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Gut, ist ja auch irgendwie einleuchtend. Wenn jemand so weit oben auf der sozialen Rangliste steht, dass er nicht zu befürchten hat, wieso sollte der dann seine Zeit damit verplempern, anderen Leuten das Leben schwer zu machen? Ergibt keinen Sinn. Die Superreichen sind ja auch viel zu beschäftigt damit, ihr Geld auszugeben und anzulegen, als sich um andere Dinge zu kümmern. Dafür bezahlen die dann die Politik, sich darum zu kümmern, dass die Armen arm bleiben. Das hat auch den Vorteil, dass die Mittelschicht Angst vor dem Abstieg behält und dann keine Zeit hat, den Reichen ihren Platz streitig zu machen.
Update: Mail-Antwort:
Die Antwort auf …
"Es wäre mal interessant, ob auch hinter Antisemitismus dieses Muster steckt."
… ist simpel: Ja. "Simpel", weil es ein grundsätzliches pschologisches Muster ist, nach dem alle Menschen ticken. Das Aufbauen und Aufrechterhalten von Selbstwert geschieht ganz selbstverständlich über die Identität zu einer Gruppe, der ein gewisser Wert beigemessen wird. Dieser Wert wird natürlich durch soziale Vergleiche gesetzt. (Zu tun hat es auch mit dem grundsätzlichen Funktionieren des menschlichen Hirns, das in Kategorien denkt bzw. denken muss, will es vor lauter Informationsflut nicht handlungsunfähig werden.) Ich kann mich natürlich bemühen, meinen Selbstwert ohne Vergleiche hoch zu halten oder zu erhöhen, so im Sinne von Affirmationen. Aber viel leichter und im Alltag auch ganz unbewusst geschieht das durch soziale Vergleiche. Es reicht durch die Stadt zu gehen und im Augenwinkel viele Obdachlose mitzubekommen, ohne am Ende des Tages wirklich zu wissen, warum man sich, abends in der Wohnung angekommen, tendenziell ziemlich zufrieden fühlt. Wenn du aber dennoch unzufrieden bist, dir deine Eigengruppe nicht genügend Selbstwert liefert, weil du beispielsweise als Hartz IV-Bezieherin Anfeindungen in der Gesellschaft ausgesetzt bist, dann beginnst du viel leichter, Obdachlose ganz bewusst abzuwerten ("Faul? Von wegen, ich organisiere mir hier meine eigene Wohnung, halte die in Schuss und liege nicht faul unter der Brücke"), um dich selbst aufzuwerten.Simpel erklärt mit wesentlicher Quellenangabe für die Theorie zu diesem Mechanismus:
http://www.simplypsychology.org/social-identity-theory.htmlNatürlich ist das nur ein Mechanismus von vielen, die zu gruppenbezogenen Abwertungen beitragen. Zustimmung zu natürlichen Hierarchien spielt z. B. eine Rolle. Das wird besonders beim Item "Die Weißen sind zu Recht führend in der Welt" deutlich, das gerne beim Abfragen von Rassismus benutzt wird. Aber das ist ja auch wieder eng mit dem Eigengruppe-aufwerten-Fremdgruppe-abwerten-Mechanismus verwandt: Weiße vs. Nicht-Weiße.
Das Institut für Konflikt und Gewaltforschung in Bielefeld spricht von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit:
https://www.uni-bielefeld.de/ikg/projekte/GMF/WasIstGMF.html
An den Korrelationen zwischen den verschiedenen Abwertungsarten sieht man gut, dass *alle* diese Abwertungen ein gemeinsames Muster haben, zu dem gewiss auch das rechnen kann, was du in einem Blogpost ansprichst. Und es findet sich dann nicht nur bei Antisemitismus, sondern auch bei Islamfeindlichkeit und anderen Abwertungen: Wer eine Gruppe abwertet, der tendiert eher dazu, auch andere Gruppen abzuwerten, einige eher als andere, aber grundsätzlich steckt da was in dem Menschen, eine Ideologie, ein Denken, ein psychologischer Mechanismus, etwas, das unabhängig von konkreten Gruppen ist. Bei passender Gelegenheit würden wohl auch Marsmännchen abgewertet werden, nur um sich selbst einen Selbstwertsboost zu verschaffen.