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Der perfekte Tag für eine Kundgebung also. Da kommt keine Sau, würde man denken. Stattdessen passierte das hier:
Begleitet von Kälte und Schneeregen haben sich am Samstagnachmittag rund 13.000 Menschen in Berlin zur Großkundgebung "Aufstand für den Frieden" am Brandenburger Tor versammelt.OK, an der Stelle eine Faustregel für Leute mit wenig Demonstrationserfahrung. Der Veranstalter schätzt die Menge gerne zu hoch ein, die Polizei schätzt sie gerne zu niedrig ein. Wenn die Polizei also von 13000 Teilnehmern spricht, ist die Aussage nicht: Wir haben gezählt, es waren 13000. Die Aussage ist: Es waren garantiert nicht weniger als 13000.
Vermutlich waren es also eher 15000 oder noch mehr. Bei dem Scheißwetter! Das ist geradezu grotesk viel. Zum Vergleich: Die "Freiheit statt Angst"-Demo 2007 hatte offiziell 15000 Teilnehmer.
Nicht nur ist das grotesk viel, es ist auch mehr als die Veranstalter erwartet hatten:
Damit seien mehr Menschen vor Ort als zunächst angemeldet, sagte eine Polizeisprecherin dem rbb.Ich höre das nur aus den Medien, bin selbst nicht hingegangen. Angesichts dieser Zahlen finde ich aber, dass das in der Politik Konsequenzen haben sollte.
Nicht nur die Demo hat riesigen Zulauf übrigens. Das "Manifest für den Frieden" hat aktuell knapp 650.000 virtuelle Unterschriften. Zum Vergleich: Das sind mehr als die Parteien der Ampelkoalition zusammen Mitglieder haben.
Mir ist die Situation inzwischen zu unklar geworden, um eine klare Position zu beziehen, was man jetzt tun soll. Grundsätzlich stimme ich zu, dass Kriege am Verhandlungstisch beendet werden, nicht auf dem Schlachtfeld, aber historisch gesehen waren es im Allgemeinen so, dass die Parteien sich erst mal gegenseitig zu Klump schießen mussten, bevor sie zu ernsthaften Verhandlungen bereit waren.
Mich irritiert gerade vor allem, wie häufig wir schon gehört haben, dass Putin alles Pulver verschossen hat, und wie wenig sich das mit dem beobachtbaren Verhalten der russischen Streitkräfte deckt. Wo bleiben denn die sichtbaren Anzeichen dafür, dass sich Russland überreizt hat? So häufig, wie die westliche Presse sie totgeschrieben hat, müsste man da irgendwelche Anzeichen sehen können oder nicht?
Wenn man Waffenlieferungen einbezieht, führt Russland hier gerade einen Weltkrieg gegen den gesamten Westen! Wieso konnten sie das länger als 10 Minuten überleben? War das Kräfteverhältnis so ungleich? Wieso hat unser Verhalten das dann nicht widergespiegelt?
In Demokratien enden Kriege häufig nicht durch Verluste auf dem Schlachtfeld, sondern durch Verluste an der heimatlichen Pressefront. Angesichts der Zahlen dieser Demo und des Manifests würde ich sagen, dass unsere Heimatfront mindestens sichtbar zu bröckeln angefangen hat.
Update: Frank zieht mich gerade wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Er meint, die Grenze für "jetzt ändert sich was" sind 1 Mio auf der Straße, 10000 hätte man regelmäßig auch bei Protesten von Pflegern und Krankenschwestern und da passiere ja auch nie was. Seufz.