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Das alles ist nicht neu. Ich stamme ursprünglich aus der Region und habe den Hitler-Kult und die Juden-"Witze", Gaskammer-"Witze" etc. schon um 1984 von ca. 10-jährigen Schulkindern zu hören bekommen. Hitlergruß war bei Jugendlichen Mitte/Ende der 1980er Jahre relativ "normal". Das wurde in offenbar recht vielen Familien gepflegt und Generation für Generation weitergegeben.Kurz vor der Wahl erschien in der Ostthüringer Zeitung ein Leserbrief, der fasst aus meiner Sicht gut zusammen, in welch "prekärer" Lage die "armen, abgehängten Ostdeutschen" sind, die keine andere Wahl mehr sehen, als die AfD zu wählen:
Genau so nahm ich das auf Heimatbesuchen auch wahr. Je wohlhabender, je mehr SUV vor und je mehr Pool für die Enkel hinter dem frisch sanierten Haus, umso widerwärtiger. Es gibt Regionen, da ist ein erheblicher Teil des Mittelstandes, KMU, Handwerk, Ärzte etc. betroffen. Die wollen einfach noch mehr haben - und das nur für sich allein. Sie halten sich für die Besten, die Einzigen, die Größten, leugnen Naturgesetze, leugnen die Erkenntnisse der Klimaforschung.
Ich habe Menschen in Thüringen erlebt, die ganz offen aussprechen, dass sie sich "Krieg" wünschen - Krieg gegen die Westdeutschen, gegenüber denen sie sich für benachteiligt halten. Das kommt auch in nach außen äußerst wohlhabend auftretenden Kreisen vor.
Diese Menschen sind überhaupt nicht mehr zu erreichen auf Wegen, auf denen man psychosozial intakte Menschen erreichen könnte. Diese Menschen sind bereit, auch auf ihre eigene Zukunft und die ihrer Kinder und Enkel zu verzichten, solange sie andere damit schädigen können. Empathie kennen diese Menschen nicht, auch nicht im Umgang mit Geschäftspartnern, Kunden oder Patienten. Entprechend war auf den Wahlplakaten nichts progressives oder dem Gemeinwohl dienliches in Aussicht gestellt worden, sondern nur Entwürdigung, Entrechtung oder "Beseitigung" / Erklärung der Nichtexistenz anderer.
Deshalb erhebe ich auch keine Vorwürfe gegen bislang aktive Politiker, vor allem, wenn sie irgendwo noch etwas Anstand und Humanismus in sich trugen: die konnten diese Menschen nicht mehr erreichen, sie sind unerreichbar. Die sind hysterisch und im Wahn. Die bräuchten einen radikalen "Reset", eine radikale Rückführung auf den Boden menschlicher Realitäten - aber wer sollte das leisten können, und wie?
Ich habe durchaus Mitgefühl - mit den Menschen in Thüringen, die noch anständig sind und zu leben verstehen, ohne andere schädigen zu wollen: Die schickt man nun in die Hölle.
Nicht immer ist ein Wegzug schnell gemacht. Da hängen teils Jobs dran, teils sogar eigene Unternehmen. Ein Freund von mir ist noch in Thüringen mit seiner kleinen Hightech-Firma. Bin mal gespannt, was da passieren wird.
Da hängen familiäre Beziehungen dran, wird z.B. der Vater oder die Mutter vor Ort in deren Haus gepflegt und ein Wegzug kommt für die alten Leute ebenso wenig in Frage wie eine Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung, da dort dann entsprechend u.U. wieder AfD-nahe Leute die Pflege bewerkstelligen und man seine Eltern dem nicht ausliefern will. Ja, auch Pflegedienste etc. können AfD-nah sein, wie jedes andere Unternehmen im Mittelstand auch.
Da sind teils die Kinder auf besonderen Schulen (Hochbegabtenschulen für musisch oder naturwissenschaftlich begabte Kinder), die will man da auch nicht ohne weiteres rausreißen (und verdrängt, dass unter einem entsprechenden Kultusministerium auch mit diesen Schulen ganz schnell Schluss sein kann).
Oder da ist es schlichtweg das Elternhaus, das man sich saniert hat, evtl. auch in Ignoranz der Situation ringsum, denn die ist ja nicht von heute auf morgen so übel geworden. Man hatte sich da teils jahrelang was vorgemacht und bereits weitgehend zurückgezogen gelebt, um sich gegenüber der Nachbarschaft nicht als "nicht zugehörig" zu erkennen zu geben. Die merken das aber trotzdem, denn wie soll man sich verhalten, wenn man am Gartenzaun mit faschistischer Hetze konfrontiert wird und Zustimmung als Normalität erwartet wird?
Da dürften sich aktuell so manche Zukunftshoffnungen pulverisieren und manche Immobilien ebenfalls.
Dass das alles konform mit dem Grundgesetz sein soll, lässt mich meine Haltung zu diesem Staat momentan auch nachjustieren. Wer diesen umfangreichen "Schutz" vor Faschismus genießt, braucht keine Feinde mehr.
Ich sehe aktuell wirklich keine "Lösung" im Sinne "Beseitigung des Faschismus". Ich erahne eher den Einstieg in eine Gewaltspirale, da sich auch unter neuer politischer Führung keine "Verbesserung" der Lage dieser Bevölkerungsgruppe einstellen dürfte.
Update: Hier kommt jetzt eine Menge Widerspruch rein, dass Hitlergruß zeigen nicht normal war, besonders nicht vor dem Mauerfall, weil man damit die Stasi provozieren konnte, die auf sowas schon geachtet hat. Aber die Beobachtung, dass besonders die, denen es überdurchschnittlich gut geht (auf Kosten ihrer ausgebeuteten Arbeiter vermutlich), eine besonders braune Gesinnung haben, die bestätigen bisher alle.