Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Aber jetzt gehen wir mal ein bisschen tiefer.
EU-Agrarsubventionen werden nach Land bezahlt. Mehr Land — mehr Subventionen.
So und jetzt denken wir mal über den Ostblock nach. Da gehörte das Land ja nicht dem Bauern, sondern das war eine Kolchose. Viel Land gehörte dem Staat.
Wer hatte da die Befugnis, das Land zu verkaufen? Die Regierung.
Jetzt werdet ihr euch wahrscheinlich denken, hey, das wird bestimmt zu einer immensen Korruption und Vetternwirtschaft beim EU-Beitritt der Ostblockländer geführt haben!
Die New York Times hat mal recherchiert. Ihr habt völlig Recht, genau so war es. Sie exerzieren das mal am Beispiel von Viktor Orban durch, aber es betrifft auch die anderen Länder.
A company formed by the Czech prime minister, Andrej Babis, collected at least $42 million in subsidies last year.
Na SO ein Zufall! Ausgerechnet die Leute, die den Bürgern erzählen, die Ausländer nähmen ihnen das Geld weg, sind selbst die eigentlichen und größten Räuber. Wie ... poetisch!
Viel Spaß beim Anhören!
Achtung: Daily Mail ist ein übles Hetzblatt, aber es ist ein nationalkonservatives Hetzblatt, kein liberales.
Update: Vorsicht bei der Geschichte, der Mann ist heute 50 und war damals unter 20, wie es klingt. Daher argumentiere ich hier wie bei Andrej Holm, dass man Menschen das Recht einräumen muss, in ihrer Jugend Fehler gemacht zu haben. Allerdings würde ich dann von dem Gorsuch auch erwarten, dass er öffentlich Reue zeugt. Und hey, vielleicht ist ja auch die ganze Story eine Ente. Wäre nicht das erste Mal bei der Daily Mail.
die internationale Dating- und BDSM-Community fetlife.com wird gerade existentiell bedroht. Die 2 Geschäftskonten des Betreibers bei 2 verschiedenen Banken sind gesperrt, auf Betreiben eines Kreditkartenunternehmens, das sich über "blood, needles, and vampirism" und etwas schwammiger über "Illegal or Immoral" Inhalte beschwerte. Als erste Maßnahme hat der Betreiber gezwungenermaßen Hunderte Gruppen und Accounts gelöscht, die einschlägige Themen behandeln oder auch nur im Namen trugen. Wohlgemerkt, es geht um sexuelle Fantasien und ausschließlich einvernehmliche Praktiken.Das ist in der Tat eine Sache, über die viel zu wenig gesprochen wird, dass privatisierte Zensurinfrastruktur keinen Rechtsweg offen lässt. Ich habe das ja bei Facebook und Hatespeech schon ein paar Mal angesprochen, aber dass damit jetzt irgendwelche Puritaner anderen Leuten das Ausleben ihrer Sexualität untersagen wollen, das ist ja leider kein großer Schritt mehr von da aus :-(Warum sollte uns das kümmern?
- Es sind hunderttausende Mitglieder aus vielen Ländern betroffen (Deutschland ist eine der größten Untergruppen), die oft keine andere Möglichkeit haben, überhaupt über ihre eigene Sexualität zu sprechen. Fetlife.com ist dezidiert queer und poly und offen, daß sie jetzt zu so einem Schritt gezwungen werden, richtet gewaltigen Schaden an.
- Die Macht der Kreditkartenfirmen (und -abwickler) ist gewaltig. Ohne sie läuft in den USA gar nichts, keine Firma, keine Organisation, die auch nur irgendwie Geld bekommt, seien es Anzeigenerlöse oder Spenden. Das haben konservative Gruppen erkannt und benutzen diesen Hebel, um ihnen unangenehme Inhalte und Aktionen zu unterdrücken.
- Es gibt keine gesetzlichen Regelungen, keinen Rechtsweg, um sich gegen so eine Kontosperrung wehren zu können. Die Situation ist vergleichbar mit Youtube-Sperrungen wg Copyrightclaims oder Facebook-Sperrungen wg "Verstoß gegen unsere Content-Policy".
- Fetlife.com ist keineswegs ein Einzelfall, Seiten wie motherless, imagefap etc haben schon längst ganze Kategorien gelöscht und viele Begriffe un-suchbar gemacht.
- Es geht nicht etwa nur um Sex oder "irgendwelche Vorlieben". Mit demselben Hebel (mit genügend Geld wedeln) können zB Immobilienbesitzer Websites von Mieterinitiativen lahmlegen. Die Taktik, dem Gegner einfach mal die Lebensgrundlage zu entziehen, wird wieder beliebter, siehe Humboldt-Uni gegen Andrej Holm.
