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Ich sollte der Vollständigkeit halber dazu sagen, dass ich nicht da war. Ich war nicht eingeladen :-)
Aber ich wollte ja nicht über republica schreiben sondern über diesen neuen Lobbyclub, die "Digitale Gesellschaft". Daran fällt mir erst mal auf, dass der Name schon vergeben ist, und zwar ausgerechnet von einem gruseligen Politik-Großindustrie-Kuschelverein mit so Leuten wie dem Geschäftsführer von Intel und dem Vorstandsvorsitzenden von Alcatel-Lucent im Vorstand. Ernsthaft? Einen besseren Namen habt ihr nicht gefunden?
Aber gut, Namen sind Schall und Rauch. Die Ziele erscheinen mir erstmal ehrenhaft, aber wenn ich mir diese Webseite anschaue, kann ich nur mit Mühe den Tab-Sofort-Schließen-Reflex unterdrücken. Das sieht aus wie von einer Werbeagentur gemacht, Form over Function. Und diese Augenkrebs-Farben, insbesondere das Fukushima-Grün, das geht ja mal gar nicht. Die Kollegen von fixmbr halten den ganzen Laden gleich vollständig für ein Grünen-Uboot. Dem kann ich noch nicht aus dem Stand zustimmen, aber der Beigeschmack ist da, das finde ich auch. Der Markus hat halt eine Vergangenheit mit den Grünen, und das lastet so ein bisschen auf ihm und seiner Arbeit. Ich persönlich bin ja kein Freund der Grünen, seit die die Atomkraftwerke nicht abgeschaltet, Hartz IV mitgetragen und den ersten Angriffskrieg der Bundesrepublik Deutschland geführt haben.
Aber ich finde nicht, dass man Markus deshalb für alle Zeit abschreiben muss, Menschen können sich auch mal irren und verdienen dann eine zweite Chance. Ich habe mich z.B. in Sascha Lobo echt geirrt, habe ich in letzter Zeit festgestellt. Den habe ich lange für einen Marketing-Popanz gehalten, der da Aufmerksamkeit um jeden Preis wollte, aber wenn man mal hinhört, was der in letzter Zeit so in Talkshows gesagt und in seiner Spiegel-Kolumne geschrieben hat, das war gut. Insofern würde ich auch jetzt nicht Markus oder seinen Verein wegen Markus Grünen-Vergangenheit ablehnen wollen. An ihren Taten soll man sie messen. Und Markus tut gute Dinge.
Ob dieser Verein auch gute Dinge tut, das werden wir sehen. Bislang gibt es da hauptsächlich eine eher belanglose Pressemitteilung, einen Spendenaufruf und eine Obama-Style "gebt uns eure persönlichen Daten und helft mit" Seite. Das finde ich ein bisschen dünn. Nicht allgemein, wenn man gerade frisch anfängt, dann hat man halt noch nicht viel, aber wenn man so frisch anfängt, dass man den Vorlauf komplett geheim hält und dann als "wir haben da mal nen Lobbyverein gegründet" an die Öffentlichkeit tritt, dann muss man da schon ein bisschen mehr am Start haben finde ich.
Die Vorwürfe der Top-Down-Organisation sind auch nicht von der Hand zu weisen. Ich habe ja seit Jahren beim CCC mitgemacht und kann nicht leugnen, mir da ein bisschen auf die Füße getreten zu fühlen, wenn da jetzt so aus dem Nichts ein Verein kommt und die Lobby für die Netzpolitik monopolisieren will (so kommt das natürlich gerade bei den ganzen anderen Playern in der Internet-Lobby an). Unsere bisher größten Erfolge haben wir (die Internet-Lobby, nicht der CCC) in Arbeitskreisen wie AK Zensur und AK Vorrat gehabt, nicht in Einzelgängen. Aus meiner Sicht hätte man hier ansetzen sollen und nicht eine neue Volksfront Judäas gründen sollen.
Naja, wir werden sehen. So richtig begeistern kann mich das bisher jedenfalls nicht.
Update: Die Sponsorenliste der republica fand ich übrigens so furchtbar, dass ich froh bin, dass der CCC da sehr vorsichtig agiert immer.
Update: Um nicht nur negativ zu sein: ich glaube, dass es gerade nicht an den Leuten krankt, sondern an der Herangehensweise. Wir reagieren zu viel und agieren zu wenig. Wir müssen selber die Agenda setzen, und nicht nur immer Winterschlaf halten, bis mal wieder jemand von der Union einen der alten Zombie-Gesetzesvorschläge aus der Gruft holt.
Update: Für die Horizonterweiterung sei auch auf Don Alphonsos Meinung verlinkt.
Bevor ich eine Lobby aus Rektalakrobaten der Werbe- und Politikdevotion brauche, höre ich lieber mit dem Bloggen auf. Ausserdem sieht der Beckedahl nicht so aus, als würde er gute Schuhe tragen.
Update: Sascha Lobos rp11-Vortrag ist als Video online. Die ersten Minuten sind 1a Publikumsbeschimpfung.