[l] Vielleicht sollten wir mal einen Fragebogen machen. Mir geht es nicht um die Ergebnisse. Der braucht keinen Submit-Button. Es geht darum, dass die Leute sich gegenüber mal selber klären, wo sie eigentlich stehen. Ein bisschen Ehrlichkeit würde gerade helfen.Ich stelle mir das grob so vor:
- Ich bin gegen die Todesstrafe.
- … aber die Hinrichtung von Nazis nach dem 2. Weltkrieg war schon OK
- … aber wenn ein anderes Land, nach einem ordentlichen Verfahren, nach Recht und Gesetz jemanden hinrichtet, dann ist das auch vertretbar.
- … aber wenn es sich um einen Serien-Vergewaltiger und -Mörder an Kindern (oder hier halt geschickt irgendwas anderes universell geächtetes nehmen) könnte ich schon gutheißen
- … also ich bin dagegen, aber würde in Einzelfällen nicht aktiv opponieren, wenn es doch geschehen würde
- … aber nur weil ich kein Rechtssystem für unfehlbar halte und man eine Todesstrafe nicht entschädigen kann
- Ich bin gegen Folter
- … aber einen Terroristen mit dem Entschärfcode für eine Bombe in einem Kindergarten würde ich auch foltern lassen
- … aber im Krieg ist das schon OK, wer in den Krieg geht ist selber Schuld
- … aber um einen Mord / eine Vergewaltigung / etwas anderes ganz furchtbares aufzuklären, könnte man vielleicht ein bisschen mit Folter drohen. Nur drohen! Nicht machen!
- … weil sie nicht funktioniert, nicht aus moralischen Erwägungen heraus
- Ich bin für die Versammlungsfreiheit
- … aber nicht für Nazis
- … aber die Cops sollten Nazi-Aufmärsche nicht vor der Antifa beschützen
- … aber unappetitliche Dinge wollen wir nicht haben, die können dann ja woanders demonstrieren gehen
- … aber der Anmelder der Demonstration haftet dann für die Demonstranten und muss für Randaleschäden aufkommen
- Ich bin für freie Meinungsäußerung
- … aber nicht von Nazis
- … aber nicht Holocaust-Leugnen
- … aber nicht Schmähkritik
- … aber keine stark geächteten Äußerungen (z.B. über die Fickbarkeit eines 12jährigen Mädchens diskutieren)
- … aber keine schwächer geächteten Äußerungen (z.B. Sexismus, Rassismus, Homophobie)
- … sofern diese nur dem interessierten Publikum zugänglich ist und dem nichtinteressierten/ablehnenden Bürger nicht zum Diskurs aufgezwungen wird.
- Ich bin für Freizügigkeit innerhalb der EU
- … aber nur für EU-Bürger
- … aber nur für EU-Bürger aus reicheren Ländern in ärmere Länder
- … aber die Aufenthaltserlaubnis sollte keine Arbeitserlaubnis beinhalten
- … sofern diese im Rahmen der Wertschöpfung direkt dem Wirtschaftswachstum dient / nur in Gegenden ohne Arbeitslosigkeit
Ich stelle mir das so vor, dass man am Anfang mit ein paar Testfragen herausfindet, in welche Richtung derjenige tendiert, und dann die Fragen entsprechend umsortiert. Also zum Beispiel einmal jeweils wie im Beispiel mit Nazis als Feindbild, und einmal mit der Antifa. Die Leute erst dazu bringen, dass sie bei den ihn nahen Ideologien für starke Menschenrechte stimmen, und dann die selben Fragen bezogen auf Mitglieder des Feindbildes fragen.
Mir geht es dabei eher um die Linken als um die Rechten, das will ich ehrlich sagen. Denn mein Eindruck ist, dass die angeblich Linken immer von Grund- und Menschenrechten reden, aber sie den Nazis nicht gewähren wollen.
Die Idee wäre, den Leuten praktisch vor Augen führen, wenn sie die selben Grundrechte in manchen Gruppen mehr als in anderen Gruppen anwenden würden. Ich will da gar nicht den moralischen Zeigefinger erheben. Ich glaube, dass wir das alle in uns haben. Ich kann da natürlich nur für mich sprechen. Aber ich habe sowohl gelegentlich Gedanken ala "also diese Antifa-Leute sind eher Teil des Problems, die sollte man mal alle wegsperren" als auch "also diese Nazis sollten wir einfach alle nach Mecklenburg-Vorpommern fahren und dann eine Zaun darum bauen".
Und das bezieht sich nicht nur auf Links und Rechts. Ich denke auch manchmal "also ich bin ja gegen die Todesstrafe, aber bei DIESEM Fall hier, … *faustreck*". Ich nehme daher an, dass das anderen auch so geht, und dass man damit offen umgehen sollte, anstatt das zu tabuisieren und dann irgendwann an den inneren Widersprüchen zu platzen.
Ich stelle mir vor, dass so ein Fragebogen besser wirkt, wenn die späteren Fragen erst eingeblendet werden, wenn die davor beantwortet sind. Dass man erst "ich bin gegen die Todesstrafe" klicken muss, bevor die Einschränkungen kommen.
Was meint ihr? Tolle Idee oder Ganz Tolle Idee? :-)
Update: Noch ein paar fiese misantropische Bürokraten-Antworten aufgenommen.