Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Das eigentliche Problem von Ioannidis' Bullshit ist anscheinend ein Elefant im Raum, den niemand erwähnt:Diese verfickten und angeblich „kaputten“ Modelle mit den vielen Toten operieren unter der Annahme, dass man nichts tut! Die „Widerlegungen“ operieren unter den realen Bedingungen, in denen man sehr viel getan hat. Und wenn hier Ende Februar schon die Regale leer waren waren, dann sind die Leute halt nicht erst Ende März, als es dann endlich verordnet wurde, in Quarantäne gegangen!
Die einzige Frage ist dann, wie viel mehr erzwungen bringt als freiwillig, und dazu haben wir die Schweden (Freiwillig ist marginal zu wenig). Die wirtschaftlichen Folgen von zu wenig sind schlimmer als die von zu viel.
Wenn man also den Menschen als Virusträger nicht als Punkt in einer Wolke modelliert, sondern mit Hirn, ergibt sich bereits aus der Prognose ein Denkvorgang, der Hygienemaßnahmen zur Folge hat. Ja, so eine Überraschung auch, ich glaube, wir haben intelligentes Leben gefunden! Wider aller Erwartung! Staun! Trotz Hildmann und Co.!
Die IFR haben wir inzwischen dank der spanischen Untersuchung mit einem sehr breit ausgerollten Antikörpertest (60000 Leute) relativ sauber: ~5% Infektionsrate laut Antikörpertest (5,5% total, mit Rate+Rauschen) führte zu etwa 45000 Toten (offiziell+Übersterblichkeit, und da man von Murcia bis Madrid alles durchgetestet hat, hat man mit den 1,5% Infektionsrate in Murcia einen plausiblen Datenpunkt für das Hintergrundrauschen: Murcia hatte tatsächlich 1/10-1/20 von Madrids Infektionsgeschehen, und hätte dann ~1% Infektionsrate — die ~0,5% Hintergrundrauschen sind für einen sehr guten Test plausibel, und ändern am Gesamtergebnis nicht mehr viel).
Das ist 0,1% der spanischen Bevölkerung, die da innerhalb eines Monats mit heftigem Abbremsen in einem sehr starken Lockdown gestorben sind. D.h. wir haben ungefähr 2% IFR, oder ca. 1,3% der Bevölkerung, wenn die Herdenimmunität tatsächlich bei 66% erreicht wird. Das ist ein Test, bei dem die Messung selbst plausibel ist. Das sind jetzt nicht die 10% oder 30% von SARS und MERS, und auch nicht die über 50% von Ebola, aber es ist halt doch relativ viel.
Viele früheren Antikörper-Tests waren fehlerhaft kreuzreaktiv, und aus fehlerhaften Daten kann auch der beste Statistiker nur Müll extrahieren (wobei gute Statistiker aus fehlerhaften Daten die methodischen Fehler extrahieren, also den Müll offensichtlich machen). Dass dann auch noch Studien mit kleinen Zahlen wie die von Streeck (7 oder 8 Tote sind auf jeden Fall eine kleine Zahl, und eigenen sich nicht für eine Hochrechnung) benutzt werden…
Die 2% sind vergleichbar mit der Spanischen Grippe in Industrienationen wie das damalige Deutschland, das etwa 1% der Bevölkerung verloren hat (Infektionsrate ist da unbekannt, aber wir können raten: Das lief wenig gebremst durch). Die Spanische Grippe hat in Nicht-Industrienationen zwei interessante Eckpunkte, nämlich Indien mit 5% der Bevölkerung, und China mit „welche Spanische Grippe?“, trotz praktisch gleicher Armut, und praktisch nur TCM-Tees als Medizin, und zeigt, dass Armut nicht das ausschlaggebende Kriterium ist. Auch Covid-19 hat derzeit vor allem reiche westliche Industrienationen befallen.
BTW: Das schlimmste Preprint-Paper, das ich bisher gesehen habe, behauptet, die meisten Leute würden keine Antikörper produzieren. Sie haben eine bescheuerte Annahme über die Ansteckungsrate gemacht, Antikörper gemessen, keine gefunden, und statt ihre bescheuerten Annahme in die Tonne zu kloppen, daraus geschlossen, dass die meisten asymptomatischen Patienten keine Antikörper entwickeln.
Wenn das Wissenschaft ist, dann können wir auch gleich eine Hexe verbrennen, und dann ist Corona beendet (ich vermute, dass die 25% Infektionsrate unter Krankenhausmitarbeitern die aus Texas ist, und in Wuhan halt dank Verfügbarkeit guter Schutzausrüstung halt weit weniger).
Tatsächlich haben wir dank lokaler Ausbrüche, z.B. Chorgesang mit >90% registrierten PCR-Infizierten (das ist so knapp mehr als false negatives zu erwarten sind), eine gute Vorstellung, wie viele ansteckbar sind, und die Fälle, die in der Regel wohl systematisch „verloren“ gehen, sind Kinder, die ihre Eltern oder Lehrer anstecken, selbst asymptomatisch sind, und zu spät getestet werden. Solche systematischen Fehler führen dann natürlich zu falschen Schlüssen, etwa, dass man Schulen bedenkenlos öffnen kann, obwohl Kinder Seuchenschleudern sind.
Das Phänomen, zuerst gehörte Informationen zu glauben und auf Teufel komm raus zu verteidigen, macht halt auch vor Leuten wie Ioannidis nicht Halt. Der ist wahrscheinlich auch mehr vom Typ Rebell, d.h. er hat erst mal eine Oppositionshaltung. Kann er die dann korrekt begründen, hat er das große Los gezogen. An den Grundsatzkritik, dass Mediziner selten Statistik über das Bilden eines Mittelwerts hinaus können, würde ich mich sogar beteiligen, das ist sicher völlig korrekt.
Und in der ganzen Betrachtung mit der Letalität fehlen die Langzeitfolgen für die Überlebenden völlig. Bei SARS sind 10% gestorben, und 40% sind so chronisch müde geworden, dass sie keiner Arbeit mehr nachgehen konnten. Gesellschaftlich sind diese 40% sogar teurer als die Toten. Und da man für ME/CFS 6 Monate lang Symptome braucht, bevor das diagnostiziert werden darf, wissen wir davon noch überhaupt nichts.