- Die BPjM hat dick die Finger drin, wenn es nach ihr ginge, wäre die ganze Community für Deutschland gesperrt, weil kein zertifiziertes Altersverifikationssystem (vulgo Gelddruckmaschine für Wegelagerer) den Zugang verhindert.
Was wäre zu tun?
Zunächst einmal ist Öffentlichkeit herzustellen, denn dann zensiert sichs nicht mehr so einfach unbemerkt im Dunkeln.
Die Diskussion um irgendwelche "dringend benötigte" Zensurinfrastruktur, wie aktuell für Facebook, klammert sich hierzulande sehr an Gepöbel und Holocaustleugnung, blendet aber die Folgen aus und vergißt, daß selbst das schlechteste Gesetz immerhin noch einen Rechtsweg besitzt - aber eine funktionierende Zensur in den Händen privater Firmen unangreifbar ist. Nötig wäre ein gesetzlicher Rahmen, der allen Firmen eine "Content-Neutralität" auferlegt und Verstöße dagegen ahnden kann.
Quellen:
Die Stellungnahme von John Baku, Betreiber von Fetlife.com
Zusammenfassung der LageDisclaimer:
Ich bin im Vorstand von BDSM-Berlin e.V. (bdsm-berlin.de), wir sind ein gemeinnütziger Verein und seit fast 20 Jahren aktiv in Sexualaufklärung, Beratung und Hilfe.
Update: Highlight aus der verlinkten Stellungname von dem Fetlife-Betreiber:
Why haven't you embraced Bitcoin to get away from the restrictions of the banks / credit card companies? - @Eibon
We used to accept bitcoins through Coinbase.
They dropped us a year ago because we are a kinky site. No joke.
Kannste dir gar nicht ausdenken, sowas.
Existenzvernichtung erfolgreich abgeschlossen. Na da könnt ihr ja alle stolz auf euch sein jetzt. Ich möchte bei der Gelegenheit darauf hinweisen, dass weder Eberhard Diepgen noch Klaus-Rüdiger Landowsky jemals auch nur von der Größenordnung hervergleichbare Existenzvernichtung hinnehmen mussten für ihre Rolle im Berliner Immobiliensumpf und dem Landesbankskandal. Die können sich auf ihren jahrelang eingestrichenen Reichtümern ausruhen. Aber den Holm, den machen wir jetzt platt!1!! Gerechtigkeit für alle!!1!
Was ich ja besonders beeindruckend finde, ist dass es in den letzten Tagen nicht nur ein sondern zwei juristische Untersuchungen dazu gab, ob die HU Andrej rausschmeißen kann oder nicht, und beide kamen zum Schluss, dass das völlig unhaltbar wäre und vor Gericht sofort zurückgenommen werden müsste. Daher schließe ich aus der Gesamtsituation, dass die HU das nicht aus eigenem Antrieb gemacht hat, sondern weil die korrupte Politik sie gezwungen hat.
Da kann man doch mal wieder echt stolz sein auf sein Land! Und WIR haben die Stirn, uns über die Griechen aufzuregen! Und die Briten!
Bisher war ja der Plan, dass die HU ihn wegen der Stasi-Vergangenheit rauskantet, und dann kann man da elegant aufspringen. Aber dann hat RA Eisenberg in der taz (die hier nicht mehr verlinkt wird) ein Interview gegeben, in dem er darlegte, dass die HU im Grunde nicht zu dem Ergebnis kommen kann, dass Andrej wegen Stasi-Kram gehen muss, musste offenbar ein Plan B her.
Spannend ist, dass das die Linke (die ihn aufgestellt hat) anscheinend kalt erwischt hat, die haben das sozusagen aus der Zeitung erfahren. Die drohen jetzt mit dem Bruch der Koalition, aber das halte ich für eine leere Drohung. Seit wann erinnern sich die Linken noch an ihre Prinzipien, wenn sie Regierungsverantwortung haben?
Erinnert ihr euch noch an die Stasi-Akten von Gauck und Merkel, die die "B.Z." veröffentlicht hat? Nicht? Ich auch nicht. Denn in ihren eigenen Reihen lässt die CDU gerne mal eine Stasi-Akte oder zwei verschwinden. Aber beim politischen Feind, da drücken sie nach allen Regeln der Kunst auf die Kunstbluttube.
Ekelhaft. Widerlich. Boah wie abartig.
Aber hey, jetzt ist die Stasi-Akte offen. Und was steht drin? Irgendein Erkenntnisgewinn?
