Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Weil das offenbar eine Menge Leute gerade beschäftigt, veröffentliche ich hier meine Antwort:
Technisch gesehen war das schon immer so, dass digitale Daten beliebig veränderbar sind, und daher als Teil einer Beweisführung grundsätzlich zu hinterfragen sind. Nur weil in irgendeiner Logdatei steht, dass Sie einen Film im Internet heruntergeladen haben, heißt das noch lange nicht, dass das auch tatsächlich stattgefunden hat. Die Daten könnten da auch von einer Ihnen übelmeinenden Person mit entsprechenden Zugriffsrechten hingeschrieben worden sein, nicht nur von einer unparteiischen Software.Update: Ich möchte nochmal betonen, dass ich es für eine sehr positive Entwicklung halte, dass die Presse diese Frage überhaupt stellt.Der Chaos Computer Club hat zuletzt anlässlich der Bundestrojaner-Pläne darauf hingewiesen, dass ein derartiger Zugriff auf einen Rechner auch dafür genutzt werden kann, gefälsche "Beweise" zu hinterlegen. Inzwischen wissen wir dank Edward Snowdens Unterlagen, dass das auch tatsächlich so von Geheimdiensten praktiziert wird. In dem Kontext ist es besonders bedenklich, dass der Hinweis auf Edathy ausgerechnet aus dem Five-Eyes-Mitgliedsland Kanada kommt.
Herr Edathy ist allerdings in der Vergangenheit nie als Gegner der Geheimdienste aufgefallen. Bei seiner Arbeit im Innenausschuss zeigte er sich stets eher als Vorantreiber des Geheimdienst-Sicherheitsstaats. Er befürwortete bis zuletzt die Vorratsdatenspeicherung, sprach sich für ein Hackertoolverbot aus. Nicht einmal als die Staatstrojaneraffäre am platzen war, konnte er sich dazu durchringen, mehr als nur eine "vorübergehende Aussetzung" des Einsatzes aller Staastrojaner zu fordern.
Zur Einordnung: Die Vorratsdatenspeicherung und Trojaner wären genau die Werkzeuge, mit denen eine staatliche Stelle in die Lage versetzt würde, einen Bürger zu identifzieren und ihm gefälsche Beweise unterzujubeln. Und das Hackertoolverbot sollte verhindern, dass die Hacker-Community Gegenwehr-Möglichkeiten entwickelt.
Es ist also nicht offensichtlich, wieso ein Geheimdienst ausgerechnet Herrn Edathy mit untergeschobenen Beweisen belasten sollte. Es erscheint daher wahrscheinlicher, dass die Geheimdienste Herrn Edathy einen Präsentkorb mit Dankesnote zustellen würden, als dass sie ihm verbotenes Material unterschieben.
Dennoch ist es sehr begrüßenswert, dass dieser traurige Anlass jetzt dazu führt, die Frage nach der Beweiskraft von digital vorliegenden Daten mal offen zu stellen.