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Punkt 1: "es ist nicht Zensur, wenn man illegale Inhalte aus dem Netz entfernt".
Antwort: Das ist ja gerade der Punkt! Netzfilter sind eben NICHT ein Werkzeug, um illegale Inhalte aus dem Netz zu entfernen. Netzfilter sind ein Werkzeug der Zensur. Wollte man illegale Inhalte aus dem Netz entfernen, würde man eine Email an den jeweiligen Hoster schreiben und innerhalb von Stunden ist das dann jeweils aus dem Netz. Wenn wir das hier aber auf eine Internet-Zensurliste packen, ist es eben gerade NICHT aus dem Internet entfernt. Die in Deutschland gehosteten Kinderpornos würden dann z.B. aus Österreich oder von Mallorca aus immer noch abrufbar sein, um mal beliebte Ferienorte zu nehmen. Wenn wir das (im Übrigen auch falsche) Argument anwenden, dass wir die Kinderpornographieindustrie austrocknen wollen, indem wir ihnen die zahlenden Kunden entziehen, dann braucht man keinen Mathematiker, um da den Widerspruch zu erkennen.
Punkt 2: "ich trete ja gerade gegen die 'erste Stufe' ein".
Das stimmt eben nicht. Wenn jemand gegen Stufe 1 argumentiert, weil die vorgeschlagenen Methoden nicht funktionieren, dann ist das erstens ein schwaches Argument (das ist wie wenn man bei der Prügel-Polizei-Debatte fordert, dass die Cops mit scharfer Munition ausgestattet werden sollen, dann gäbe es weniger Prügelopfer) und zweitens wird es uns bei der jetzt schon absehbaren Debatte um Phase 2 wie ein Bumerang treffen. Und ich kann jetzt schon kommen sehen, dass wir Phase 2 auch verlieren. Phase 1 verlieren wir, weil wir mit schwachen Argumenten wie "aber so filtert man nicht effektiv" gekommen sind, und Phase 2 verlieren wir, weil wir in Phase 1 gesagt haben, dass die Methode nicht effektiv genug ist.
Das ist nicht nur eine Frage der Philosophie, das ist eine Frage der Taktik. Wir verlieren gerade den Krieg. Nicht nur die Schlacht, den ganzen Krieg. Wenn wir unsere Argumente nicht koordinieren, wird das auch in Zukunft so weitergehen wie bisher: wir halten die Ermächtigungsgesetze alle ein bisschen auf, aber kurz vor der Wahl / Sommerpause / den Weihnachtsferien werden sie dann schnell-schnell in einer Nacht- und Nebelaktion durchgeprügelt. Man tut so, als würde man auf unsere Argumente hören, und im Gesetzesentwurf steht dann all das drin, was wir in Kompromissdebatten rausgeschmissen wähnten.
Will sagen: wir sind eh am verlieren. Wir können uns nicht leisten, jetzt mit schlechten Argumenten wie "aber so zensiert man doch nicht effektiv" zu kommen. Setzt euch mit der Materie auseinander, und überlegt euch bei jedem Argument, ob es in Zukunft einmal gegen uns verwendet werden kann. Im Gegensatz zu Politikern haben wir keine Legislaturperioden und können bei alten Argumenten nicht alles auf "die vorige Regierung" schieben.
Update: Ein weiterer Kritiker meiner Argumentation ist der Herr Stadler, bei dem ich das folgende Nugget fand:
Die Beschlussvorlage stammt übrigens aus dem Hause des Herrn von und zu Guttenberg (BMWi).
Und auch die Änderungen in dem Gesetz sind kaum erwähnenswert:
Die m.E. einzige inhaltlich relevante Änderung wurde in § 8 Abs. 2 TMG-E vorgenommen. Im Entwurf vom 01.04.09 hieß es noch, dass es sich um Angebote handeln muss, die Kinderpornografie enthalten und auf der Sperrliste aufgeführt sind. In der Beschlussvorlage wurde der erste Teil gestrichen, so dass der Provider sperren muss, sobald ein Angebot auf der Sperrliste aufgeführt ist.
Habt ihr das gelesen? Und verstanden? Die haben da mal eben die Zweckbindung aufgehoben. Ab jetzt wird ALLES zensiert, das auf der Sperrliste ist. Kinderpornos sind und waren die ganze Zeit schon bloß das Feigenblatt. Der Hebel, über den sie den Faschismus bei uns installieren. Und so wird im Handumdrehen aus einem Gesetz gegen Kinderpornographie ein Gesetz zum Zensieren von Seiten, die auf einer Liste stehen. Schwupp-di-wupp. Und sie mußten nur ein paar Wörter streichen. So schnell geht das.
Update: Siehe hier.