Bei mir auch nicht.
Na das hat sich ja gelohnt, liebe CDU. Tiefer konntet ihr nicht tauchen in der Güllegrube, wa? Ich hoffe, es gefällt euch da unten, in den Fäkalien schwimmend. Denn den Gestank werdet ihr so schnell nicht wieder los.
Oh, übrigens. Wenn es um ihre eigenen Leute geht, findet die CDU nicht, dass "Wehrdienst auf Zeit bei Wach- und Sicherungseinheiten des MfS" als Stasi-Tätigkeit zählt. Dreimal dürft ihr raten, warum sie das in Dresden so sahen 2009.
Ich finde nicht. Frau Kahane soll tatsächlich Spitzeltätigkeiten für die Stasi durchgeführt haben. Klar kann auch sie in einer Notlage gewesen sein und keine Wahl gehabt haben, insofern bin ich auch bei ihr der Meinung, dass sie in Ruhe und unbehelligt ihr Leben führen dürfen soll heute. Aber nicht als moralische Instanz und an der Spitze einer Menschenrechts-NGO. Das geht nicht, sorry.
Wenn jemand Belege dafür findet, dass Andrej in seiner Zeit Leute bespitzelt hat (ein Einsender schrieb mir, dass es das gegeben haben soll), dann legt die bitte vor und ich werde meine Position revidieren.
Andrej Holm ist jetzt jemand, der gegen Gentrifizierung vorgehen will und sogar Hausbesetzungen befürwortet hat. Das ist für alle Bürger gut, die die inhaltlich nicht zu rechtfertigenden Mietsteigerungen der letzten Jahre zurückrollen oder zumindest aufhalten wollen. Es ist für alle eine gute Nachricht, außer für die fiesen Spekulanten, die mit Mietpreis-Abzocke und Immobiliendeals jahrelang andere Menschen abgezockt haben.
Will sagen: Es geht hier nicht um die Stasi. Es geht darum, dass hier einige CDU-nahe Gruppierungen zum ersten Mal in ihrem Leben Angst um ihre Pfründe haben müssen.
Gut so, sage ich. Gut so.
Update: Klaus Landowsky sitzt übrigens immer noch nicht im Knast.
Ich bin in West-Berlin aufgewachsen und habe daher zu dem ganzen Kontext keinen direkten Zugang. Daher will ich hier mal, wie es in diesem Blog üblich ist, die Gegenthese vertreten, und dann könnt ihr euch selber eine Meinung bilden.
Erstmal die Fakten. Holm hat selbst erzählt, dass er nach der Schule eine Karriere in der Stasi angestrebt hat. Daher hat er seinen Wehrdienst im September 1989 beim Stasi-Wachregiment "Feliks Dzierzynski" angetreten. Kurz danach brach die DDR zusammen.
Man kann jetzt sagen: Dieses Wachregiment ist schon Teil der Stasi-Karriere, also können wir Andrej Holm Stasi-Vorwürfe machen.
Oder man kann sagen: Das war Wehrdienst, den musste jeder machen.
Meine Freunde aus dem Osten haben mir jetzt erzählt, dass dieses Wachregiment aus auch Nicht-Stasi-Gründen sehr attraktiv war, weil man da a) nicht durch den Schlamm robben musste und b) in der Nähe von Berlin stationiert war und seine Freundin besuchen konnte.
Das aber nur als Bewertungskontext. Holm hat angesagt, dass er das für eine angestrebte Stasi-Karriere gemacht hat.
Für mich ist aber der entscheidende Punkt, dass er nicht bei der Stasi angefangen hat. Das lag nicht an ihm sondern am Zusammenbruch der DDR. Aber für Intentionen, die nicht ausgeführt werden, wird in meinem Weltbild niemand bestraft. Nur mal so als Gedankenexperiment. Jemand strebt eine Stasikarriere an, aber hat dann einen Autounfall. Kann man sich ja einmal so vorstellen, dass er eine alte Oma überfährt und in den Knast kommt, und einmal so, dass er angefahren wird uns im Krankenhaus im künstlichen Koma liegt. Jedenfalls kommt es nicht zur Stasikarriere. Würden wir demjenigen dann Vorwürfe wegen der abgestrebten Stasikarriere machen?
Oder andersherum. Was wenn Andrej uns jetzt angelogen hätte, dass er gar nicht zur Stasi wollte, aber er nur zu diesem Wachregiment gegangen ist, weil er seine Freundin in Berlin besuchen können wollte? Sollten wir das jetzt bestrafen, dass jemand seine Geschichte ehrlich aufarbeitet und uns nicht ins Gesicht lügt wie alle anderen?
