Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Ich bin selbst Psychologe und komme aus dem systemischen Bereich, weswegen meine Weltsicht entsprechend geprägt ist. Für eine systemische Betrachtungsweise eines Problems ist es bedeutsam, dass dieses Problem einen bestimmten Nutzen für das System hat.Ui! Das hat mir gerade einen "Na klar!"-Flash beschwert. Sehr augenöffnende Erklärung!Bsp: Das Kind wird auffällig, damit sich die Eltern nicht um ihre Beziehungsprobleme kümmern müssen. Wenn wir jetzt nur einseitig daran arbeiten dem Kind beizubringen wie es nicht mehr auffällig sein muss, kann es sein, dass die Familie daran zerbricht, weil die Eltern kein Ausweichproblem mehr haben und sich dann eingestehen müssen, dass die Beziehung am Ende ist und eigentlich eine Scheidung anstünde.
In unserer Gesellschaft gibt es Menschen die öffentlich verkünden, dass sie nicht mal bis zum Abitur den Ausführungen der Lehrer folgen konnten. Nun haben wir eine Bankenkrise und "die da oben", "die Bankster" oder wer auch immer ist daran schuld. Selbstverständlich nicht die Leute, denen schon in der Schule zu hoch war, warum das Gefasel von irgendwelchen Griechen von vor tausenden von Jahren jetzt noch relevant wäre. Diese Leute hatten ja keine Chance die von ihnen unterschriebenen Verträge zu verstehen. Das Konzept der erlernten Hilflosigkeit zieht sich hier quer durch die Gesellschaft und plötzlich fühlen sich 99% der Bevölkerung als Opfer des Bankensystems. Eines der sicher vielfältigen Motive dafür, sich gegen das Erlernen mathematischen Fähigkeiten zu entscheiden, scheint mir die damit steigende Verantwortung zu sein. Ernsthaft Verantwortung zu übernehmen ist derzeit aber völlig out, Opfer sein hingegen total in. Die Geringschätzung für Menschen die sich mathematische Fähigkeiten (und darüber hinaus auch naturwissenschaftliche, abseits der Biologie) aneignen würde ich recht stumpf mit narzisstischen Motiven und Kognitiver Dissonanz begründen. Ich kann mich selbst nicht als tollen Hecht sehen, wenn ich mir eingestehe, dass mir zum Verstehen meiner Umwelt wichtige Kenntnisse fehlen. Die einfachste Lösung ist, dass ich mir einfach mit möglichst vielen Leuten einrede, dass das ja gar nicht so wichtig ist und wir ja bisher ohnehin auch so durchgekommen sind. Wenn ich genug gleichgesinnte Unwissende um mich herum habe (und an dieser Stelle darf man gerne mit den Gedanken in Richtung Religion abschweifen), dann fühlt sich das plötzlich gar nicht mehr so schlecht an. Wir definieren einfach unsere Gruppe als normal und normal sein ist gut. Die Leute die verstehen (wollen), sind eine Minderheit und plötzlich können wir es so auslegen, dass es gar nicht mehr erstrebenswert ist zu dieser Gruppe zu gehören. In Hollywoodfilmen sehen wir ja auch immer wieder, dass die Coolen keine "Laborratten" sind. Warum also zu "denen" gehören wollen? Probieren geht über studieren!