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Also die Story ist die. Nehmen wir mal an, die Stadtwerke Hintertupfingen haben sich das mal durchgerechnet und wollen Glasfaser zu ihren Kunden verlegen. Die gehen also rum, rechnen sich aus, wie viele Kunden sie mindestens brauchen, machen Vorbereitung, machen Werbung unter den potentiellen Kunden, und 50% sind an Bord (man braucht wohl mindestens so 40%).
Und was passiert dann? Stellt sich raus: Für die Förderung des Glasfaserausbaus gibt es ein Gesetz, das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG). Da gibt es einen Paragraphen 77i, der folgenden Hintergedanken hat. Nehmen wir an, die Stadtwerke machen die Straße auf, um ein Gasleck zu reparieren. Dann dürfen Telcos kommen und die Gelegenheit nutzen und ihre Glasfasern verlegen, ohne sich am Straße-Aufmachen zu beteiligen. Und das ist der Großteil der Kosten.
Ihr ahnt sicher schon, wo die Story hingeht.
Die Stadtwerke Hintertupfingen machen also die Straße auf, um ihr hart auf Kante durchgerechnetes Glasfaserangebot umzusetzen, und dann kommt die Telekom, beruft sich auf §77i, und legt ihre Glasfasern daneben. Ohne sich an den Baukosten zu beteiligen. Und kann dann selbst Glasfaser wettbewerbsverzerrend für einen Bruchteil der Kosten anbieten und den Stadtwerken den Markt kaputtmachen.
Das Gesetz ist so beschissen verkackt formuliert, dass das legal ist. Herzlichen Glückwunsch, Herr Dobrinth!
Mit dem DigiNetz-Gesetz machen wir Deutschland fit für die Gigabit-Gesellschaft. In Zukunft gilt: Jede Baustelle bringt Bandbreite. Wer Verkehrswege oder Neubaugebiete erschließt, muss Glasfaserkabel direkt mitverlegen.Lässt sich nach Strich und Faden verarschen, und merkt es nicht mal. Das Gesetz haben bestimmt Telekom-Lobbyisten, äh, -Berater "vorformuliert", und unsere an Inkompetenz kaum zu überbietenden geistig Unbewaffneten haben es übernommen.
Der Spiegel hatte das auch, aber wer liest heute noch den Spiegel :)
Oh, und die Telekom stellt sich auch noch als Monopol-Verhinderer dar in der Sache!
Es warnte davor "neue Gebietsmonopole aktiv zu fördern, indem man private Investoren von der Möglichkeit der Mitverlegung von Kabeln ausschließt, nur weil zumeist kommunale Unternehmen bereits eigenes Interesse angemeldet haben".Oh und natürlich hat der zuständige Industrieverband der Politik das schon 2016 gesagt.
"Wir haben schon 2016 darauf hingewiesen, dass dieses Problem auftreten kann", sagt VATM-Chef Grützner. Auch der deutsche Landkreistag, der als kommunaler Spitzenverband viele Breitbandprojekte von Gemeinden betreut, hatte den Bundestag im Juni 2016 darauf hingewiesen, wie anfällig Paragraf 77i für Missbrauch ist.So langsam wird es echt Zeit für die Fackeln und die Mistgabeln. Wo bleibt eigentlich die Revolution?
Update: Leserbrief:
Auch sehr beliebt ist folgende Methode den Glasfaserausbau zu verhindern:
Wie immer schreiben die von DSL-Lite geplagten Kommunen zuerst die Telekom an und bitte um Internet. Das wird dann dankend von der Telekom abgelehnt, weil es nicht rentabel ist. Jetzt planen die Kommunen ein Glasfasernetz, graben die Löcher und installieren die Knoten. Kurz bevor das Netz aber online geht findet die Telekom doch ein paar DSLAMs im Keller und baut die schnell auf. Das Netz wird hierzu nur auf das nötigste aufgebohrt.
