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Hier mal ein Leserbrief in die Gegenrichtung. Er bezieht sich auf den Peira-Artikel von Ellis Huber, den Maha empfohlen hatte.
Treten wir einfach einen Schritt zurück und betrachten die Situation im Januar. Da haben alle Experten gesagt: Naja Corona wird völlig überschätzt Grippe bringt viel mehr Leute um.Mir ist noch aufgefallen, dass hier ein ähnliches Denkmuster wie bei der Klimakatastrophe auftritt. In beiden Fällen war vorher weitgehend klar, wie sich das entwickeln würde, aber die Menschen wollten die Katastrophe nicht glauben und lieber warten, bis die Zahlen "belastbarer" werden. Die Zahlen haben sich dann bestätigt oder waren in Teilen sogar noch schlimmer als vorhergesagt. Und dann gucken sich alle wie die Llamas gegenseitig an und wundern sich, wie es die Leute vor ihnen so weit kommen lassen konnten.Das hat die Presse gesagt, das haben Experten gesagt das haben Ärzte gesagt.
Hier ist ein Tweet von Nassim Nicholas Taleb:
https://twitter.com/nntaleb/status/1220064979795181573Hier macht er sich über diese Sichtweise lustig.
Warum hatte Taleb eine andere Meinung?
Der Grund war nicht eine bessere Prognose. Taleb hat nicht richtig vorhergesagt, dass C-19 eskalieren wird. Die Überlegung war bei diesem Wachstumsverhalten ist C-19 ein Risiko. Dieses Wachstum kann dazu führen, dass viele Systeme völlig überlastet sind was mit noch viel größeren Probleme einhergeht.Warum hinkt der Vergleich mit den Grippetoten?
Wir wissen wie die Grippe sich verhält und deswegen wissen wir, dass die Grippe nur ein kleines systemisches Risiko hat. Bei C-19 wussten wir nicht wie es sich verhält und konnten deswegen nicht ein systemisches Risiko ausschließen. Die Millionen die wir im Januar nicht für Kontrollen und abgesagt Flüge ausgeben wollten bezahlen wir im Februar mit Milliarden und im März mit Billionen und im April mit Trillionen. Aufgrund dieses explosiven Verhaltens, hätte man im Januar die richtige Risikoabschätzung treffen müssen.Hubers verweis auf Übersterblichkeit:
"Die aktuellen Daten aus Italien zeigen nicht, wie hoch die Infektionsraten mit SARS-CoV-2 tatsächlich sind und ob die täglichen Sterbefälle im ganzen Land jetzt bei 2.500 liegen, das Coronavirus also im Vergleich zu den sonstigen tödlichen Krankheiten tatsächlich viele zusätzliche Fälle produziert. Wissenschaftler sprechen von Übersterblichkeit, wenn in einem Jahr überdurchschnittliche Todeszahlen durch eine neue Krankheit zu verzeichnen sind. Nach den Zuständen in einigen Krankenhäusern in Norditalien ist davon auszugehen, dass es regional eine hohe Übersterblichkeit und dort sogar eine Verdoppelung und Verdreifachung der täglichen Todesfälle gibt. Jetzt tritt langsam ein Rückgang der bisher täglichen Infektions- und Sterbezahlen ein. Der Europäische Sterblichkeitsbericht des EuroMOMO Projektes, an dem 24 europäische Länder beteiligt sind, verzeichnete Ende März 2020 einen Anstieg der Sterbefälle in Italien und in Spanien, der aber unter den Anstiegen früherer Grippewellen liegt. In den anderen Ländern ist noch keine erhöhte Sterblichkeit zu erkennen."Euromomo sammelt Daten auf Nuts2 Ebene. Das ist ungefähr Städteniveau. Die Daten für fast den kompletten März sind Vorhersagen des Algorithmus. Zu erkennen an der blauen Linie. Der Algorithmus von Euromomo ist dafür ausgelegt, Daten zu extrapolieren. Wenn Italien typischerweise Daten nachkorrigieren muss, dann versucht die blaue Linie das zu korrigieren. Der Algorithmus extrapoliert bei nicht vorhandensein von Daten als auch wenn Daten unvollständig sind und typischerweise nachgebessert werden.