Mir fehlt wie gesagt der Kontext für eine sichere Bewertung, aber aus meiner Sicht gibt es hier keine Faktenbasis für Stasi-Vorwürfe. Da muss man sich echt die Dinge zurechtlegen, um überhaupt einen Vorwurf konstruieren zu können.
Man kann Andrej Holm Gesinnungsvorwürfe machen. Man kann sagen: Jemand, der freiwillig zur Stasi wollte, ist als Staatssekretär in einer Demokratie unakzeptabel. Das kann man sagen, aber ich halte das für gefährlich. Denn damit spricht man Menschen die Fähigkeit ab, Fehler einzusehen und zu korrigieren. Bei Straftätern haben wir dieses Recht verankert, dass einem nicht wegen einer Straftat in der Jugend das ganze Leben zerstört wird. Und Andrej hat nicht mal eine Straftat begangen hier. Und wir sind ja auch am rechten Rand für Resozialisierung. Bei Faschisten verzeihen wir schlechte Gesinnung, aber bei jemanden, der sie nie ausgelebt hat, nicht?! Sorry, das kann ich nicht akzeptieren.
Und weil ich nach diesen Überlegungen fand, dass die Vorwürfe gegen Holm einem Internetpranger gleichkommen, habe ich mich bisher nicht geäußert. Und tu es auch jetzt nur sehr widerwillig, weil ich so viele Zuschriften dazu gekriegt habe. Weil also die Vorwürfe bereits so breit verbreitet sind, dass ich das (hoffentlich) nicht schlimmer mache, wenn ich da jetzt auch noch mal was zu sage.
Aber aus meiner Sicht haben sich in dieser Debatte alle Ankläger nicht mit Ruhm bekleckert.
Update: Die Frage ist, welches Kriterium man anlegen sollte. Ab wann ist jemand lebenslang für öffentliche Ämter vergiftet? Frank schlägt vor: „hat über Andere verdeckt berichtet oder dazu direkt beigetragen“
Update: Die Stasi hat sich übrigens im Inland als Korruptionsbekämpfer dargestellt. Du willst etwas gegen Vetternwirtschaft und Korruption unternehmen? Dann komm zur Stasi! Und was man ja im Westen nicht für möglich gehalten hätte: Es gab da wohl durchaus Bevölkerungsteile, die nie die negativen Aspekte der Stasi erlebt haben, und die auf diese PR reingefallen sind.
Update: Ein Einsender kommentiert:
Als WR-Soldat war man ganz offiziell "Angehöriger des Ministeriums für Staatssicherheit" und hat das auch (mehr oder weniger freiwillig) so unterschrieben. Aus diesem Grund gelten die "Dzierzynskis" heute auch de jure als MfS-Mitarbeiter. Man kann jetzt daraus trotzdem keine bedingungslose Unterstützung für das SED-Regime konstruieren. Einige taten dies z. B. auch, um die Chancen auf einen Studienplatz zu erhöhen, oder weil sie Angst hatten, eine Absage könne für sie oder die Familie nachteilige Folgen haben. Nur scheint dies alles bei Holm nicht der Fall gewesen zu sein. Er wollte nach eigener Aussage Karriere beim MfS machen. Muss jetzt jeder selbst für sich bewerten, wie man das finden soll.
Update: Ein Einsender ("Sicht eines fast Gleichaltrigen, ebenfalls Ostberlin") dazu:
Aus meiner Schule (Ost-Berlin) sind die allerschärfsten Gestalten zum Wachregiment "Feliks Dzierzynski".
Das alleine wäre für mich NIEMALS ein alleiniges Kriterium, um jemanden politisch einzuschätzen. Dafür waren die vom normalen Stasi-Dienstbetrieb auch noch zu weit weg. Halt Wachesteher, Wehrdienstleistende usw.Die Sprachregelung unter uns Jugendlichen war auch nicht: Der und der geht zur Stasi, sondern der und der geht zu Dzierzynski.
Und noch was anderes muss man beachten: Bei denen gab es wie bei der NVA auch eine EK-Bewegung und ganz ähnliche Stimmungen, was ja auch mit dem Alter zusammenhängt. Ein Kumpel, der da 3 Jahre war, hat erzählt, dass die allgemeine Stimmung dort genauso wie bei der NVA war: Schon nach kurzer Zeit hassten die meisten die Stasi, so wie wir die NVA hassten. Einfach weil man täglich schikaniert wurde, geschliffen, der Willkür ausgesetzt. Kasernenbetrieb! Aber mein Kumpel hat auch gesagt, dass es dort genauso auch heiße Typen gab, so Funktionärssöhnchen, ganz stramme, wo man besser nicht zu viel gucken ließ.
