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Das ist ja wohl mal ein ziemlicher Hammer, die Schlagzeile. Der Premierminister von Kanada wurde in einen Regierungsbunker verbracht, weil ein paar LKW-Fahrer demonstrieren?
Äh, huch? Die Meldung spricht von "mehreren tausend Truckern". Bei der Tagesschau sind es nur noch ein paar Hundert.
LKW-Protest klingt jetzt nicht wie etwas, wofür man den Premierminister in Sicherheit fliegen müsste. Ich glaube, uns fehlt hier ein wichtiger Teil der Meldung.
Die Trucker protestieren dagegen, dass jetzt auch aus den USA zurückkehrende kanadische Trucker eine Impfung nachweisen müssen, sonst werden sie nicht reingelassen.
Kanada hat eine kaum weniger schlimme Geschichte im Umgang mit den Ureinwohnern als die USA. Kürzlich brauch da der Schorf auf, als ein Massengrab mit 215 Kinderleichen bei einer Schule für Indianerkinder gefunden wurden. Die Schule war kein Angebot der Weißen an die Ureinwohner sondern ist explizit eingerichtet worden, um die mit Schulpflicht in die weiße Gesellschaft zu zwangsintegrieren.
Die erste Reaktion war auch angemessen:
Prime Minister Justin Trudeau said it was a "painful reminder" of a "shameful chapter of our country's history".
Und später:“As Prime Minister, I am appalled by the shameful policy that stole Indigenous children from their communities,” Mr. Trudeau said.“Sadly, this is not an exception or an isolated incident,” he said. “We’re not going to hide from that. We have to acknowledge the truth. Residential schools were a reality — a tragedy that existed here, in our country, and we have to own up to it. Kids were taken from their families, returned damaged or not returned at all.”
Dann drehte der Wind aber ziemlich schnell:Prime Minister Justin Trudeau said on Friday he has asked the pope to come to Canada to apologize for the Catholic Church's role running residential schools for indigenous children, after nearly 1,000 bodies were found in two mass graves.
Ihr seht: Auch der Body Count ist hochgegangen. Wie üblich. Kaum guckt man mal hin, stellt man völlig überrascht fest, dass man all die Jahre neben einem KZ gewohnt hat. Ja gut, äh, also da können wir jetzt aber nicht die Schuld ganz alleine übernehmen. Wer ist denn da noch ... *papierraschel* oh, die katholische Kirche!Ich bin jetzt der Letzte, der die katholische Kirche verteidigen oder exkulpieren will, aber das hier? Nee, sorry, das finde ich abstoßend.
Tja und was passiert, wenn man einer moralisch mit dem Rücken zur Wand stehenden Bevölkerung so einen diskreten Hinweis auf einen möglichen Mittäter gibt: Es springt voll auf!
Pope John Paul II statue vandalized with red paint at Edmonton churchEs sind doch immer und überall dieselben Mechanismen.
In Berlin hingen immer Plakate für ein Theaterstück aus. "Ich bin's nicht, Adolf Hitler ist es gewesen". Wahrere Worte wurden selten gesprochen.
Ich bin's nicht, der Papst ist es gewesen.
Nun, der Anwalt und die Flüchtlinge kriegen jetzt den Ärger der Amis ab.
“My clients were de-facto participants in the whistle-blowing exercise that Mr. Snowden made, and the Hong Kong government just wants them to disappear,” Tibbo told the National Post in a recent interview from his temporary home in southern France.As for the lawyer himself: “I can’t go back, and I’m not going back.”
Die Flüchtlingsfamilien warteten alle seit Monaten darauf, dass ihr Fall mal bearbeitet würde. Als bekannt wurde, dass sie Snowden geholfen hatten, waren alle ihre Fälle sofort wieder unter Bearbeitung und wurden am selben Tag alle abgelehnt.Naja, würde man denken, Kanada hat ja gerade den Saudis gesagt, sie würden immer für Menschenrechte eintreten. Könnte nicht Kanada die Flüchtlingsfamilien aufnehmen?
Das hat sich auch Oliver Stone gedacht und appelliert an Trudeau. Bisher aber ohne Erfolg.
Im Moment ist Tibbo übrigens in Europa untergetaucht. Ich würde ja vorschlagen, dass Deutschland die Familien aufnimmt, aber unsere Junta war ja sogar zu feige, den Snowden auch nur temporär ins Land zu lassen.
Und jetzt kommt raus, dass in Kanada Frauen der Ureinwohner-Indianerstämme (dort First Nations genannt) im Klinikum sterilisiert wurden. Und zwar natürlich ohne ihr Einverständnis. Sie waren im Klinikum, um dort ihr Kind zur Welt zu bringen.
Wann war das? Gut, dass ihr fragt!
Sterilizations happened as recently as 2017Das behauptet jedenfalls ein Gerichtsverfahren, das Betroffene jetzt eingereicht haben. What the FUCK, Kanada!?
