure lokale Buchhandlung mal dieses Buch besorgen. Ihr werdet staunen.
Es gibt da so ein paar grossartige Details aus dem Buch, eines will ich noch kurz erzählen, kommt auch in dem mp3 da oben vor. Gaby ging zum BND und fragte nach "den Akten zu dem Atomdeal mit Israel". Und die Deppen vom BND sagten ihr, festhalten, "nee, die Akten sind noch geheim und bleiben es auch noch mindestens 10 Jahre". Un-glaub-lich.
Und DIE haben eine RECHTSabteilung! Geht es noch absurder?!