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Dazu erst Vorgeschichte. Mein Verständnis war, dass XR sich gegenüber anderen Umweltschutzaktivisten dadurch unterscheidet, dass sie explizit sagen: Jeder ist bei uns willkommen, solange er den Planeten retten will. Das heißt explizit nicht "nur wahre, aufrichtige Linke willkommen".
Das fand ich interessant, weil es dem Laden auf eine gewisse Art eine Glaubwürdigkeit verschafft hat. Die öffentliche Ansage bei allen Klimaaktivisten ist ja: Der Planet stirbt, es geht hier um das Überleben unserer Spezies. Das ist vergleichsweise harter Tobak selbst unter Aktivisten, die recht häufig glauben, dass ihre Baustelle überragend wichtig ist. Muss man ja auch glauben, sonst kann man sich da gar nicht so voll einbringen.
Mit dieser Ansage hat XR verkündet, dass sie in der Tat ihre Aufgabe für wichtiger als alles andere halten. So wichtig, dass sie sogar mit Nazis kollaborieren würden. Was ja auch plausibel ist, wenn du wirklich glaubst, dass die Spezies stirbt. Wenn du die Wahl hast, zu überleben, aber dann überleben auch die Nazis, oder zu sterben, dann finde ich das sogar recht naheliegend.
Jedenfalls passiert dann ja gegen Ende des Jahres der PR-GAU, als sich einer der Gründer von XR holocaust-relativierend äußerte. Das ist aktuell die Zerreißprobe für XR, und auch dieser Vortrag kam nicht darum herum, das zumindest zu thematisieren.
Vorher hatten sie aber eine Zusammenfassung auf ihre Arbeit, und der wirkte zumindest auf mich, als sähen sie ihre Arbeit als Performancekunst. Das war so "wir haben diese Straße blockiert, dann haben wir jene Straße blockiert, dann sind wir hierhin gefahren und haben jene Straße blockiert". Die Verbindung mit dem Klima kam da gar nicht mehr, außer dass sie halt Fotos zeigten von den Blockagen und die Leute in den Fotos hielten dann Klima-Transparente hoch. Das reicht doch, kann man jetzt argumentieren. Mag sein. Ich beschreibe hier auch nicht, wie das war, sondern wie es auf mich wirkte.
Dann kam das Gespräch auf das Holocaust-Ding, und die Reaktion der beiden XR-Frauen auf der Bühne war: Da haben wir festgestellt, dass wir den gar nicht rausschmeißen können.
Der Hintergrund ist, dass XR sowas wie Anonymous oder Antifa ist von der Organisation her. Man tritt da nicht ein, sondern es gibt ein paar Ziele und Regeln und ein Logo, und wer sich mit den Zielen identifiziert und den Regeln folgt, der darf im Namen von XR Aktionen machen.
Aber andere Ideen als "der muss raus" wurden nicht mal angesprochen. Dabei ist Regel 2 von 3: Jeder ist willkommen.
Das fand ich bemerkenswert. Damit stellt sich für mich die Frage, wofür man XR überhaupt braucht. Wir haben doch schon Greenpeace.
Hat mich jedenfalls nicht überzeugt, diese Veranstaltung.
Update: Nicht Regel 2 von 3 sondern Prinzipien und Werte 6 von 10. Achtet auch darauf, dass es für Prinzip 6 inzwischen auch ein Addendum gibt, unten im Kleingedruckten. Ich weiß allerdings nicht, ob das eine Reaktion auf diese Äußerung war oder schon vorher da stand. Rein optisch wirkt das ein bisschen wie unseriöse Telco-Werbung. Oben fettgedruckt FLATRATE und dann ein Sternchen und unten im Kleingedruckten dann die Wahrheit.