Aber summa summarum: Kein Urteil ohne konkreten Blick auf den Typen selbst. Es stimmt, was du geschrieben hast: Boha, bei Dzierzynski kann man in Berlin sein! Alleine das war für viele ein Grund.
Und weißt Du, warum ich als Berliner nicht zu Dzierzynski gegangen bin? Weil ich da trotz 3 Jahren Wehrdienst bloß Soldat statt Unteroffizier gewesen wäre. Ich bin doch nicht bescheuert, hatte ich da gedacht, wenigstens will ich nicht der Allerunterste im Dreck sein. Genau aus dem gleichen Grund bin ich nicht zur Marine. Beides hat absolut gleichwertig nebeneinander gestanden für mich.
Wir waren halt Jugendliche. Berliner. Großschnauzen, aber keine philosophisch begründeten Regimegegner. Der Film Sonnenallee bringt ein korrekteres DDR-Stimmungsbild, als die meiste Literatur zum Thema. Ist einfach so.
Update: Oh und ich bitte, zum Vergleich auch mal zu den Nazi-Aufarbeitungen zu gucken, die im Westen so liefen. Der BND, das BKA, das Justizministerium. Nazis waren bei uns nie ein Problem, auch auf Entscheiderposten. Googelt nur mal Hans Globke. Aber hier machen wir jetzt ein Fass auf?
Das Verfahren gegen Holm wurde 2010 eingestellt, entschuldigt hat sich m.W. niemand bei ihm.
Und der ist jetzt … Staatssekretär für Wohnen in der künftigen rot-rot-grünen Landesregierung von Berlin.
Das ist ja echt mal ein Grund zum Feiern! Herzlichen Glückwunsch, Andrej!
Na?
Kommt ihr NIE drauf!
Durch den NSA-Untersuchungsausschuss haben wir erfahren, dass die Hauptstelle für Befragungswesen (HBW), eine frühere Tarnbehörde des BND, auch Tarnpapiere ausgestellt hat. Nicht nur an Mitarbeiter des BND selbst, sondern ebenso an Mitglieder ausländischer Nachrichtendienste, darunter Briten und US-Amerikaner.Wer sich jetzt denkt: Hey, brilliante Geheimdienstarbeit, jetzt wissen wir, unter welchen Namen sich ausländische Spione bei uns aufhalten!1!!, für den habe ich eine schlechte Nachricht:
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage (OCR-Volltext unten) des Linken-Abgeordneten Andrej Hunko sehen wir, wie wenig Überblick die Bundesregierung über das Ausmaß der Vergabe falscher Papiere hat – oder haben will.Ja nee, wir gucken da nicht so genau hin! Das sind schließlich unsere Freude!1!!
Und zweitens: die Piraten haben ein Problem mit ihrer Basis. Das geht ja wohl mal gar nicht, dass nur in der CDU mehr Leute für Trojaner sind als bei den Piraten. WTF?!? Das ist auch nicht mehr nur mit "den Protestwählern" zu erklären. Hier müssen die Piraten handeln.
Eine URL konnte sie mir nicht sagen, deutete aber an, dass es um eine Äußerung geht, die auf "der auf Sie zugelassenen Internetseite fefe" steht.
Nun habe ich metronaut.de nur einmal erwähnt, und zwar 2009. Die Meldungen von 2007 sehen für mich als Laien alle nicht nach Amtsanmaßung aus.
Den Termin habe ich gerade auf Anfang Juli verschoben. Wenn sich das wirklich auf eine Äußerung auf fefe.de bezieht, werde ich vermutlich von meinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen.
Update: Aaaah! Hanno mailt mir gerade die Theorie, dass es sich um diese Meldung bei Metronaut handeln könnte, die auf diesen Artikel bei mir verweist. Das klingt in der Tat wie die bisher wahrscheinlichste Variante. Und das könnte in der Tat Amtsanmaßung sein, wenn der Aushang nicht von der Thüringischen Polizei war.
Das war auch offensichtlich genug, dass mich so ca 20 Leute ansprachen "hey, du bist doch Fefe, oder" und drei Mal hatte ich ein "guck mal, der Typ da, das ist Fefe". Fühle mich wie ein Popstar!1!!
