[l] In der BBC ist die Tage ein Wunder geschehen. Man kennt das ja bei Interviews mit Politikern im Fernsehen. Die Fragen ungefähr so hart wie Wattebäusche, kein wichtiges Thema angesprochen, und wenn doch dann antwortet der Politiker einfach auf andere Fragen als die gestellten und kommt damit durch. Vor zwei Tagen sollte der Bürgermeister von London, Boris Johnson, in der BBC interviewt werden. Der Journalist, der das eigentlich machen sollte, hatte aber kürzlich einen Schlaganfall, also haben sie kurzfristig einen anderen geschickt. Und der fing dann plötzlich an, peinliche Fragen zu stellen. Gestern war die britische Öffentlichkeit im Schockzustand. Die Briten sind allgemein weniger zurückhaltend bei Interviews als die Deutschen, aber sowas hat auch hier schon länger niemand mehr gesehen. Dieser Journalist ist jetzt sowas wie ein Volksheld hier. Sowas brauchen wir in Deutschland auch mal. Beachtet auch, wie viel wirksamer das Interview dadurch wird, dass der da einen ruhigen Tonfall beibehält. Bei uns sind solche Interviews eher hysterisch dann, so Krawall-Pseudo-Interviews in den ehemaligen Nachrichtenmagazinsendungen in der ARD, Panorama und so. Die nur noch unangekündigt und hysterisch hingehen, um zurückgewiesen zu werden, und dann die Zurückweisung zeigen. Als ob das ein Zeichen journalistischer Integrität wäre.Update: Übrigens ist dieser Boris Johnson mit Klaus Wowereit vergleichbar, so vom Typ her. Exzentrisch, sehr beliebt trotz häufiger Fehlgriffe. Der hat das am nächsten Tag auch stilvoll gehandhabt und der Presse erklärt, dass das schon in Ordnung ging, das Interview, denn das sei ja schließlich Job der Presse, Politiker ordentlich zu grillen. Für Politiker-Verhältnisse ist dieser Boris Johnson echt noch ein Sympathieträger.