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Ich muss ja bei diesen ganzen Foltergeschichten an Gandhi denken. Dem wird (wohl leider wenig substanziiert) nachgesagt, auf die Frage, was er von westlicher Zivilisation halte, geantwortet haben, das wäre mal eine tolle Idee. Aus meiner Sicht hat Jakob Augstein Recht, wenn er meint, das sei jetzt der kritische Moment für den Westen an sich. Wenn wir nicht wollen, das unsere Nachfahren peinlich berührt ihre Herkunft verleugnen, dann müssen da jetzt großflächig Anklagen ausgerollt werden. Wie nach dem 2. Weltkrieg. Folter ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das ist der Standard, den wir nach dem 2. Weltkrieg gesetzt haben. Das muss heute genau so verfolgt werden wie nach dem 2. Weltkrieg. Ansonsten können wir als Kulturraum zumachen.
Das absolut Mindeste, was ich von meinem Land jetzt erwarte, ist dass wir internationale Haftbefehle für die bekannten Zuständigen der Bush-Junta ausstellen. Bush, Cheney, die damaligen CIA-Direktoren George Tenet, Porter Goss und Michael Hayden, und John Yoo (der Anwalt, der das Memo für Bush geschrieben hat, dass Folter gerechtfertigt ist). Und die Räder in Bewegung setzen, damit der Internationale Strafgerichtshof Anklage erhebt. Das mag dann vielleicht nur symbolischen Wert haben, aber symbolischer Wert ist auch wichtig. Europa hat Obama den Friedensnobelpreis gegeben. Das war auch symbolisch. Jetzt ist es an der Zeit für ein Symbol in die andere Richtung.
Übrigens, nur am Rande, fiel mir beim Nachrichtensammeln in die Hände: Israel ist gerade peinlich berührt, dass in dem CIA-Report als Rechtfertigung für die Folter auf Entscheidungen des Israelischen Supreme Court verwiesen wird. Das finde ich eine wichtige Lektion für alle Länder an der Stelle. Auch wenn man meint, für einen selbst gelten jetzt im Moment gerade besondere Umstände, die das ausnahmsweise rechtfertigen, ist die Verletzung von Menschenrechten oder gar Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemals zu rechtfertigen, unter gar keinen Umständen, und sei es nur deshalb, weil man sonst eines Tages von einem Breivik oder der CIA als Präzedenzfall aufgeführt wird. Alle glauben immer von sich, dass sie speziell seien und besondere Umstände das rechtfertigen würden, was sie gerade tun. Das darf nie der einzige Maßstab sein, an dem man sein Handeln misst.