Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Es ist daher ausgesprochen bemerkenswert, dass Wirecard offenbar selbst KPMGs "Prüfung" zu riskant erschien. Ihr müsst nicht das ganze Ding lesen, aber 1.2.1.6 (Whistleblower standen Schlange, um KPMG kompromittierende Materialen zu Wirecard zuzustecken) und 1.2.1.7 (Wirecard war mit der Übergabe von Dokumenten systematisch im Verzug) lohnen sich, und das Money Quote ist in 1.3.1.1.2 ("Ergebnisse der Untersuchungshandlungen"):
Hinsichtlich der Höhe und Existenz der Umsatzerlöse aus den TPA-Geschäftsbeziehungen zwischen der Cardsystems Middle East, der Wirecard UK & Ireland sowie der Wirecard Technologies und den jeweils relevanten TPA-Partnern kann KPMG als Ergebnis der durchgeführten forensisch geprägten Untersuchungshandlungen in Bezug auf den Untersuchungszeitraum 2016 bis 2018 weder eine Aussage treffen, dass die Umsatzerlöse existieren und der Höhe nach korrekt sind noch die Aussage treffen, dass die Umsatzerlöse nicht existent und in der Höhe nicht korrekt sind. Insoweit liegt ein Untersuchungshemmnis vor.KPMG lehnt sich hier rückwärts über die Stuhllehne, um das offensichtliche Ergebnis als Doppelnegativ mit angedeutetem Konjunktiv zu formulieren. Mehr konnten sie für ihren Kunden nicht tun. Wow. Was Prüfberichte von Wirtschaftsprüfern angeht würde ich das mal als Totalschaden für Wirecard werten.
Ich meine, wenn du KPMG einstellst, um den Verdacht von Bilanzfälschungen zu entkräften, und KPMG sagt dann: Äh, tja, wir konnten da wirklich keine Umsatzerlöse finden! Die Vorwürfe gegen Wirecard waren, wir erinnern uns:
Die britische Zeitung hatte vergangene Woche unter Berufung auf interne Dokumente von Wirecard berichtet, dass der Konzern bei Auslandstöchtern in Dubai und Irland Umsatz und Gewinn künstlich aufgebläht habe.Und KPMG sagt jetzt: Wir konnten keine Belege für die bilanzierten Umsatzerlöse finden. Die bestätigen also die Vorwürfe! Formulieren es aber so, als ob die Sache damit jetzt halt nicht zu klären sei. Doch, damit ist die Sache geklärt. Wirecard hat in ihrer Bilanz Dinge behauptet, die eine professionelle forensische Analyse der Daten nicht bestätigen konnten.
Update: Wirecard versucht daraus jetzt Kapital zu schlagen:
Der Zahlungsdienstleister Wirecard sieht sich durch die KPMG-Sonderprüfung wegen Vorwürfen der Bilanzmanipulation weiter entlastet. In den Prüfbereichen hätten sich für die Jahre 2016 bis 2018 nach wie vor keine substanziellen Feststellungen ergeben, die Korrekturen erforderlich gemacht hätten, teilte der Dax-Konzern am Dienstag mit.
Soll das ein Witz sein?!?
Update: Ein Leser sendet dazu diesen Tagesspiegel-Artikel aus dem Januar ein, mit dem Hinweis, dass die anderen "Wirtschaftsprüfer" auch nicht besser sind.