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Infrastruktur wird überhaupt nur beurteilt, wenn sie versagt - ansonsten wird sie gar nicht wahrgenommen. Der Linux-Kernel wird an "ReiserFS/btrfs/XFS/ext4 hat meine Daten gefressen" und an "Der Kernel cored, wenn die Kiste aus dem Sleep aufwacht" gemessen und nicht an "Oh, der write(2) System Call hat meine Daten tatsächlich auf die Platte geschrieben.Ich stimme dem im Detail nicht zu (ich bewerte den Kernel auch nach neuen Features und Performancegewinnen bei alten Features), aber das kann man auch durch geschickte Wortauslegung wegdefinieren. Die Ausführungen finde ich trotzdem weiterhelfend und konnte das so auch schon beobachten. Bei so langen Statements erwähne ich häufig den Einsender nicht, aber in diesem Fall linke ich mal auf ein vergleichbares Statement von ihm, denn Kris macht das seit vielen, vielen Jahren und weiß, wovon er spricht. Das Verständnis der verschiedenen Herangehensweisen von Infrastruktur-Kram und Feature-Kram ist wichtig und es kann uns allen nur hilfreich sein, wenn wir es uns immer mal wieder vor Augen führen.Das ist ein großer Unterschied zu Libreoffice, das keine Infrastruktur ist und an neuen Best Cases (= neue Features) statt an seinen Worst Cases gemessen zu werden.
Infrastrukturentwickler verwenden also dieselben Sprachen, Tools, Unit-Tests, VCVSe und dergleichen mehr, arbeiten aber unter einem komplett anderen Wertesystem.
Wenn da einer auf der LKML ankommt und zeigt "Hier, neuer shiny code" (= neuer Best Case), dann wissen die schon, daß der aus einem anderen, falschen Universum ist. Infrastrukturentwickler wissen, daß Code auch immer Bugs/LoC hat, also eine Liability und kein Asset ist. Das kann man natürlich versuchen, solchen Personen immer wieder, und wieder, und wieder zu erklären, aber das kostet mehr Energie als es wert ist.
Man will in einer Infrastruktur auch nicht mehr Leute haben. Wenn wenn man da einmal genug Teilnehmer hat, daß das Projekt läuft, dann sind mehr Leute auch kein Asset, sondern eine Liability - und das gilt nicht nur für die LKML-Regulars oder Kernel-Committer, oder glibc-Developer, sondern auch für Leute, die Deine Gasleitungen oder Stromkabel warten, und sogar für Wikipedia Admins (sic!). Das ist ein ganz besonderer Menschenschlag, mit einer besonderen Arbeitsethik, die vollständig daraus stammt, daß die ihre Arbeit dann gut machen, wenn sie ihnen nicht gedankt wird und sie einfach niemand bemerkt.
Infrastrukturprojekte wollen nicht nur Deinen Code nicht, sondern auch Deine Mitarbeit nicht, weil sie - ausreichend Basis-Masse vorausgesetzt - beides nicht brauchen. Insbesondere können sie Dich nicht brauchen, wenn Du nicht diesen Infrastruktur-Mindset hast, weil Du sonst auch die Kritik und die Arbeitssituation unter einer Fail-Metrik wie sie bei Infrastuktur herrscht nicht aushältst.
Wenn man da als shiny bling bling Feature-Developer hin kommt, oder als eine 'Findet mich und meine Anliegen wichtig'-SJW-Mentalität, dann passiert eine Sarah Sharp.