Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Aber wie sich rausstellt: Stimmt nicht. Ich frage mich langsam, was passieren muss, damit Jürgen Schmidt aufhört, Antiviren als notwendig zu verkaufen. Das ist ja eine Sache, wenn er mir nicht glaubt, der ich in meiner beruflichen Laufbahn den Quellcode von einigen Schlangenöl-Implementationen gesehen habe, aber da aus NDA-Gründen keine Details veröffentlichen kann. Aber wenn dieser Firefox-Mitarbeiter aus dem Nähkästchen erzählt, da kann man ja wohl kaum "ach das denkt der sich doch bloß aus" zurechtrationalisieren?!
Also, lieber Jürgen. Sag mir doch mal. Was müsste passieren, damit du deine Position revidierst?
Müsste deine Mutter Ransomware über eine Schwachstelle in einem Antivirus installiert kriegen?
Ich meine das völlig ernst. Was müsste passieren?
Denn mir geht langsam die Fantasie aus, was für Szenarien da noch möglich wären, um die seit Jahren naheliegende Schlussfolgerung zu widerlegen, dass dieses Antivirus-Fanboy-Schreibertum bei Heise letztendlich Dogma ist. Religiöse Verblendung.
Wieso verkauft Heise eigentlich keine Antiviren? Bisschen Kickback der Hersteller einfangen? Tolles Geschäftsmodell! Von der Berichterstattung her könnte Heise ja kaum noch tiefer mit den AV-Herstellern unter eine gemeinsame Bettdecke rutschen.
Egal, wie viele Bugs es gibt. Bugs passieren halt. Installieren Sie den neuen Patch, dann sind Sie wieder sicher!1!!
Update: Ein Einsender meint, dass Heise einmal im Jahre der c't eine "desinfec't"-DVD beilegt, das sei ja auch sowas wie ein Verkauf von Antiviren. Kann man bestimmt so sehen, ja. Zumindest ist es ein Anfixen :-)
Update: Ohne da ins Detail gehen zu können, schließe ich mich übrigens der Einschätzung an, dass das Schlangenöl von Microsoft noch am wenigsten neue Angriffsoberfläche aufreißt. Ich hatte die Details schonmal grob dargelegt.
Update: Ich habe eine Mail von Jürgen Schmidt gekriegt. Er weist meine Kritik von sich und findet, dass seine Berichterstattung sogar aktiv für das Hinterfragen der Position steht, dass AV-Software wichtig und nötig ist. Das würde ich auch gerne so sehen, und es stimmt auch, dass er häufiger negative Meldung zu Schlangenöl bringt, aber tut mir leid, das hat ihm auch niemand vorgeworfen, dass er negative Meldungen zu AV-Software unterdrückt. Was mich an dem vorliegenden Artikel am meisten geärgert hat, war dieser Satz:
Nun lässt sich das nur allzu leicht als Unsinn abtun – etwa indem man auf die fatalen Konsequenzen ungeschützter Systeme verweist.
Hier wird per Nebensatz unhinterfragbar als Prämisse etabliert, dass a) AV Schutz bietet, b) Systeme ohne AV ungeschützt sind, und c) es fatale Konsequenzen hat, kein AV einzusetzen. Ich bestreite alle drei Prämissen. Wenn dieser Satz nicht in dem Artikel gewesen wäre, hätte ich nichts gesagt. Der Rest des Artikels ist aus meiner Sicht Berichterstattung und neutral gehalten. Da hätte ich mir zwar immer noch gewünscht, dass Heise Security ihre editoriale Reichweite nutzt, um den Leuten deutlich zu machen, dass da nicht nur irgendein Spinner Dinge behauptet, und dass Heise das auch so sieht. Aber das hätte mich nicht genug ärgert, um dazu einen Blogpost zu machen.
Update: Jürgen Schmidt schrieb mir jetzt, dass er diesen Satz anders gemeint hat, als ich ihn verstanden habe. Er wollte damit den Leser da abholen, wo er ist. Er verwehrt sich auch gegen den Eindruck, die Redaktion sei gekauft, von wem auch immer. Ich möchte hier nochmal explizit darauf hinweisen, dass ich das auch nicht vorgeworfen habe. Das Schreibertum von Heise liest sich meiner Meinung nach so. Das heißt nicht, dass irgendjemand tatsächlich gekauft ist — nichtmal, dass das Dogma Absicht ist oder bewusst stattfindet.
Ich habe Jürgen gebeten, einfach mal ein Statement zu veröffentlichen, was das klarstellt. "Wir bei Heise sind keine Antivirus-Proponenten und unsere positive Berichterstattung sollte nicht als Werbung missverstanden werden". Wenn ich Jürgen richtig verstanden habe, ist das bei Heise eh so. Also würde so ein Statement ja auch niemandem wehtun. An anderer Stelle ist Heise ja schon vorbildlich, z.B. wenn sie dranschreiben, dass ein Hersteller dem Journalisten die Reise bezahlt hat. Wenn es sich hier wirklich um ein Missverständnis handelt, können wir das ja mal eben kurz und schmerzlos auflösen. Your move, Heise.
Update: Angesichts dieses Artikels muss ich meine Kritik an Jürgen Schmidt in der Tat zumindest partiell widerrufen. Da schreibt er
vieles von Böcks Kritik trifft voll ins Schwarze
Ich sehe aber immmer noch einen Unterschied zwischen dem Anerkennen von Fakten und dem Aussprechen der sich daraus ergebenden Bewertung, dass Antiviren grundsätzlich nicht vertrauenswürdig sind. Das blieb Heise bisher schuldig.