Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Ein bisschen schade für den Tagesspiegel ist das trotzdem, finde ich. Aber ich finde das ja immer schade, den Niedergang des Journalismus live zu beobachten.
Also. Der Inhalt. Die arme unschuldige Stiftung ist "unter Beschuss", wir sind also sozusagen im Krieg. Dabei wollten sie nur was gutes tun, nämlich eine Broschüre veröffentlichen, gegen Hassrede im Netz? Was könnte nobler sein?
Nun, nobler könnte sein, wenn die Stiftung, die hier vom hohen Ross über Hassrede im Internet schwadroniert, nicht als zuständige Mitarbeiterin ausgerechnet Julia "Hass! HASS! HASS!!!" Schramm einstellen würde. So ist die ganze Aktion ein Rohrkrepierer und ich habe das von Anfang an nicht ernst nehmen können. Das ist für mich ungefähr so glaubwürdig, als wenn Erdogan anderen Ländern was über Pressefreiheit erzählt.
Aber dieser Text da ärgert mich jetzt doch, muss ich euch sagen. Alleien schon der erste Absatz. Da kamen unangemeldete Besucher. DAS IST JA FURCHTBAR! Besucher! Und die kamen UNANGEMELDET!!! Ruft die Polizei! Ist diese Stiftung so eine Gated Community, dass man da nur mit Voranmeldung hin darf?! Die wollten dann der Stiftungschefin eine Urkunde überreichen, die ihre "hervorragenden Dienste bei der Zensur von einwanderungskritischen Kommentaren" würdigt. Dafür hatten sie drei Cosplayer in Stasi-Uniform dabei und einer filmte.
Zu der Aktion bekannte sich die rechtsextreme "Identitäre Bewegung", die später im Netz behauptete, es habe sich um eine "satirische Intervention" gehandelt.Wie, "behauptet"? Was ist denn daran nicht klar satirisch? Haben die Gewalt ausgeübt oder angedroht? Offensichtlich nicht. Die Stiftung konnte sie "herauskomplimentieren". Warum eigentlich? Sind die da so ungefestigt in ihrem Weltbild, dass sie andersgerichtete Rede nicht ertragen können und keinesfalls Kontakt zu ihrem Führungspersonal aufbauen lassen können? Aus meiner Sicht eine sehr schwache Nummer, und nicht auf Seiten der Nazis. Das hätte man viel souveräner handhaben können, wenn man denn wirklich auch Argumente auf seiner Seite hätte, und nicht bloß Dogmen.
Der "Autor" fasst das wie folgt zusammen:
Rechtsextreme dringen ein in die Räume einer Stiftung, die sich seit Jahren für Zivilgesellschaft und demokratische Kultur einsetztSorry, aber das klingt bisher an keiner Stelle wie "eindringen". Die haben geklingelt und haben an der Tür mit den Mitarbeitern geredet. Und als die Mitarbeiter sie zum Weggehen aufgefordert haben, sind sie weggegangen. Wofür hat eine Stiftung denn eine physische Niederlassung, wenn nicht, damit man da hingehen kann?
Ich bin sicher kein Freund dieser Identitären und ihrer Ideologien, aber bei dieser Aktion waren sie deutlich souveräner als diese Stiftung, die da den moralischen High Ground für sich beansprucht.
Der ganze Artikel ist eine einzige Aneinanderreihung von schlechten Ausreden und mehr oder weniger offensichtlichen Hindrehungen der Realität, um die Stiftung als Opfer und alle anderen als Täter hinzustellen.
Kurz danach veröffentlichte die Stiftung ein Gutachten des Stasi-Forschers Helmut Müller-Enbergs, laut dem es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Kahane im Rahmen ihrer inoffiziellen Stasi-Tätigkeit von 1974 bis 1982 Dritten Nachteile zugefügt hat.Welche Rolle spielt denn das bitte? Ziehen wir da jetzt Linien im Sand? Die bloße Existenz der Stasi hat Dritten Nachteile zugefügt, weil sie ihre Verhalten geändert haben. Als Spitzel mit denen zusammenzuarbeiten ist nicht zu rechtfertigen oder zu relativieren. So jemand ist in meinen Augen lebenslänglich verbrannt und kann nie wieder in einer Stiftung für Demokratie und Zivilgesellschaft eine Rolle übernehmen, außer vielleicht Reinigungsfachkraft oder Hausmeister oder so. Und selbst da wäre ich sehr vorsichtig.
Aber dieser Meissner dreht sich da halt die Realität zurecht, wie es ihm passt. Besonders übel fand ich das hier:
Stiftungsgeschäftsführer Timo Reinfrank sagte, die persönlichen Attacken gegen Kahane seien "besonders aggressiv und häufig antisemitisch".Oh, ach, jetzt kommt auch noch die Antisemitismuskeule? Anders kann diese Stasi-Kollaborateurin ihr Opfertum nicht mehr begründen? Und ihr merkt nicht selbst, dass die auf ihrem Posten untragbar ist?!
Im weiteren Text werden die Vorwürfe gegen die Stiftung dann als "von rechts" pauschal verunglimpft. Ich möchte an dieser Stelle festhalten, dass meine Vorwürfe von links kommen, nicht von rechts. Und dass es bei Vorwürfen EGAL IST, VON WO DIE KOMMEN. Wichtig ist, ob sie inhaltlich gerechtfertigt sind oder nicht. Und in dieser Frage versuchen die nicht mal eine Auseinandersetzung. Nachhaltiger kann man die Restkrusten seines Ansehens gar nicht zerstören.
Und in diesem Kontext ist es besonders verheerend, dass diese Stiftung ausgerechnet gegen "Hassrede" vorgehen will, wo sich der Verdacht aufdrängt, dass das bloß ein Vehikel zur Diffamierung und Zensur ihrer Kritiker ist. Und genau so spielt die Stiftung die Sache ja auch gerade weiter durch. Und dieser Artikel im Tagesspiegel lässt ja auch keinen Absatz vergehen, ohne deutlich zu machen, dass diese Kritik an der Stiftung unter Hassrede einzuordnen ist und damit verboten gehört.
Ich habe diese Stiftung bisher eigentlich nie positiv wahrgenommen, weil der Name Amadeu-Antonio wie so eine Usurpierung des Karmas von jemand anderem auf mich wirkte. Wir benennen unsere Stiftung mal nach dem, dann traut sich schon keiner zu fragen, ob wir hier eigentlich das richtige Personal für die Frage sind, und ob was wir tun Hand und Fuß hat. Dann diese furchtbare linke Empörungsecke, aus der die kommen, das tut nochmal das seinige, um den Ruf zu schädigen.
Aber ich habe mich neulich mit einem Freund unterhalten, und der erzählte mir, dass die auch gute Dinge getan haben. Er führte da die "Noteingang"-Aktion auf. Das war mir in der Tat nicht bewusst, dass das auf diese Stiftung zurück ging. Und so bin ich jetzt gespalten, was ich mir für die Zukunft wünsche. Angesichts dessen, dass die nicht nur Internetzensur und Hassrede-Bullshit machen, erscheint es mir nicht angemessen, denen pauschal die Schließung zu wünschen. Aber irgendwie müssen wir da die Erkenntnis hintragen, dass man einen Haufen guter Arbeit ganz schnell mit ein bisschen schlechter Arbeit kaputtmachen kann. Schaut euch nur die Polizei an.