Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Die meisten Abmahner freuen sich über Leute, die sofort bezahlen, und legen alle, die sich zur Wehr gesetzt haben, auf einen großen Stapel, den sie vor Ablauf ihrer eigenen Verjährungsfrist nochmal wieder abarbeiten – oder am Stück an Inkassogeier zum Nochmal-Probieren verticken. Wenn man denen also eine Frist gesetzt hat und die nicht innerhalb der Frist antworten, stehen sie selber mit einem Bein im Gerichtssaal, lassen es aber meistens drauf ankommen, entweder weil sie nicht damit rechnen oder weil sie sich im Recht fühlen, auch die negative Feststellungsklage zu gewinnen.
Nachdem nun publik wurde, dass die Klage eingereicht wurde, haben Waldorff und Frommer sofort alle Forderungen aus der Abmahnung gegen die Freifunker zurückgenommen – für die notorischen Abmahner aber leider, leider zu spät, da das Verfahren formal schon eingeleitet wurde. Die Freifunker wiederum wollen natürlich die gerichtliche Entscheidung.
Mit der Klageschrift liegt nun ein recht ordentlich ausgearbeitetes Template vor, mit dem sich jeder schon recht solide verteidigen kann, der unberechtigt abgemahnt wurde und es darauf ankommen lassen will. Unberechtigt ist die Abmahnung – kurz gesagt –, wenn man es nicht selber war, sondern Haustier, Nachbar, Gast oder Familie und das – ganz wichtig – auch nicht nur wie ein blöder Vorwand daherkommt. Im Kern geht es den Freifunkern darum, die sogenannte Störerhaftung abzuschießen – also das obrigkeitsdenkende Prinzip "den Letzten beißen die Hunde", dass sich doch gefälligst keinerlei Handlung im Internet ohne einen Schuldigen zutragen darf, den man dafür belangen kann. Dieses Artefakt sorgt zuletzt dafür, dass sogar das von der Kommune Potsdam initiierte Stadtfunk-Netz sämtlichen von ihren öffentlichen Zugangspunkten entstandenen Traffic durch einen Tunnel nach Slovenien fallen ließ – aus Angst vor der Abmahnindustrie.
Bei den Freifunkern hat es geklappt.
Am besten wäre natürlich, wenn sich nun genug Leute gegen unberechtigte Abmahnungen wehren, damit das Geschäftskonzept von "die meisten Leuten werden lieber bezahlen, um Ruhe zu haben, statt sich einen Anwalt zu nehmen" endlich platzt. Also: Wenn man ungerechtfertigt abgemahnt wird, sofort mit Fristsetzung bestreiten und androhen, gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Abmahnung unberechtigt ist. Dazu braucht man erstmal keinen Anwalt. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Abmahner hätten erkennen müssen, dass die Abmahnung unberechtigt ist, muss der Abmahner sogar die eigenen Anwaltskosten übernehmen. Daran arbeiten die Freifunker jetzt.
Es gab zu dem Themenkomplex auch schon mal ein Chaosradio und wir hatten auch auf dem 29c3 was dazu.