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Bin selbst in der Branche der Arzneimittelforschung tätig, bin Einreichungen befasst und arbeite mich in einem Team seit Monaten in die Materie ein. Die EU-Kommission hat in 2014 die zugrundeliegende Verordnung erlassen und ist in der Verordnung davon ausgegangen, dass das System schon ab 2016 laufen könne. Was auch in dem Artikel untergeht: Es hat dann aber ab 2014 insgesamt sieben Jahre gedauert, bis das "EU-Portal" (heißt heute "CTIS") als "funktionsfähig" auditiert wurde (im Prinzip ist das eigentlich nur eine etwas komplexere Plattform zum Austausch von Dateien und die Interaktion mit noch ein paar anderen Datenbanken).Ich lass das hier mal so stehen, weil man da von außen nicht viel sagen kann. Ist das zu wenig Geld? Kommt drauf an. Wenn das von den Anforderungen her bloß etwas wie Dropbox war, dann vielleicht nicht?Na, wenn das auditiert wurde, muss es doch gut sein...
So war das aber nicht. Die EU-Kommission und die EMA waren nach all den Jahren nach 2014 auf die Knochen blamiert, weil sie es einfach nicht auf die Kette brachten, das digitale Rückgrat für das ganze System zu implementieren. 2021 war es dann der EMA genug und man hat ein fast schon inszeniertes Pseudo-Audit (wahrscheinlich mit irgendwelchen leicht einzuhaltenden Phantasieparametern) vorgenommen, dessen Ausgang politisch quasi vorweggenommen wurde: Am Ende hat die Funktionsfähigkeit des Systems belegt zu sein. So kam es auch, aber jeder in der Branche der Arzneimittelforschung wusste, dass das Teil nicht laufen würde, wie es soll. Der Rest war dann Propaganda und Leersprech und heute stehen wir vor einem Scherbenhaufen. Die globale Forschungslandschaft schaut angewidert auf die EU und ihr peinliches Konstrukt. Die ersten Praxiserfahrungen sind noch katastrophaler als in dem Artikel angedeutet. Es werden Workarounds für Probleme eröffnet, bei denen keiner meiner Kollegen (s.o.: wir arbeiten uns seit langem ein) überhaupt das Problem in seiner Komplexität und Abgefahrenheit nachvollziehen kann, vom Workaround ganz zu schweigen.
Irgendwann hatte sich herausgestellt, dass die EU-Kommission/EMA das Projekt heillos unterfinanziert hatte. Ich glaube, das waren irgendwie sowas wie 1,5 Vollzeitstellen für zwei Jahre, die man da für einen lachhaften Betrag ausgelobt hatte. Zwischendrin war dann auch noch der beauftragte Contractor abgesprungen... das ist also die Digitalisierung, von der alle immer sprechen!?
Wenn der Dienstleister in der Mitte abspringt, war das dann zuwenig Geld? Kann auch sein, dass der Dienstleister unseriös war, alle Kohle rausgetragen und dann in die Kamera lächeln Insolvenz anmeldete.
Eine Sache kann man sagen: Wenn Workarounds zu Problemen herumgereicht werden, die jemand, der sich ein halbes Jahr in das System eingearbeitet hat, nicht versteht, dann ist das System vermutlich (unnötig?) komplex. Ein so komplexes System wird nie von seinen Anwendern beherrschbar sein und das ist ein Garant für Probleme, inklusive Sicherheitsproblemen.
Eine Sache ist aber völlig klar, da werdet ihr mir zustimmen.
Softwareproblem. Kann man nichts machen.