Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Was sie geschafft haben: anhand einer Sprachaufzeichnung von wenigen Minuten Dauer ein Persönlichkeitsprofil eines Menschen zu erstellen, das zu neunzig Prozent an das herankommt, was Psychologen mit verschiedenen Testverfahren in tagelanger Arbeit herausfinden, wenn sie diesen Menschen nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen.Ich weiß, was Sie jetzt denken, und Sie haben Recht! Yeah! Wir automatisieren die Psychologen weg!
Aber was, wenn wirklich jemand dieser Computeresoterik traut? Schaut mal, wie diese Software angeblich funktioniert:
Die einzelnen Abschnitte in meiner Auswertung tragen Überschriften wie: „Wortverwendungshäufigkeiten“, „Verwendung von Wortarten“, „Ihr persönliches Sprachprofil“, „Eigene Antriebsquellen“, „Typische Persönlichkeitseigenschaften“ oder „Widerstandskraft bei Belastungen“.Oh, ach? Das lest ihr alles aus einem 15-minütigen Sprachsample heraus? Darf ich bei der Gelegenheit an Spurious Correlations erinnern?
Er sagt: „Ihre innere Verfassung ist gut, das sehen wir an den Sprach- und Stimmeigenschaften.“"In Ihrer Zukunft sehe ich eine Reise und eine erfüllende Beziehung!"
Er sagt: „Sie waren nicht aufgeregt, als Sie die Telefonfragen beantwortet haben, das sehen wir an der Perturbation der Stimme.“Da braucht ihr Software für?! Und: Welche Rolle spielt denn das? Ist das nicht normal, wenn man aufgeregt ist, wenn jemand eine magische Software an einem ausprobieren will?
Er sagt: „Sie sagen selten ,man‘, das heißt, Sie sind verbindlich, klar, emotional und personenorientiert.“"Ihre tote Mutter sagt, sie vermisst Sie sehr!"
Er sagt auch ein paar Sachen, die weniger schmeichelhaft sind. Aber fast immer liegt er in meinen Augen richtig. Als ich jedoch bei einem Messergebnis sage, dass ich nicht glaube, dass es zutreffend sei, entgegnet er: „Wir messen ja nicht, was Sie über sich denken, sondern wie Sie im Vergleich zur Allgemeinheit der Probanden sind. Das ist viel objektiver.“Ach sooooo! Na dann!
Das klingt alles wie Jahrmarkttricks für mich. "Vertrauen Sie dem Computer, der Computer weiß, was er tut!"
Und wie Opfer auf dem Jahrmarkt fallen auch hier die Opfer bereitwillig rein und basteln sich noch selber die Ausflüchte, wieso sie Schuld sind und nicht die Maschine.
Die Software dringt nämlich in Bereiche der Psyche vor, mit denen sich der betreffende Mensch noch gar nicht beschäftigt hat. „Ein Viertel bis ein Drittel der Erkenntnisse, die die Maschine generiert, ist für die untersuchte Person neu“, erzählt Gratzel.Könnte das daran liegen, dass die "Erkenntnisse" wenig Fundament in der Realität haben? (Danke, Hannah)