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Der neue Plan ist, im Norden an Polen vorbei eine Pipeline durch die Ostsee zu ziehen. Diese Pipeline heißt North Stream und Gerd Schröder arbeitet daran.
Aus russischer Sicht ist damit alles klar, aber die EU hat natürlich auch keine Lust, wenn unsere Gasversorgung von Putins Laune abhängig ist, und will daher alternative Erdgasquellen auftun. Die offensichtliche Variante ist, das Erdgas per Schiff über Rotterdam zu importieren. Das Problem ist, dass man Erdgas zum Verschiffen verflüssigt, und das ist aufwendig und teuer. Da muss also noch was anderes her. Und das andere ist: eine Pipeline im Süden Europas zum kaspischen Meer. Diese Pipeline heißt Nabucco und Joschka Fischer kümmert sich darum.
Natürlich hat Russland da keinen Bock drauf, dass wir ihren Hebel gegen uns verkleinern, daher haben sie auch eine Gegenstrategie: sie bauen auch schnell eine Pipeline im Süden, South Stream. Zwei Ideen dahinter. Erstens: wenn die Pipeline da ist, macht sie Nabucco unwirtschaftlich. Nicht nur das: die Russen können South Stream so subventionieren, dass Nabucco sogar Verlust macht. Noch schlimmer: Putin hat sogar noch oben drauf eine Drohung in Petto:
"Nabucco hat wenig Erfolgschancen. Das Hauptproblem des Projekts besteht darin, dass bislang niemand die erforderlichen Gasmengen für die Pipeline garantiert hat. Es gibt also keine Gasquellen für diese Röhre… Russland wird nichts in die Nabucco-Leitung pumpen, Felder im Iran sind noch nicht erschlossen, Aserbaidschan fördert noch zu wenig Gas. Zudem wurde vor kurzem ein Vertrag unterzeichnet, nach dem Russland doppelte Gasmengen in Aserbaidschan beziehen wird."Ist das nicht grandios! Russland kauft Aserbaidschan ihr Erdgas ab, damit die es nicht an Nabucco verkaufen! BWAHAHAHAHAHA
Und deshalb, liebe Kinder, spielt man nicht Schach gegen einen Russen. :-)
Lacher am Rande: Die Ukraine hat kein Verständnis dafür, dass Russland im Süden an ihnen vorbei eine Pipeline bauen will, weil sie dann natürlich ihren Hebel gegen Russland verlieren. Immerhin bedient sich die Ukraine auch immer gütlich am durchgeleiteten Erdgas. Das ging sogar so weit, dass Russland der Urkaine das Leitungsnetz abkaufen wollte. Die Ukraine meinte dann, nee, das gehört unserem staatlichen Energieversorger. Daraufhin hat Russland gemeint, OK, dann kaufen wir den halt auch. Haben sie auch getan. Und jetzt erinnert sich die Ukraine plötzlich nicht mehr an den Teil des Deals, dass das Pipelinenetz dem Energieversorger gehört haben soll. Diplomatie rockt.
Oh und wo wir gerade bei Pipelines und Russland und der Ukraine waren: Illegale Diesel-Schmuggel-Pipeline von Russland in die Ukraine entdeckt. Bwahahaha
Die Ukraine sieht natürlich auch, dass sie verkackt haben, sobald Russland ihr Gas nach Europa nicht mehr durch sie leiten muss. In der Sekunde, wo das nicht mehr Zwang ist, wird Russland sie abklemmen, bis sie volle Preise zahlen. Nicht nur das: sie werden Aufschlag nehmen für die Zeit bis jetzt, in der die Ukraine ihnen "Durchleitungsgebühren" abgeknöpft hat und Gas "verloren ging" auf der Strecke. Die Ukraine ist so verzweifelt, dass sie Russland South Stream ausreden wollten (viel Glück dabei!) und schnell-schnell ein Gasimport-Seeterminal bauen. Außerdem haben sie sich Verhandlungshilfe von der EU geholt. Und sie sind hinreichend mit dem Rücken zur Wand, dass sie den Russen schon ein Teil des Pipelinenetzes für Gaslieferungsgarantien angeboten haben. Das war im August. Dass die Russen da nicht sofort drauf angesprungen haben, sagt eigentlich alles über die Situation, was man da wissen muss. Und als wenn es der Ukraine da noch nicht schlimm genug geht: Die Ukraine hat zusätzlich auch noch den Weltwährungsfonds am Arsch.
Die ukrainische Energie-Kommission ordnete an, am 1. August den Durchschnittspreis für die Bevölkerung von 78 auf 118 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas zu erhöhen. Für die Kommunalwirtschaft stieg der Preis von 110 auf 165 Dollar. Dieser Schritt lässt sich auf die Bedingungen des IWF-Kredits zurückführen, zu denen eine Verschärfung der Finanzdisziplin, darunter die Erhöhung der Gaspreise, gehört.Die aktuelle Strategie, wie sie das innenpolitisch ihren Wählern erklären, ist Legendenbildung über angeblichen Knebelverträge der Russen.