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Wie das in solchen Fällen so ist, so sicher wie das Amen in der Kirche und die Anzeige wegen Widerstandes und Landfriedensbruch gegen Opfer deutscher Polizeigewalt, haben sie natürlich nicht nach dem Papier gesucht, sondern nach dem Whistleblower — und ihn auch bald gefunden und suspendiert. An der Stelle wird es aber spannend, denn die sind ja nicht auf den Kopf gefallen, die Österreicher. Die Wiener Polizeispitze hat den Mann nämlich nicht wegen des Whistleblowings suspendiert, sondern es stünden da "weitere Verfehlungen" im Raum. Allerdings heißt es in dem internen Rundbrief des Polizeipräsidenten:
Ich habe erst kürzlich einen Exekutivbeamten vorläufig suspendiert, der vorsätzlich ein Amtsgeheimnis an eine große Tageszeitung weitergegeben hat, weil ich der festen Überzeugung bin, dass ein nicht mehr zu heilender Vertrauensbruch zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer entstanden ist.Dabei kam es dann auch seitens des Vizechefs der Personalvertretung innerhalb der Polizei zu dieser denkwürdigen Aussage:
"Beim derzeitigen Zustand der Polizeiführung" sei zu überlegen, den Polizistinnen und Polizisten "ein Recht auf Widerspruch einzuräumen". Gegenüber Ö1 wurde er noch deutlicher: Leider bleibe den Beamten oft nichts anderes übrig, als sich an Medien zu wenden. Kritik innerhalb der Polizei bringe nichts.Welche weiteren Verfehlungen sind denn das, wird jetzt vielleicht der eine oder andere wissen wollen, wegen derer der Mann da angeblich suspendiert wurde?
Details aus dem Verfahren und dem Akt könne die Landespolizeidirektion Wien der Öffentlichkeit allerdings nicht preisgeben. "Eine Erörterung der einzelnen Fakten im Wege der Medien kann und darf aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes nicht stattfinden", lässt die polizeiliche Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit wissen.Die sind geheim. Vertraut uns doch einfach, wir sind schließlich die Polizei!1!!
Ist das so, fragt sich jetzt vielleicht der eine oder andere nicht mit dem österreichischen Prozedere vertraute Leser? Vielleicht suspendiert die Polizei in Österreich ja wirklich sofort, wenn gegen einen Polizisten Vorwürfe im Raum stehen. Na schauen wir doch mal: Hmm, nee, der Eindruck drängt sich nicht auf.
Bleibt nur noch die Frage zu klären, wie sie den Mann denn überhaupt gefunden haben. Achtung, hinsetzen, das ist der Kracher: Ich zitiere mal:
Die Videoüberwachung einer Postfiliale hatte ihn beim Faxen des fraglichen Dokuments gefilmt.Bitte was? Die videoüberwachen da alle Postfilialen!? Und heben das so lange auf, dass noch Wochen später ein polizeilicher Zugriff möglich ist?! Krasse Scheiße. Woher die Polizei wusste, aus welcher Postfiliale das Fax kam, das steht da leider nicht.
Der Einsender fasst die Lage sehr schön zusammen:
Der Polizist hat jetzt wegen der Weitergabe einer missbräuchlichen Dienstanweisung, die es gar nicht gibt, ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs am Hals.Schön zu sehen, dass das mit der Polizei doch überall gleich ist. Wenn man Menschen Befugnisse gibt, werden sie sie missbrauchen.
Update: Telepolis hat auch was.
Angeblich wusste die Polizei bereits am Tag nach dem Pressebericht, dass das verräterische Fax mit den Anweisungen über die Verkehrsstrafen-Quoten aus einer Bankfiliale an die Zeitung gesandt wurde. Nicht ganz klar ist, woher diese Information stammte. Unwahrscheinlich scheint, dass die Zeitung ihren Informanten verraten hat. Wurde hier etwa die Vorratsdatenspeicherung dazu verwendet, den Schutz des Redaktionsgeheimnisses auszuhebeln?
(Danke, Wolfgang)