Das Versprechen von 50 mbit/s sind für die meisten völlig ausreichend und wechseln aus Faulheit (Kündigungsfristen) nicht zur Fiber. Dann gehen die Komunalbetriebe pleite und der DSL Ausbau endet. Es werden nur genau so viele Kunden mit vDSL versorgt, wie nötig sind um die Komunalbetriebe zu ruinieren
Noch ein Leserbrief:
ich arbeiten im Bereich Tiefbau (Ingenieurbüro) und kann aus gemachten Erfahrungen eine Ergänzung zum Glasfaserausbau machen:
Wenn dann mal eine Kommune doch ihre Kabel verlegt bekommt, ohne dass die Telekom sich daneben legt (weil die einfach viel zu langsam reagiert haben...), ist aufgrund nicht vorhandener Fachkompetenz in der Kommune - das IB spart man sich - und mangelhafter bzw. fehlender Bauüberwachung - spart man sich auch - bei der Verlegung diese dann so schlecht, dass relegmässig die Kabel gerissen werden, wenn an der Örtlichen Infrastruktur gearbeitet wird (Erlebt: Kabel 20 cm unter dem Asphalt!). Zudem: Aussagefähige Bestandspläne? Auch gespart!
Und noch einer:
kenne den c't Artikel nicht im Detail, aber die praktische Gesetzregelung zeigt auch eindrucksvoll, wie ernsthaft in Deutschland am Glasfaserausbau gearbeitet wird.
Mein Vater kalkuliert für die Strabag hauptsächlich Straßen und Wege. Die müssen jedes Mal Bescheid geben, wenn sie irgendwo eine Straße aufmachen/neu bauen, damit die Anbieter gleich ihre Kabel verlegen können. Irgendwann soll schließlich überall mal Glasfaser verfügbar sein. Wenn also nicht jetzt, dann muss man später irgendwann ran an die Straße und es wird Geld kosten.
Aber hier im ländlichen Mecklenburg ist die Antwort der Telekom dann meist nicht "Danke für die Info, diese Chance lassen wir uns nicht entgehen", sondern fast immer "Ja ne lass mal, brauchen wir momentan nicht". Und so werden die Straßen dann ohne parallel verlegtes Breitbandkabel fertig gemacht.
Genaue Zahlen hab ich nicht, aber es passiert zumindest so oft, dass mein Vater sich bereits mehrfach drüber ausgelassen hat. Es ist für den gesunden Menschenverstand einfach nicht zu begreifen, weil die Alternativen ekelhaft sind. Entweder die Kabel werden später und wesentlich teurer verlegt oder sie werden gar nicht verlegt.
Aber ich will nicht meckern über die Telekom, wenns sein muss dann kann sie auch in Mecklenburg ganz schnell reagieren. Denn in Neustrelitz hatte man die Faxen dicke und baut sich jetzt selber Glasfaser (Strelix). Dauert nur ein bisschen und siehe da, die Telekom setzt alle Hebel in Bewegung um irgendwie vorher ihr "fortschrittliches" Vectoring anbieten zu können. Da legen die dann auch richtig Tempo an den Tag, Hauptsache man packt es irgendwie vor der entstehenden Konkurrenz.
Und noch ein Leserbrief:
ich bin kommunalpolitisch aktiv und habe darum die Möglichkeit mit kleinen Anfragen zu arbeiten. Zu TMG §77i habe ich dieses Jahr in meiner Kommune eine solche gestellt und war von den Antworten überrascht.
Kein TelKoAnbieter hat sich bisher bei uns dafür interessiert, weil unser Netz schon zu schnell ist, nämlich 30 MBit.
"Nach § 771 Abs. 6 TKG können Eigentümer und Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze im Rahmen von Bauarbeiten passive Netzinfrastrukturen sowie Glasfaser mitverlegen. Da Greifswald mit derzeit bereitgestellten Bandbreiten von über 30 Mbit/s ausgestattet ist, ist die Aufgreifschwelle für das Bundesförderprogramm überschritten."
Mit anderen Worten: Wenn das Internet auf dem Stand von vor 10 Jahren vorhanden ist, dann muss auch nicht weiter verlegt werden.
Das Schlüsselwort ist aus meiner Sicht "Bundesförderprogramm". Die Telekom protzt ja immer damit herum, wieviel Glasfaser sie so verlegt, aber dass über Förderprogramme der Steuerzahler dafür zahlt, das erwähnen sie irgendwie nie.