Tja, so ist das, wenn man sich in Ideologien verrennt.
Und mal völlig abgesehen von Trudeau und seinen Identity Politics: Kanada bombt seit Jahrzehnten fleißig mit, wo auch immer die Amis gerade bombardieren. Für Frieden und Menschenrechte, versteht sich!1!!
Was haben die denn gedacht, dass man sich so Freunde macht?
Ich muss sagen, dass mich das ein bisschen überrascht. Die scheinen noch Hoffnung zu haben in Kanada, dass Trump vorbeiweht wie eine Abgaswolke aus einer Chemiefabrik. Ich an deren Stelle hätte ja langsam angefangen, mir existenzielle Sorgen zu machen. Die sitzen mit vergleichsweise wenig Menschen auf einem Haufen Rohstoffe, strategisch zwischen den USA und Russland, die sich gerade verbünden. Hoffen wir mal, dass sie richtig gewettet haben.
So wollte Rheinmetall 119 der Boxer-Panzer mit einer 105-Millimeter-Kanone ausrüsten, als sogenannte "Break Through Vehicle" mit einer "full Hunter-Killer functionality", also einer uneingeschränkten Fähigkeit, den Feind zu jagen und zu töten. Jetzt sind es die Kanadier, die 119 der Radpanzer mit einer 105-Millimeter-Kanone ausliefern.Ihr seht also: Ein Instrument der Friedensforschung!
Oh, warte, sagte ich Panzer? Das stimmt ja gar nicht!1!!
Kanadische Politiker bemühen sich trotzdem, den militärischen Charakter der Rüstungsexporte herunterzuspielen. Der frühere Premier Stephen Harper soll die Panzer als bloße "Lastwagen" heruntergespielt habe. Der heutige Regierungschef Justin Trudeau sprach von harmlosen "Jeeps".Ja gut, Jeeps mit Bordkanone. Die dann zu einem bewaffneten Besuch beim Feind geschickt werden.
Ich bin mir sicher, es geht hier bloß um Teilnahme an Trumps Militärparade. (Danke, Christian)
Das war leider ziemlich klar, Kanada ist einer der verlässlichsten Mitläufer bei Kriegen der USA.
Unter Trump-Fans ist der Syrien-Feldzug übrigens eher unpopulär.
Der Kanadier kippte fast aus den Latschen und meinte, bei ihnen habe es schon wegen 25000 Flüchtlingen massive Debatten und Weltuntergangsbeschwörungen gegeben.
Ich will das nicht kleinreden, was der Trudeau da versucht, aber im Vergleich zu den Zuständen in Europa es ist eher eine PR-Maßnahme.
"Kein Land der Welt würde Millionen Barrels im Boden lassen, so lange es noch einen Markt dafür gibt", sagte er.So und jetzt achtet mal bitte darauf, wie die Tagesschau mit Trudeau umgeht. Ich hatte das ja in Alternativlos 37 kurz angesprochen, wenn ich mich Recht entsinne, dass Trudeau so eine Lichtfigur ist. Der sieht gut aus, hat sein Kabinett genau zur Hälfte mit Frauen bestückt, hat ein paar Mal Virtue Signalling gemacht und jetzt glaubt alle Welt, der sei halt einer der Guten. Und der macht jetzt sowas. Das erzeugt eine Kollision zwischen dem Weltbild ("Trudeau ist ein Guter") und der Realität ("Trudeau betreibt aktive Umweltvernichtung"). Ich finde es auffallend, wie sich der Tagesschau-Artikel bemüht, Trudeau nicht zu kritisieren. Achtet mal darauf, ob ihr das auch so empfindet. Da hat sich jemand noch nicht von seinem "der Trudeau ist aber ein Guter"-Weltbild lösen können, selbst als er den Gegenbeweis als Meldung auf dem Tisch hatte.
"Wenn sich zeigt, dass Europa unfähig ist, einen fortschrittlichen Handelspakt mit einem Land wie Kanada abzuschließen, mit wem glaubt Europa dann noch in kommenden Jahren Geschäfte machen zu können?"Was für eine Frechheit. Na genau wie bisher. Mit allen. Lolwut? Was ist das denn für eine debile Frage? Wenn wir uns nicht für über Kanada getunnelten US-Zugriff bücken wollen, dann steht plötzlich der Welthandel an sich in Frage?! Geht's noch?!
Ja, richtig! Gabriel hat sich mit Trudeau getroffen und ihm zugesichert, dass CETA von Deutschland akzeptiert wird.
CETA ist das TTIP-Äquivalent zwischen Kanada und Deutschland. Trudeau ist der kanadische Premierminister.
Update: Übrigens ist daheim die Sache alles andere als klar. Aber so ist das ja immer bei der SPD. Wie Vampire ernähren die sich von der falschen Hoffnung, die sie den Wählern machen, bevor sie sie dann die leergesaugten Hüllen mit Dolch im Rücken zu Boden fallen lassen und das Thema wechseln.