Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
So ist ein Kompromiss für eine Laufzeitverlängerung im Fall einer Neuauflage einer Großen Koalition unmöglich. Ein Kompromiss würde für die SPD als "Umfallen" gewertet.Als ob sie das jemals vorher aufgehalten hätte… Nach dieser katastrophalen Fehleinschätzung geht es interessante weiter. Die CDU geht ein Risiko ein, Kernenergie im Wahlkampf überhaupt zu erwähnen, weil ihnen der kleinste Störfall den Wahlkampf zerschießen kann, und daher will die Energiemafia das auch nicht groß thematisieren im Wahlkampf, sondern man beschränkt sich lieber darauf,
die Befürworter in der Wahlkampfphase argumentativ so auszurüsten und zu informieren, dass eine scharfe emotionale Debatte unterbleibtNa dann schauen wir uns doch mal die Argumente an. Kernpunkt der Argumentation ist, Kernkraft als heimlichen Klimaschützer zu verkaufen und von Versorgungssicherheit zu reden. Und beim peinlichen Thema Endlager sollen sie sagen, dass wir ein Endlager auch im Fall des Atomausstiegs brauchen. Interessant wird es ab Seite 23, wo sie die Energiepolitik-Journalisten aufzählen und bewerten.
Kernpunkt des empfohlenen Handelns ist, die Endlager-Problematik zu besetzen, was glaube ich nicht geschehen ist. Dafür kamen einfach zu viele Horrormeldungen aus der Asse. Das Papier liest sich stellenweise sehr zynisch, z.B. auf Seite 34:
Glaubwürdig erkennbar zu machen, dass die Betreiber sich ihrer Verantwortung bewusst sind und aktiv in langfristige Akzeptanz investieren, stellt die ersten Schritte auf dem Weg zu mehr Zuspruch, Vertrauen und aufkeimender Legitimität dar — und ist damit der Nährboden für längere Laufzeiten.Legitimität wollen sie aufkeimen lassen? Die sehen sich offenbar auch selber als die Energiemafia! Krass.
Ab Seite 52 geht es dann um die sicheren Endlager und wird recht unterhaltsam.
Für die Bürger ist die Endlager-Debatte überwiegend ein mit Furcht, Skepsis und Ablehnung emotional durchdrungenes Thema. Diejenigen, die an die Sicherheit der Endlager-Standorte glauben, befinden sich in der Minderheit. Die Kernkraftbetreiber selbst meiden das Thema, da technisch überzeugende Lösungen weltweit noch nicht identifiziert werden konnten. Dabei hat sich die Problematik der Endlagerfrage in diesem Jahr weiter verschärft: Das Versagen der Asse-Betreiber hat den schwelenden Ressentiments in der Bevölkerung gegen die Atomkraft frischen Wind zugeführt. Die Bilder von Fässern, die mit tödlichem Inhalt ohne jede Vorsicht im Salzstock versenkt wurden, untergräbt die Glaubwürdigkeit der Vertreter, die wiederholt die Fähigkeit betonen, mit der Problematik der Endlagerung angemessen umgehen zu können.Harharhar, sehr schön.
In einem von Technologie dominierten Alltag, der in 30 Jahren Forschung keine überzeugende Lösung für das Problem gefunden hat, mehren sich die Zweifel, ob jemals eine Lösung gefunden werden kann.Soll noch mal jemand sagen, bei der Energiemafia arbeiten keine Realisten.
Kapitel 4.2.3 (Seite 54) handelt dann von der Suche nach Endlagern:
In Deutschland kommen unter den Salzstöcken die Standorte Zwischenahn, Gorleben, Wahn, Gülze-Sumte und Wattekatt in Betracht. Bei den Tonformationen konzentriert man sich ebenfalls auf norddeutsche Standorte, weil die süddeutschen Formationen entweder in seismisch aktiven Gebieten oder in Karstregionen liegen (Schwäbische Alb), die aufgrund des hohen Wasserzutritts nur bedingt geeignet erscheinen.Aber das absolute Hammer-Quote ist folgendes, warum Salzstöcke sicher sind:
Trotzdem gilt Salz unter den weiteren alternativen Gesteinsarten für ein Endlagern Ton und Kristalline Gesteine am sichersten gegen Wassereinbrüche — zumindest sofern das Salz nicht wie im Lager Asse II durch ein Grundwassereinbruch weggespült wird.Aha. Salzstöcke sind also sicher gegen Wassereinbruch, solange kein Wasser einbricht. Da fühlt man sich doch gleich viel sicherer!
Im Übrigen muss ich ja mal den Sigmar Gabriel loben. Das scheint der einzige SPD-Politiker mit Hirn zu sein. Der hat nicht nur mit seiner Asse-PR ein paar potentielle Gramm Gewebe in "Leichenteile" verwandelt, der hat laut dieses Papers auch folgenden tollen Sand ins Getriebe gestreut: Salzstöcke galten für Atommüll-Endlager immer als besonders gut, weil sie sich unter Druck verformen und so den Müll einschließen können. Als der Gabriel das kapiert hat, hat er die Anforderungen geändert, so dass man Atommüll jetzt für 500 Jahre potentiell zurückholen können muss. Damit sind Salzstöcke, auf die sich die gesamte Endlager-Planung in Deutschland konzentriert hat, plötzlich praktisch vom Tisch.
Dann gibt es noch Ton und Granit. Ton hat den Nachteil, dass es mit heißem Atommüll nicht klar kommt, weil sich unter hohen Temperaturen seine Struktur ändert. Und Granit hat den Nachteil, dass es für Wasser weitaus durchlässiger ist als die anderen. Kurz gesagt: alle Optionen sind schlecht.
Spannenderweise steht in dem Papier noch, dass die Experten, Bundesämter und Ministerien sich einig sind, dass man mal einen Standortvergleich machen muss, nur die CDU blockiert das immer und will bei Gorleben bleiben.
Lustig wird es noch mal in dem Kapitel 4.6, besonders 4.6.4 (Terrorismus):
Diese Stahlbetonhülle ist so massiv, dass sie in jedem Fall den Absturz eines Jagdflugzeugs aushält. Moderne Kraftwerke (Neckarwestheim II, Isar II) halten bei einer Fluggeschwindigkeit von etwa 400 km/h sogar den Absturz einer mittleren Verkehrsmaschine stand.Aha, falls also jemand eine Tornado klaut, sind wir sicher (allerdings m.E. nicht weil die Kraftwerke sicher sind, sondern weil die gar nicht erst ankommen). Eine mittlere Verkehrsmaschine, die mit 400 km/h fliegt, gibt es m.E. nicht. Verkehrsmaschinen fliegen mit 700-800 km/h. Aber gut, wenn der Terrorist vorher dem Aufschlag ordentlich abbremst, dann überleben immerhin möglicherweise vielleicht zwei unserer Kraftwerke das.