Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Zur Info: Ich bin in Deutschland geboren. Ich bin rein rechnerisch (sofern man so einen Quatsch überhaupt machen will) nicht 100% deutsch, sondern nur zu einem kleinen Teil. Obwohl ich "genetisch" hauptsächlich deutsch bin, ist meine palästinensische Herkunft immer sehr prominent in meinem Leben gewesen. Ich weiß nicht genau woher das kommt, aber von klein auf, Kindergarten, Schule, bis heute, trage ich das "teilweise Ausländer sein" mit mir rum. Das kommt wahrscheinlich daher, dass ich trotzdem nicht sehr "deutsch" aussehe und mein Vorname arabisch ist und somit mein Umfeld mich nicht direkt als "Deutschen" wahrnimmt.Ich finde den Punkt besonders wichtig, dass er bei den Rechten das Gefühl hatte, die seien Argumenten zugänglich. Ich glaube, dass der Mechanismus an der Stelle nicht nur ist "ich gehe da drüben hin, da ist es kuscheliger", sondern auch "ok, ich kann bei den Linken arbeiten, aber das sind Fundamentalisten, da habe ich 3% Chance, dass die sich in einer Streitfrage meiner Position anschließen, weil ich gute Argumente habe. Oder ich kann zu den Rechten gehen, und bei denen ist zwar die Ausgangslage viel schlimmer, aber dafür ist auch die angenommene Wahrscheinlichkeit, dass ich die in meine Richtung beeinflussen kann, viel höher". Mir persönlich ist immer das Gefühl sehr wichtig, auch was bewirken zu können. Wieso sollte ich überhaupt was mit irgendeiner Partei machen, wenn nicht um was zu bewegen? Und wenn die eh nur das machen, was sie halt machen, und nicht auch mal auf meine Argumente hören, wieso sollte ich mich denen anschließen und die nicht einfach alleine weitermachen lassen?Langer Rede kurzer Sinn: Von der Gesellschaft werde ich als quasi Ausländer wahrgenommen und ich habe daher jedes Interesse daran, dass ich in einem eher linken Umfeld und in einer eher linken Gesellschaft lebe, da ich in einer rechts(-extremen) Gesellschaft wahrscheinlich ziemliche Probleme bekommen würde. Darum habe ich auch, bis einschließlich der vorletzten Bundestagswahl, linke Parteien gewählt. Die letzte Wahl habe ich meine Stimme ungültig gemacht. (Ich habe analog auf Landes-Ebene gewählt.)
So, was ist nun mein Problem?
Ich schaffe es seit der letzten Bundestagswahl nicht mehr die für mich (angeblich) richtigen Parteien zu wählen, weil mich die Parteien und das ganze Gesellschaftsspektrum, das sich hinter diesen Parteien versammelt, einfach nur noch anekeln und ich mich darin nicht mehr wiederfinden kann.
Ich habe wirklich Jahre gebraucht um zu verstehen, woher das kommt, aber ich glaube du hast mich auf den Trichter gebracht, was das Problem ist: Es gibt (zumindest keine wahrnehmbare) moderate/realistische linke Politik mehr in diesem Land. Sobald ich nach Links blicke, sehe ich nur noch Ultrafundamentalpositionen von dem Kaliber: "Reißt alle Grenzen ein, Männer sind die Personifikation des Satans, wenn ich von einem weißen Mann vergewaltigt werde gehört er kastriert und in den Gulag, wenn ich von einem Asylanten vergewaltigt werde, ist es meine eigene Schuld, dass ich nicht tolerant genug war und ihn ausreichen integriert habe (no pun intended…)."
Es tut mir leid, aber ich kann dagegen gar nicht mehr anreden gegenüber anderen Menschen, weil ich auf diese Idiotie angesprochen, der Gegenseite nur noch Recht gegeben kann. Es IST peinlich und idiotisch und vollkommen haarsträubend, was auf der linken Seite der Gesellschaft passiert.
Oder ist das einfach nur das, was man heutzutage als "Links" bezeichnet? Vielleicht fängt "Links" ja viel weiter "Rechts" an, als wir es uns eingestehen wollen. Vielleicht befinden sich nur noch die Fundis und die Extremisten auf der "linken" Seite der Gesellschaft, weil wir alles andere direkt als braune Nazi-Soße abkanzeln?
Worauf ich hinaus will ist, dass ich (zu meinem eigenen Entsetzen) mich immer mehr zu den sogenannten "Rechten" hingezogen fühle, obwohl die ja meine natürlichen Fressfeinde seien müssten. Die Sache ist schlicht, dass ich mitten unter diesen Menschen lebe (seit zwei Jahren in Bayern) und so sehr ich denen in vielen Dingen widerspreche… Ich habe (fast) nie das Gefühl einem vollkommen verrückten Menschen gegenüber zu stehen.
Unsere Meinungen mögen sich in vielen Dingen stark unterscheiden und ich bin gegen vieles ausdrücklich dagegen, aber zumindest bin ich in der Lage mit diesen Menschen eine gesittete Diskussion zu führen, ohne direkt als Masku-Nazi(die Ironie…)-Ultra-Scheiß-Arschloch hingestellt zu werden. Ich kann sogar viele der Argumente nachvollziehen, ohne dass ich sie teilen muss und im Gegenzug wird mir zugesprochen, dass meine Motivationen nachvollziehbar sind und man jedoch schlicht aus persönlichen Gründen lieber einen etwas anderen Kurs verfolgen möchte. Witzigerweise fühle ich mich von KEINER der mir gegenüber geäußerten Positionen wesentlich bedroht. Das ist bei meinen Diskussionen mit linken Fürsprechern deutlich anders. Da fühle ich mich regelmäßig dazu genötigt ein formales Entschuldigungsschreiben zu formulieren, dass ich einen Penis habe und als 1/4 Palästinenser irgendwie doch auch mit daran Schuld bin, dass Juden in Israel sterben.
Und so stehe ich jetzt seit Monaten in einem ständigen Konflikt mit mir selbst und frage mich, ob es für mich selbst nicht doch in der nächsten Bundestagswahl schlauer sei die CDU/CSU oder sogar die AFD zu wählen, als irgendeine linke Partei. Einfach weil ich weiß, dass so oder so bereits mehr als genug linke Galle versprüht wird, sodass am Ende so etwas wie ein "Gleichgewicht" entsteht, bzw. eine "Politik der Mitte" gefahren wird.
Ich weiß, dass klingt verrückt, aber ich bin wirklich an dem Punkt wo ich als Mann und sogar als "Mensch mit irgendwie Migrationshintergrund" Angst davor habe, dass eine mehrheitlich linke Regierung gewählt wird. Ich habe blanke Panik davor, weil ich damit rechnen muss, dass das vollständig in Zensur, Unterdrückung und Tyrannei von bestimmten Gesellschaftsgruppen münden würde. Nicht, dass die Rechten da frei von Sünde seien, aber diese Angst wie bei den Linken, habe ich bei denen zurzeit nicht.
Dieses Gefühl, dass die einem zuhören und die eigenen Standpunkte respektieren, das ist sehr wichtig, und ich persönlich habe das bei den Linken nicht. Bei den Rechten aber auch nicht. Ich weiß nicht, mit wem der Einsender da geredet hat, aber ich befürchte fast, er hat da einen statistisch sehr unwahrscheinlichen Glücksgriff getätigt :-)