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Die Hoffnung, bei der anstehenden Renaturierung sicher eine Weiterbeschäftigung zu finden, ist trügerisch. Schon jetzt sind jede Menge Menschen mit Renaturierungsmaßnahmen beschäftigt. Die werden natürlich nicht nach Stilllegung der Tagebaue verschwinden, sondern in Konkurrenz mit den nachdrängenden Kohlekumpeln geraten.Das Problem sind auch nicht nur die direkten Tagebaubeschäftigten. Es gibt jede Menge Zulieferer und Dienstleister, die mehr oder weniger unmittelbar am Kraftwerks- und Tagebaubetrieb hängen und deren Dienste nach der Stilllegung und bei der Renaturierung nicht mehr gefragt sind. Im mitteldeutschen Revier mag das nicht total dramatisch sein. In der Lausitz aber sind Tagebau, Kraftwerk und energieintensive Industrie der industrielle Kern. Sind Erstere stillgelegt und haben Letztere ihren Standort verlagert, dann bleiben - überspitzt gesagt - die Frisöre und Altenpflegerinnen unter sich und die ganze Gegend wird mittelfristig wolfsgerecht.
Die Kohle geht über eine 14km lange Bandanlage ins Kraftwerk Lippendorf und wird dort mit einem Wirkungsgrad von 42,55 % zu Strom und Fernwärme, die z.B. nach Leipzig geliefert wird. Daneben versorgt das Kraftwerk die umliegenden Chemiebetriebe mit Strom und Prozesswärme. Ganz sicher gehen nicht "60% der Energie dieses Kraftwerks" für den Betrieb des Tagebaus drauf. Der Gesprächspartner war wohl nicht ganz informiert.
Bezüglich Deiner Bemerkung, du könntest mit einem ganzjährig abgeschalteten Braunkohlekraftwerk gut leben, rate ich zum Blick auf: https://energy-charts.de/power_de.htm des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. Dort kann man die einzelnen Energieträger in der Darstellung ein- und ausblenden. Die Erkenntnis dürfte sein, dass man zwar mit einem abgeschalteten Braunkohlekraftwerk gut leben kann, dass aber bei Abschaltung aller Braunkohlekraftwerke und gleichzeitigem Ausstieg aus der Kernenergie eine ziemliche Achterbahnfahrt bei der Energieerzeugung übrigbleibt.
Ein Umbau der Systeme mit ausreichend Speicherkapazität wird einige Zeit beanspruchen. Ein unbegrenzter Zubau von Windenergie, der in der öffentlichen Debatte gerade schwer im Aufwind ist, wird nicht helfen.
Unendlich mal Null (Flaute) ist immer noch Null. Ich meine sogar, dass wir zur Kernenergie zurück müssen um den CO²-Ausstieg hinzubekommen. Im Hau-Ruck-Verfahren erledigen wir Deutschland als Industriestandort und dienen der Welt dann nicht als Vorbild, sondern als abschreckendes Beispiel.
Ich würde mir wirklich eine differenziertere Betrachtung und ein weniger emotionsgesteuertes Herangehen an diese Aufgabe wünschen.