Ich hatte dann auch endlich mal Gelegenheit, Franziska und Andrej die Hand zu schütteln. War sehr nett. Die kraftvollste Rede kam wie üblich von Monty von der Hedonistischen Internationale, der seine drei Minuten für eine ausgiebige Publikumsbeschimpfung genutzt hat, dass die ganzen Datenschutzkämpfer dann ihre Fotos mit Namen und GPS-Koordinaten getagt bei Google oder Yahoo hochladen. Monty rockt!!
Die Piratenpartei hat ziemlich den Eindruck dominiert, die hatten da einen fetten 15-Tonnen-Laster am Start, den sie zweistöckig ausgebaut haben und wo dann raubkopierte Prodigy-mp3s aus den frühen 90er Jahren gespielt haben, was beim Publikum gut eingeschlagen hat. Ich wollte hier schon spekulieren, dass die Musik von 1994 eine Konkretisierung der Vorstellungen der Piratenpartei ist, nach wie vielen Jahren Musik-Urheberrecht in Zukunft auslaufen soll, aber habe dann von der Demo-Projektleitung das folgende, noch viel peinlichere Detail erfahren: die Demo hat ein paar tausend Euro an die GEMA abgedrückt, damit sie Musik spielen dürfen, und da hat die Piratenpartei sich auch beteiligt. D.h. die Piraten haben das angeblich abzuschaffende Establishment finanziell unterstützt!1!! Das muss ein witziger Moment gewesen sein für die Projektleitung, als sie die Piratenpartei nach ihrem GEMA-Beitrag gefragt haben…
Update: Also eine Sache muss ich ja noch dazu sagen: es ist auffällig, dass es weniger Leute mit eigenen Ideen und mehr Mitläufer werden. Statt eigener Transparente und Sprüche gab es bei vielen Piraten einfach nur Parteifahnen-Gewedel und bei den Grünen hauptsächlich Luftballons mit einer Schäublone drauf. Die Grünen haben da virtuellen Boden gutgemacht, indem sie offenbar kostenlos leere Grünen-Transparente mit dickem Filzstift dabei hatten und an die Leute verteilt haben, die dann da ihre Kreativität niedergeschrieben haben und damit rumliefen und wie Grüne aussahen. Viele von denen liefen aber weit ab des Grünensegmentes herum, daher vermute ich mal, dass die meisten von denen gar keine Grünen waren. Besonders bizarr fand ich ja, dass die Verräterpartei ein paar Jusos vorbei geschickt hatte.
Es gab da noch einen lustigen Fnord am Anfang, als die DPA versehentlich die "Ich will aber auch!1!!"-Trotzdemo von Herrn Remmert-Fontes für unsere Demo hielt und was von "immerhin schon 50 Demonstranten" geschrieben haben sollen. Habe ich aus zweiter Hand, kann also auch eine Ente sein. Man sagte mir, die Meldung sei inzwischen zurückgerufen.
Und das Bundesverwaltungsamt (die "Bundesabhörzentrale") sucht Schnüffler, äh, "Observanten/innen". Aufgabenschwerpunkt:
Hey, die sollten mal beim LKA Brandenburg nachfragen, die haben da das Personal mit Erfahrung. Interessanterweise braucht ein Schnüffler eine abgeschlossene kaufmännische oder informationstechnische Ausbildung. Kaufmänner und Informationstechniker sind von Ethik und Moral besonders unbelastet oder wie?
Auch ansonsten ist das Anforderungsprofil recht witzig:
Wißt ihr, wer sich da mal bewerben sollte? Andrej Holm. Das wäre doch mal ein ausgezeichnetes Kunstprojekt. Mal dokumentieren, wie den Repressionsbehörden die Gesichtszüge entgleisen.
- Der Person stehen Bibliotheken zur Verfügung, die sie unauffällig nutzen kann, um die zur Erstellung eines Bekennerschreibens erforderlichen Recherchen durchzuführenWow! Zugang zu einer Bibliothek! Offenbar stehen Bibliotheken in Thüringen nicht jedem offen. Der Rest der Punkte ist auch toll:
-Die Person hat sich irgendwann mit Menschen getroffen, die möglicherweise politisch motivierte Straftaten begangen haben.Geht es vielleicht noch etwas unkonkreter?
- Von der Person verfasste Artikel oder wissenschaftliche Abhandlungen enthalten Schlagwörter und Phrasen, die in den Texten der "militanten gruppe (mg)" ebenfalls verwendet werden. (Z.B. Gentrifizierung, Militarismus, neoliberal, Hartz IV)Und da wird einem schlagartig klar, wieso die sich so auf Andrej Holm eingeschossen haben. Wenn das die offiziellen Fahndungskriterien waren, …- Die Person beschäftigt sich mit Themen wie Weltwirtschaftsordnung, Prekarisierung, Stadt- und Regionalentwicklung.
