Fragen? Antworten! Siehe auch: Alternativlos
Dafür hatte ich heute morgen eine lustige Begegnung am Flughafen. Ich steh am Gate und warte. Da kommt die Bordcrew in Uniform, inklusive Purser (und der sieht ja fast wie ein Pilot aus mit seinen drei Streifen an der Uniform). Und dann stellt sich heraus, dass am Gate gar kein Flugzeug steht. Das ist nämlich am Vorflughafen erst mit 90 Minuten Verspätung losgeflogen. Und da ist mir aufgefallen, wie dieser hervorragend geschulte Typ die Situation gehandhabt hat.
Und zwar hat der sich entschuldigt, und gesagt, was sie jetzt tun werden. Er hat nicht Ausreden gebracht. Keine "sowas kann immer mal passieren"-Floskel oder so. Er hat nicht mal um Verständnis gebeten. Erst als insistierende Nachfragen kamen, und nachdem er das telefonisch geklärt hatte, hat er erzählt, was passiert war: Ein Passagier hatte sein Gepäck aufgegeben und kam dann nicht. Sie mussten die Koffer also wieder ausladen. Damit verpassten sie ihren Slot für den Rausflug und der nächste war 20 Minuten weiter hinten.
Der Punkt ist: Dadurch dass er da genau so wie ein begossener Pudel stand wie die Passagiere, war eh schon klar, dass es nicht seine Schuld war. Menschen haben in solchen Situationen einen enormen Druck, ihre Unschuld zu beteuern, und das ist ja auch nur natürlich. Besonders wenn man wirklich unschuldig war.
Aber wenn man das nicht macht, sondern einfach nur um Entschuldigung bittet, ist das viel kraftvoller.
Diesen Mechanismus kann man leicht abgewandelt auch bei dem Peterson-Channel4-Interview sehen, das ich neulich verlinkt hatte. Peterson wird da von dieser Journalisten ziemlich heftig bearbeitet, und stellt dann immer ihre Falschzusammenfassungen richtig, aber nicht ein Mal kommt nach der Richtigstellung ein "was machen Sie denn hier?" oder "wieso machen Sie das?". Nichts, was man als Vorwurf interpretieren könnte.
Das muss eine übermenschliche Zurückhaltung gebraucht haben.
Gegen Ende, als er dann ihr Verhalten in dem Interview doch als Argument verwendet, spinnt er es maximal positiv für sie interpretiert, und explizit nicht als Vorwurf.
Ich glaube, das Verhalten ist der Schlüssel für erfolgreichen Dialog. Ich muss da auch noch mehr an mir arbeiten. Ich versuche gerne die Perspektive des Gegenüber zu ändern, indem ich ein Analog für die Situation konstruiere, aber umgedreht. Wenn mir jemand unbegründete Vorhaltungen macht, dann mache ich unbegründete Vorhaltungen zurück. Keine verletztenden, aber das ist ja subjektiv. Besser ist, gar keine zu machen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man das universell anwenden kann, aber einen Versuch ist es wert.
Update: Gleich mehrere Einsender verweisen auf "Gewaltfreie Kommunikation" von Marshall Rosenberg.