Das heißt wir wissen die Übersterblichkeit in Italien aufgrund der Euromomo Daten noch nicht.
Das nächste Problem ist, dass uns eigentlich die Übersterblichkeit in der Lombardei interessieren sollte und nicht in Italien. Es gibt jetzt schon Hinweise, dass in der Lombardei die Übersterblichkeit viel größer ist als von den Covid zahlen ausgedrückt.
Das heißt hier wird schon wieder der gleiche Fehler gemacht, der im Januar auch gemacht wurde: "Ach naja, die Daten könnten auch die Sterblichkeit verzerren, deswegen wirds nicht so schlimm sein." und es ist genau das Gegenteil passiert. In der Lombardei sieht es so aus, als sei die Sterblichkeit noch wesentlich größer als angenommen.
Die Mechanismen sind nun mal so, dass wir nicht warten können, bis die ECHTE Übersterblichkeit gemessen wurde. Leichen auf der Straße sollten Indikator genug sein.
Der Huber benutzt eine Extrapolation und verkauft Sie uns als Daten und macht noch zusätzlich den gleichen Fehler den viele Experten gemacht haben. Bei der Grippe, wissen wir die Risikoverteilungen, bei C19 wissen wir sie nicht.
Ich glaube, dass die gefühlte Gewissheit der Prognose im Kopf eine Art kontraproduktives Gefühl auslöst. Entweder "ok es kümmert sich jemand" oder vielleicht "da kann man eh nichts mehr machen, wenn die schon die Zahlen kennen".
Vielleicht brauchen wir da eine neue Herangehensweise.
Übrigens: Besonders geil finde ich ja die Bill-Gates-Hasser gerade. Die schreiben mir, der Bill Gates habe sich mal geäußert, dass er das Überbevölkerungsproblem dadurch lösen will, dass er sanitäre Verhältnisse stärkt, Krankheiten bekämpft und Verhütungsmittel verteilt. Damit ist Bill Gates ganz offensichtlich sowas wie ein neuer Mengele, der Milliarden von Menschen umbringen will. Das scheint auch so ein Reflex zu sein im Menschen, in Krisenzeiten einen Sündenbock zu suchen, auf den man zeigen kann.
Weiß eigentlich schon jemand, wie George Soros uns diese Pandemie eingebrockt hat?
Oh und Bill Gates' Stiftung ist böse, weil sie Profit erwirtschaftet, den sie dann verteilt. Und nicht ihr Stiftungsvermögen verteilt. Ich spoiler mal: Das ist genau der Unterschied zwischen Stiftung und Spende. Eine Spende verteilst du und dann ist sie weg. Eine Stiftung richtest du ein, damit sie auch zukünftig noch Spenden verteilen kann. Sogar wenn du schon tot bist.
Update: Vielleicht ist dem einen oder anderen das ja nicht klar: Wenn man in Ländern den Lebensstandard erhöht, sinkt die Geburtenrate. Bis hin zum Extrem in Japan und Europa, wo die Bevölkerungszahl sogar sinkt. Was Bill Gates da vorschlägt ist also nicht nur humanitär sondern auch intelligent und der offensichtlichste Weg zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Planeten. Den Wohlstand besser verteilen, damit wir nicht immer mehr Menschen kriegen, die immer mehr Ressourcen verbrauchen. Und man müsste natürlich dann auch den Reichen ihre Verschwendungssucht einschränken und sie in ihrer Mobilität einschränken. Der Teil wird gerne übersehen. Immer nach Mallorca fliegen und jede Familie 1-2 Autos geht nicht.
Update: Ein Leser hat den passenden xkcd gefunden (zu meinem Klimawandel-Vergleich).
Update: "Orbán: Ausländer und George Soros brachten Corona nach Ungarn". m(