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Wenn jetzt also aus der Ukraine lauter Aufnahmen von liegengebliebenen und abgeschleppten Panzern sehen, dann kann ich das überhaupt nicht einordnen.
Was macht man als Nerd, wenn man mit einem Fachgebiet konfrontiert wird, mit dem man sich überhaupt nicht auskennt? Man guckt mal, ob man nicht auf Youtube Erklärvideos von Leuten findet, die sich mit sowas auskennen.
Stellt sich raus: Es gibt ein Panzermuseum in Munster und die haben einen Youtube-Kanal und auf dem gibt es gerade Erklärvideos über den Ukrainekrieg. Fünf Folgen, jeweils um die 10 Minuten, also vom Zeitinvestment her vertretbar. Folge 3 und 5 fand ich besonders weiterhelfend.
Ich fasse mal zusammen: Die russische Panzerdoktrin ist, dass man in der norddeutschen Tiefebene eine Panzerschlacht gegen die Nato führt. Dann donnert man aus der Ferne mit Artillerie eine Öffnung in die gegnerische Befestigung und dann fährt man mit seinen Panzern durch diese Öffnung durch. In der Ukraine gibt es keine befestigte Front, und der Gegner kämpft auch nicht mit Panzern sondern zu Fuß mit tragbaren panzerbrechenden Raketen. Die Russen sind also in einer Umgebung, für die sie nicht trainiert hatten.
Dann erklärt er, dass die westlichen Panzer darauf ausgelegt sind, möglichst lange auszuhalten. Dazu gehört, wenn was kaputt geht, dass man das im Feld mal eben reparieren kann. Westliche Panzer sollen in allen möglichen Szenarien gut sein und kosten entsprechend Unsummen pro Stück. Die westliche Doktrin ist, jeden einzelnen Panzer so lange wie möglich im Gefecht zu halten.
Russische Doktrin ist, den Panzer als Wegwerfprodukt zu sehen (inklusive Besatzung), als Verbrauchsmaterial. Wenn was kaputt ist oder Sprit alle ist, dann lässt man den halt stehen. In deren Modell kämpft man sich vorwärts gegen feindliche Stellungen vor, d.h. wenn du einen Panzer stehen lässt, fällt der nicht dem Feind in die Hände sondern der nächsten Welle Russen hinter dir. Ergebnis ist, dass die Panzer nicht gut sondern nur "gut genug" sind, aber dafür einen Bruchteil kosten und man entsprechend mehr davon vorhält.
Die Strategie ist im Wesentlichen wie im 2. Weltkrieg gegen Hitler. Es ist nicht so wichtig, wie viel Verluste wir auf dem Weg machen, solange wir am Ende gewinnen.
Update: In Munster, nicht in Münster. (Danke, André)