- Die Person hat an Demonstrationen oder an anderen Aktionen gegen den G8-Gipfel teilgenommen, die nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet haben.
Im Tatort wird die Kommissarin vom Verfassungsschutz bedroht, und am Ende stellt sich der Präsident des Hannoveraner Verfassungsschutzes als mordender Bösewicht heraus. In der Realität wird Andrej mit Familie aufgrund nicht vorhandener Beweislage verfolgt und der Vizepräsident des Verfassungsschutzes macht vor Gericht eine groteske Farce von einer Aussage, bei der rauskommt, dass ihr gesamtes Verdachtsmoment auf der Aussage eines V-Mannes beruht, der wir halt alle glauben müssen. Denn: mehr als in diesem Satz stand gibt es nicht als Aussage. Da sieht man schon, was man bei uns unter unter einem "fairen Gerichtsverfahren" versteht. Tolles Land haben wir da. Wo bleibt eigentlich unser Obama?
Der Oberbrüller an der ganzen Sache ist ja, dass ausgerechnet Uwe "Schützenverein" Schünemann da jetzt einen auf dicke Hose macht. Un-glaub-lich. (Danke, Heiko)
Es gab zwei Updates zu alten Videos. Einmal 2381 (der Vortrag von Anne Roth aka annalist über die BKA-Verfolgung ihrer Familie wegen Andrej H.), wo bei der Ursprungsversion am Anfang ein paar Minuten fehlten, und einmal das MP4 zu 2189, wo durch einen unklaren Fehler Audio und Video zweimal reinmultiplext waren. Die neue Version ist halb so groß bei gleichem Inhalt.
Ich bitte, solche Problemchen zu entschuldigen, das ist halt die Kehrseite von Schnell-Releases. Im Moment encode ich hier die Saal 3 Videos von gestern, dann kommt das Abendprogramm von gestern, das muss ich aber noch von den Encoding-Rechnern rüberziehen. Zum Rule 34 Vortrag gibt es keine Aufzeichnung, falls da jemand drauf wartet, das war eyes only. Es gab auch keinen Stream davon. Wer nicht da war, hat es halt verpaßt.
Die beiden kaputt gegangen Computer mit den Asservatennummern des BKA bieten zu guter Letzt eine willkommene Gelegenheit, meine Computersicherheit auf den neuesten Stand zu bringen. Irgendeinen Nutzen müssen diese Verfahren ja schließlich haben.
Schockt jetzt vermutlich keinen mehr, nach den ganzen anderen Stasi-Methoden bis hin zur Geruchsprobe. Reiseverbot hatten wir ja auch schon, gegen Andrej. Die Stasi droht nicht, das IST die Stasi.
Auf jeden Fall ist es so, dass wir schwarz auf weiß haben, dass die Überwachung stattfindet. Wir wissen, dass die Telefonate abgehört werden, weil die Protokolle der Gespräche in den Akten stehen. Genauso die Videokameras vor und hinter dem Haus. Es gibt jede Menge Fotos in den Akten, von uns, unserer Familie, von Bekannten und Unbeteiligten. Diese Fotos werden anscheinend in James-Bond-Manier auf der Straße gemacht, denn das Fotografiert-Werden ist nicht wahrnehmbar, die Ergebnisse schon. Genauso wissen wir, dass die Internet- und Telefonunternehmen die Daten zur Verfügung gestellt haben (bis auf Alice, die das erst ab Januar können und für alles vorher soviel Geld haben wollten, dass es selbst dem BKA zu teuer war). Und die Bahn die Bahncard-Daten zu den Reisen, die wir gemacht haben, usw.Also so eine gewisse morbide Neugierde habe ich da ja auch, wie weit die da gehen. Der Foebud und der CCC sagen ja schon lange, dass man von Kundenkarten die Finger lassen soll, weil sonst Daten mit Missbrauchspotential anfallen, aber für die Bahncard gilt natürlich das gleiche. Ich frage mich: lassen die sich auch vom Super- und Baumarkt den Bon kopieren, um zu gucken, ob da jemand Bombenbastel-Materialien kauft?
Und … Fotos auf der Strasse. Also echt mal. Was für armselige Gestalten machen denn sowas bitte. Das fühlt man doch, dass das gerade unter aller Sau ist, was man da macht. Wie kann jemand sowas beruflich machen? Oder Telefon-Abhören. Wie schlafen solche Menschen nachts? Ich habe für sowas nicht mal mehr Mitleid übrig, nur noch Abscheu.
