Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Wie bildet ihr euch eure Meinung?
Nein, ernsthaft. Denkt da mal drüber nach.
Woher kommen eigentlich eure Meinungen?
Schließt ihr euch da der Mehrheit an? Das klingt wie eine nicht völlig bescheuerte Idee, aber bedenkt mal, dass an anderer Stelle anders herum argumentiert wird. Die Position der Mehrheit ist gut und richtig, weil die Mehrheit sich mit den Argumenten auseinandergesetzt und sie für gut befunden hat. Wenn sich also einfach alle den Argumenten der Mehrheit anschließen, dann ist diese Mehrheitsposition nichts wert, weil sie nicht durch Abwägen der Argumente entstanden ist sondern durch Herdentrieb.
Seine Meinung muss man sich erarbeiten.
Mein Verfahren dazu sieht so aus:
So funktioniert bei mir Meinungsbildung und Wahrheitsfindung.
Euch wird über die Jahre aufgefallen sein, dass ich selten die Mehrheitsposition vertrete hier. Das ist mein Service in diesem Blog. Ich versuche, zu Geschehnissen die Gegenposition zu vertreten. Damit der Leser sich beide Varianten überlegen kann und sich am Ende für eine entscheidet. Oder sich entscheidet, dass er es nicht weiß.
Damit dieses Verfahren funktionieren kann, muss man aber auch rückhaltlos seine Positionen vertreten. Ich kann zum Beispiel Nazis nicht leiden. Aber mein Anspruch an mich ist, dass ich sie nicht deshalb nicht leiden kann, weil ich ihre Positionen nicht kenne und das eher Furcht vor dem Unbekannten als eine inhaltliche Position ist. Wenn meine politische Position es nicht aushalten kann, dass ich mit den vollen Argumenten der Nazis konfrontiert werde, bestmöglich argumentiert, und immer noch nichts mit denen zu tun haben will, weil sie herzlose Unmenschen sind, dann war sie von Anfang an nichts wert.
Wegwischende Aussagen über die Gegenseite sind für mich immer ein Zeichen, dass derjenige sich überhaupt keine Meinung gebildet sondern nur übernommen hat, und die so wenig inhaltlich gefestigt ist, dass er Angst hat, sich mit den Argumenten der Gegenseite auseinanderzusetzen.
Ich habe mal einen Absatz in die FAQ eingefügt dazu.
Der Punkt ist jedenfalls: Wenn ich wissen will, ob 177 StGB verstärkt werden muss oder nicht, dann muss ich das aus beiden Richtungen betrachten. Wenn ich herausfinden will, ob die Feministen oder die Maskulisten (sp?) Recht haben, dann muss ich mir beide Seiten anhören. Nicht nur anhören. Ich muss versuchen, mit meinen eigenen Worten deren Positionen zu vertreten, so gut ich kann. Erst dann weiß ich, welcher Seite ich mich anschließen kann, oder ob ich beide Seiten für Bekloppte halten soll.
Ich tue das meistens nicht im Blog. Im Blog spreche ich nur vergleichsweise mainstreamfähige Argumente aus. So habe ich zum Beispiel nie argumentiert, dass "die Frauen uns Männer alle alle in den Knast tun werden". Ich habe argumentiert, dass man niemandem so viel Macht geben sollte. Wer mir ersteres vorwirft, disqualifiziert sich in der Diskussion sofort und nachhaltig. Und selbst wenn ich das vertreten hätte, wäre es eine legitime Position gewesen, bis es jemand argumentativ entkräftet.
Wer anderen Menschen aus moralischen oder dogmatischen Gründen ein Denkverbot auferlegt, verkrüppelt ihre Fähigkeit zum Denken und zur Meinungsbildung und macht sie anfälliger für totalitäre Ideologien.
Warum blogge ich das alles jetzt? Deswegen. Es geht nicht nur mir so, offensichtlich. Wer andere Leute wegen der vertretenen Positionen angreift, ist ein Idiot. Das ist nur dann legitim, wenn diese Positionen inhaltlich und argumentativ entkräftet wurden, und zwar dieser Person gegenüber, und die das dann immer noch vertritt. Dann hat diese Person aber nicht Angriffe verdient, sondern Mitleid. Wer an solchen Hexenjagden teilnimmt, ist nicht satisfaktionsfähig und mir genau so widerlich wie ein Nazi, der sein Weltbild nicht für Argumente angreifbar hält.
Wenn euer Antifaschismus oder Feminismus es nicht aushält, dass ihr den Gegenargumenten ausgesetzt werdet, dann ist er nichts wert.