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als Filmstudent ist man in der komischen Lage, dass man sich noch so lang mit dem Thema beschäftigen kann, man hat trotzdem nie das Gefühl "mehr" sagen zu können als andere, die das aus der reinen Konsumentenperspektive sehen. Deiner These würde ich zumindest teilweise zustimmen: das hat was mit den grausamen, barbarischen und gleichzeitig irgendwie untoten Massen zu tun, die im krassen Kontrast zu dem Individuum des Helden stehen. Aber ob das jetzt Flüchtlinge sind oder ob das vielleicht nicht doch eine liberale Hollywoodelite ist, die mit den blöden Orks, Zombies usw. die Menschen in ihrem Land gemeint haben, die sich jetzt (aus ihrer Perspektive) erdreistet haben den Falschen zu wählen? Kann man nicht sagen, denke ich, im Film gibt es keinen Einfluss in Reinform, heute ist alles eine Mischung aus 1000 Einflüssen: ökonomische Zwänge, Zuschauerstudien, Verträge mit Stars die bestimmte Shots haben wollen, Gewohnheiten, Eitelkeiten, Zufälle, das Gefühl Angesichts der CGI-Möglichkeiten megalomanisch zu werden, welche Nachrichten ein Drehbuchautor an dem Tag gesehen hat als er eine bestimmte Szene geschrieben hat usw.Dazu kurz meine Replik: Ich habe extra nicht die Frage gestellt, ob das absichtlich passiert, sondern nur ob es passiert. Aus meiner Sicht ist nämlich die Dehumanisierung der Gegenseite die wichtigste Kriegsvorbereitung, die es gibt. Und das machen bei uns die Hollywood-Filme.
Ich würde dem nicht so viel Bedeutung beimessen. Es gibt wesentlich stärkere "Verblendungen" im modernen Kino. Siehe:https://www.youtube.com/watch?v=jZSRxp-dJ-Q
Dieser großartige Videoessay vergleicht das erste (und unübertroffene) Meisterwerk "Seven Samurai" von Akira Kurosawa mit dem heutigen Actionfilm. Criswell beschreibt da ein Gefühl, das ich schon ganz lange habe, wenn ich heutige Filme schaue: man sieht ganz oft Aktion, aber ganz selten die Folgen von dieser Aktion. Alles ist seltsam virtuell und folgenlos. Was bringt einem die Explosion einen ganzen Öltankers, wenn man nicht das Gefühl hat, dass es irgendwelche Folgen für Protagonisten, Umgebung und den weiteren Verlauf hat? Kurosawa schneidet in seinem Film von dem, der zuschlägt immer auch auf die Leute die dadurch sterben – es gibt eine Aktion und eine Folge. Im heutigen Actionfilm klebt die Kamera förmlich an den Helden und zeigt diejenigen die sie bekämpfen auf eine seltsam entrückte Art und Weise. Oder die Kamera fliegt entfesselt durch das unübersichtliche Getümmel wie in World War Z und stellt CGI wie einen Jahrmarkteffekt aus. Man stelle sich vor wie die Schlacht um Helms Kamm bei Kurosawa ausgesehen hätte..?
Ich versuche schon länger meinen Finger darauf zu legen was das genau für eine Entrücktheit ist und warum die Leute das schauen und nicht etwa abstrafen. Vielleicht wird da sowas wie ein Wunsch nach einer Loslösung von einem durch Physik und Moral eingeängten Körper erträumt? Als Vorstufe zum virtuellen Cyborgwesen? Vielleicht ist das auch ein Verdrängungsmechanismus? Der Versuch "wir sind die Guten" so selbstverständlich zu verankern, dass niemand je auch nur einen Moment zweifeln könnte?
Es ist bezeichnend, dass das bei Kurosawa nicht immer so ganz eindeutig ist, wer die Guten sind, obwohl der Plot ("Samurai verteidigen Dorfbewohner vor Banditen") das sowas von massiv hergeben würde.