Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
ich arbeite in dem Feld und wir haben den Preprint heute morgen ein wenig in der Forschungsgruppe diskutiert. Kurz zusammen gefasst, wir glauben kein Wort davon:Ihr glaubt ja gar nicht, was mir das für eine Freude ist, zu irgendwelchen komplizierten Fachthemen immer einen Experten in der Leserschaft zu haben, der mir Dinge erklären kann. In diesem Fall Gruß und Dank an das Max-Planck-Institut für Festkörperforschung.
- Fig. 1(a) und (c) sind unglaubwürdig. Normalerweise sieht sowas so aus. Man beachte den graduellen Anstieg bei niedrigen Strömen, dieser Effekt ist vor allem bei Magnetfelder zu erwarten.
- Auch Fig. 1(d) kann nicht stimmen. Bei Tc ~ 400K würde der Meissner-Effekt ein wesentlich stärkeres Feld als 10 Oe = 1 mT verdrängen. D.h. die Unterscheidung zwischen FC (field cooled) und ZFC (zero-field cooled) dürfte nicht so ausgeprägt sein. Das müsste eher so aussehen.
Was die Autoren vielleicht meinen, ist dass sie außerhalb des Meissner-Bereichs liegen, das kann bei höheren Magnetfelder auftreten (Stichwort: Type II Supraleiter). Das sieht dann so aus.
In diesem Fall stimmt aber die Temperaturabhängigkeit überhaupt nicht mit den kritischen Strömen von Fig. 1(a) und (c) überein.
Und auch, dass ALLE Werte in Fig. 1(d) negativ sind, ist äußerst ungewöhnlich, das könnte man aber vielleicht verargumentieren.
- Der Datensatz in Fig. 4(b) ist auch ein Schmankerl. Es ist schon SEHR ungewöhnlich, wenn bei hohen Temperaturen die Wärmekapazität (Heat capacity) wieder abnimmt. Das kann bei tiefen Temperaturen passieren, bei hohen aber eher nicht.
- Ich kenne den beschriebenen Versuchsaufbau / den Kryostaten sehr gut. Es besteht kein vernünftiger Grund, warum die Autoren nicht bei höheren Temperaturen gemessen haben, um zu zeigen, dass das Verhalten oberhalb von Tc ~ 400K deutlich anders ist. Z.B. eine Temperaturabhängigkeit des Widerstands wäre zwingend nötig gewesen.
- Allgemein ist das Paper sehr schlecht geschrieben. Die Daten sind nicht ausreichend diskutiert, die Erklärungen sind dürftig, und die zitierten Arbeiten eher, sagen wir, mager. Das erweckt nicht gerade Vertrauen darin, was die Autoren da gemessen haben und gesehen haben wollen.
Meine persönliche Vermutung ist, dass die Autoren einen Isolator gemessen haben, entsprechend kein Strom floss, und damit auch keine Spannung auftrat (4-Punkt Messung). Dann sieht das aus, wie ein Supraleiter. Wenn man dann aber den Strom hochdreht (also die angelegte Spannung), kann es eventuell zu Durchschlägen kommen und ein Strom beginnt zu fließen. Das würde den sprunghaften Anstieg erklären.
Tja. Schade. Aber ist ja leider häufiger so. Wenn es zu gut um wahr zu sein aussieht, ist es wahrscheinlich auch nicht wahr.