Ich könnte auch nur kotzen, wenn sich unsere Würdenträger über die DDR als Unrechtsstaat aufregen, und dann ziehen wir selber sowas durch. Ja, irgendwie muss die Polizei Verbrecher überführen können, ist mir auch klar, aber tut mir leid, ich finde das alles ausgesprochen unmoralisch und hätte gerne eine Gesellschaft, wo so etwas nicht nötig und nicht möglich ist.
Jedenfalls… *lufthol* ich wünsche Andrej und Familie alles Gute und hoffe, dass sie irgendwann mal in Ruhe ihr Leben führen können, und dass wir als Gesellschaft uns irgendwann durchringen können, Polizisten, Staatsanwälte und Richter auch einfach mal direkt ohne Rentenansprüche fristlos zu entlassen, wenn sie so eine Aktion durchziehen. Im Moment hat das ja selbst nach dem BGH-Urteil keinerlei Auswirkungen für unsere Junta. Da muss genau niemand auch nur um seine nächste Gehaltserhöhung fürchten. Und DAS, liebe Leser, ist in meinen Augen der eigentliche Skandal. Da darf man sich über Willkür nicht wundern.
Oh, und klickt auch auf die Geschichten drauf, da steht jeweils noch mehr Text hinter :-)
Ich habe mir ja immer am meisten Sorgen gemacht, dass sich mein Verhalten ändert, wenn ich befürchten muss, überwacht zu werden, und dass ich daher meine Rechte nicht mehr wahrnehmen würde. Das ist ja auch die Hauptbeschwerde in dem Verfahren vor dem Verfassungsgericht gewesen. Aber das ist ja noch mal eine Ecke krasser, weil den Leuten ja ständig direkt ihre Ohnmacht vorgeführt wird, und sie und unbeteiligte Dritte geradezu damit terrorisiert werden, dass sie sich bei den falschen Leuten unbeliebt gemacht haben. Das ist echt menschenunwürdig. Ich schäme mich, das in meinem Land so eine Schweinerei passieren kann.
Ich versuche da die ganze Zeit die richtigen Worte zu finden, aber es will mir nicht gelingen. Für mich hört sich das an wie die Horrorbeschreibungen der Stasi, aus der Ferne der Sicherheit von West-Berlin aus gesehen. Man hat das mit erschütterter Faszination beobachtet, und war froh, dass das in unserem Land nicht passieren kann. Und jetzt passiert das in unserem Land. Das klingt wie ich mir Russland unter Stalin vorgestellt habe. Erst versuchen sie dich verschwinden zu lassen, und wenn das nicht gelingt, machen sie es zu ihrer persönlichen Lebensaufgabe, dir den Rest deines Lebens zur Hölle zu machen.
Guckt euch nur mal das hier an:
Kleine Schikanen am Rande: einem Beschuldigten wurde gerade ohne Angabe von Gründen das Giro-Konto von der Bank gekündigt, einem anderen unvermittelt der Mietvertrag nicht verlängert. Bei uns kommt weiterhin täglich vor, dass, wer Andrej anruft, meine Mailbox erreicht.Na kein Wunder, dass die Staatsanwältin da von Verdunkelungsgefahr ausgeht, wer will denn unter solchen Bedingungen in Deutschland weiter leben bleiben?!
Vor allem, überlegt euch mal, was das für armselige Menschen sein müssen, die Schergen des BKA an der Stelle. Ob das ein Raum sexuell frustrierter Verlierer mit Minderwertigkeitskomplexen sind, die anders keinen mehr hoch kriegen? Das Niedermachen anderer soll ja eine mächtige Triebbefriedigung sein. Vielleicht sollten wir mal zusammen legen und dem BKA ein paar Stripper vorbei schicken. (Danke, Norbert)
Die Wissenschaftler der Humboldt-Universität vermuten besorgt, dass ihn gerade diese Tätigkeit in den Augen der Bundesanwaltschaft verdächtig macht. Deren Ermittler argumentieren nämlich, Andrej H. stünden "als Mitarbeiter eines Forschungszentrums Bibliotheken zur Verfügung, die er unauffällig nutzen kann, um die zur Erstellung der militanten Gruppe erforderlichen Recherchen durchzuführen". Verdächtig mache ihn auch seine Intelligenz. Er verfüge über die "intellektuellen und sachlichen Voraussetzungen, die für das Verfassen der vergleichsweise anspruchsvollen Texte der militanten Gruppe erforderlich sind".Das war schon immer wichtiger Bestandteil aller Terrorregimes, die intelligenten entweder rauszuschmeißen oder auf die Seite des Regimes zu zwängen. (Danke, Hilko)